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In ihrer langjährigen Erfahrung hat ein Taufkirchner Team auf der Wiesn alles erlebt – von australischen Stammkunden bis hin zu kuriosen Gästen.

München – Es ist schon eine besondere Truppe. Nur so ist es zu erklären, dass sich im 60-köpfigen Bedienungsteam um Rosi Grübl und Hannes Schirmbeck aus Taufkirchen und Umgebung gleich 14 Pärchen gefunden haben. Was sie verbindet, ist eine gemeinsame Leidenschaft: Arbeiten auf Volksfesten, vor allem auf der Wiesn.

Besuch aus Australien: Phil (hinten im weißen Hemd) trifft sich seit Jahren nicht nur auf der Wiesn mit den Bedienungen, sondern auch auf dem Erdinger Herbstfest.Besuch aus Australien: Phil (hinten im weißen Hemd) trifft sich seit Jahren nicht nur auf der Wiesn mit den Bedienungen, sondern auch auf dem Erdinger Herbstfest. © Birgit Lang

Wie alles begann? Da hat jeder seine eigene Geschichte. Schirmbeck begann 2001 beim Käfer, wechselte nach zwei Jahren ins Hippodrom. „Ich war einen Tag dort. Dann hatte ich eine Meinungsverschiedenheit mit dem Wirt – und aus war’s“, grinst er. Tom Utz aus Schröding brachte ihn am nächsten Tag ins Winzerer Fähndl, das Paulaner-Zelt.

Auch Bernie Pfanzelt startete beim Käfer: „Sie haben mir hinten im Biergarten einen Platz gegeben. Ich bin fünf Stunden dagestanden und habe nicht mal einen Gast gesehen. Dann ist es mir zu blöd geworden.“ Der Helderinger fuhr heim, schrieb auf 20 Zettel seinen Namen und Telefonnummer, klapperte alle Festbüros ab. Am vierten Tag bat ihn eine Bekannte, im Hacker-Festzelt für eine erkrankte Bedienung einzuspringen.

Arbeiten auf Festen: Party mit Promis wie Franz Beckenbauer und Boris Becker

Ein Jahr später kam er im Winzerer Fähndl unter – dort arbeiteten bereits viele der älteren Taufkirchener Bedienungen: „da Fifty“ (Hans Häring), Brigitte und Paul Lanzinger, Ottilie Dirschl und „da Schligge“ (Gerhard Pichlmair). Sukzessive fanden über die Jahre mehr als zehn Bedienungen aus dem Landkreis Erding dort Arbeit. Früher seien während der Wiesn teilweise zehn Leute in seiner Münchner Wohnung eingezogen, „jeder mit eigener Matratze“, erzählt Schirmbeck. „Mittlerweile haben alle Familien und fahren lieber heim.“

Kurze Pause: Heike Schilling, Michael Attensberger, Rosi Grübl, Hannes Schirmbeck, Laura Grübl, Michi Funk, Eva-Maria Pfanzelt, Annika Pichlmair, Bernhard Müller und Simone Dulic (v.l.) schnaufen auf dem Oktoberfest 2024 kurz durch.Kurze Pause: Heike Schilling, Michael Attensberger, Rosi Grübl, Hannes Schirmbeck, Laura Grübl, Michi Funk, Eva-Maria Pfanzelt, Annika Pichlmair, Bernhard Müller und Simone Dulic (v.l.) schnaufen auf dem Oktoberfest 2024 kurz durch. © Privat

Früher arbeitete das Taufkirchener Team von April bis Oktober an die 120 Tage auf unterschiedlichen Festen. „Da stand der Spaß im Vordergrund“, sagt Bernie Pfanzelt, der als Projektleiter bei Jungheinrich in Freising angestellt ist. Im Winzerer Fähndl gab es jeden Abend Party mit Prominenten wie Franz Beckenbauer, Boris Becker, Giovane Elber oder Mehmet Scholl – danach ging’s weiter in andere Locations. Klar, dass man sich da näherkam: So lernte der heute 41-Jährige Eva-Maria Groll aus Hofstarring kennen. Inzwischen ist sie seine Frau, erwartet ihr drittes Kind und setzt heuer mit dem Bedienen aus.

