Was zählt –
Europas Industrie auf dem Rückzug
Strukturelle Probleme, ein verschärfter globaler Wettbewerb und die neuen US-Zölle belasten das verarbeitende Gewerbe in Europa zunehmend.
Publiziert: 19.09.2025, 10:32
Europas Industriesektor befindet sich seit Längerem auf dem Rückzug – eine Entwicklung, die sich zuletzt gar beschleunigt hat. Diese Entwicklung ist besorgniserregend, da Schlüsselbranchen wie der Maschinenbau als Garanten für Innovation und Fortschritt gelten. So ist der Anteil der Industrie am deutschen Bruttoinlandprodukt (BIP) auf aktuell knapp 20% gefallen; vor der Coronapandemie hat er noch rund 24,5% betragen (vgl. Grafik).
Bisher führende Industrienationen wie Deutschland geraten im globalen Wettbewerb, beispielsweise in der Automobilbranche, gegenüber China zunehmend ins Hintertreffen. Die Volksrepublik und andere Brics-Staaten weisen einen Industrieanteil von über 30% auf. Sie fördern ihre Schlüsselindustrien oftmals gezielt, während Europas Betriebe durch steigende Kosten für Produktion, Arbeit und Energie belastet werden. Ausserdem schmälern in Europa mangelnde Investitionen in Forschung und Entwicklung die Arbeitsproduktivität. Dies führt zum anhaltenden Bedeutungsverlust des verarbeitenden Gewerbes.
Auch wenn der Industrieanteil in der Schweiz mit beinahe 25% an der Wertschöpfung noch höher als in Deutschland liegt, signalisieren sinkende Produktionszahlen und sinkender Auftragseingang einen Rückzug der Betriebe. Diese Entwicklung wird durch die schleppende Weltwirtschaft und vor allem durch die neue US-Zollpolitik befeuert. Die Folgen sind Betriebsschliessungen und steigende Arbeitslosenzahlen. Dennoch: Trotz des Gegenwinds wird sich die exportstarke Schweizer Industrie als zentraler Pfeiler für die Wirtschafts- und Innovationskraft auch künftig behaupten.
Susanne Toren ist promovierte Ökonomin, Dozentin und langjährige Bankerin. Sie schreibt vorzugsweise über Anlagestrategien, Finanzmärkte und aktuelle volkswirtschaftliche Themen.Mehr Infos
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