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Ruhiges Zelt mit lustigen Gästen: Australier kommt mit Schnorchel und Flip-Flops

Über die Jahre wechselten die Taufkirchener in die ruhigere Fischer-Vroni, wo sie ab 2010 endgültig zusammenkamen, als ein neuer Balkon eingebaut wurde. Seither sind sie das Team „Galerie 1“. In diesem Jahr sind sie zu zwölft auf der kompletten Längsseite eingeteilt und bedienen täglich jeweils über 300 Gäste.

Diese 10 No-Gos sollten Oktoberfest-Anfänger auf der Wiesn vermeidenEine Frau bindet ihr Dirndl, rechts ein Bild vom „Kotzhügel“Fotostrecke ansehen

Damit der Service schneller geht, werden heute mehr Bedienungen für weniger Tische eingesetzt: Früher waren es sieben Tische, jetzt sind es circa drei pro Bedienung. „Wir verdienen in unserem Team alle dasselbe, weil wir alles zusammenwerfen“, so Pfanzelt. Deshalb arbeite man nur mit Leuten, die man gut kenne. „Wir sind Freunde, fahren miteinander in Urlaub.“

Zu den Bierzelt-Pärchen zählen unter anderem Paul und Annika Pichlmair, Michael („Baumholzmichl“) und Christine Attensberger sowie Bernhard und Hannah Müller mit insgesamt zehn Kindern. Praktisch ist für sie, dass in der Fischer-Vroni auch Teilzeit möglich ist. Paare können sich einen Arbeitsplatz teilen und so das Familienleben besser organisieren.

Ohnehin scheint die Fischer-Vroni eine besonders gute Wahl zu sein. Da gehe es gesitteter zu, betonen sie. Es sei ein gemütliches Münchner Zelt, mit zahlreichen Gästen aus dem Erdinger und Landshuter Gäu, die auf Tradition Wert legen und oft großzügiger Trinkgeld geben als Touristen, auf die man sich aber auch freut. Etwa auf den Australier Phil, der mit drei Freunden mit Schwimmflügeln, Schnorchel und Flip-Flops ins Bierzelt kam.

Kurze Ablenkung: Ein verliebtes Bierzelt-Pärchen sind Bernie und Eva-Maria Pfanzelt. Kurze Ablenkung: Ein verliebtes Bierzelt-Pärchen sind Bernie und Eva-Maria Pfanzelt. © Birgit Lang

„Wir haben uns so gut verstanden, dass wir für sie jeden Tag Plätze organisiert haben. Es ist eine richtige Freundschaft geworden“, erzählt Pfanzelt. Phil habe auch schon das Holzlandvolksfest und das Erdinger Herbstfest besucht. Die Crew besuchte ihn in London, in Kroatien und einige auch in Australien. „Er hat dauerhaft einen Koffer bei mir – mit Hut, Lederhose, Wadlstrümpfen und drei bis vier Hemden“, verrät Schirmbeck.

Wiesn ist eigene Welt: „Man trifft von Musikern bis Klofrau Bekannte“

Chinesische Gäste „trinken manchmal das Weißwurstwasser“, sagt Pfanzelt und erzählt von einer Gruppe, die beim Hendl nichts mit den Zitronentüchern anfangen konnte. Sie seien „for cleaning“ – also zum Putzen da, erklärte ihnen Pfanzelt. „Dann haben sie ihre Giggerl abgetupft. Der ganze Tisch war voll Haut- und Giggerl-Fetzen.“ Gegessen wurde trotzdem alles. Einmal sollten Türsteher eine Gruppe ausufernder Gäste hinauszubegleiten: Sie stellten die Maßkrüge auf den Boden und trugen den Tisch kurzerhand vor die Tür. Auch „super-nette Hells Angels“ bediente die Crew bereits.

Wiesn für unsere Leser

An den beiden Dienstagen, 23. und 30. September, lädt die Taufkirchener Crew zwischen 10 und 18 zu einem Mittagstisch für die Leser und Leserinnen des Erdinger/Dorfener Anzeiger auf die Galerie 1 der Fischer-Vroni ein. „Wir haben jeweils rund 200 Plätze, ohne Reservierung – einfach vorbeikommen, anschauen und Spaß haben“, so Hannes Schirmbeck

Und einmal seien so viele Dänen dagewesen, dass „Bernie 18 an einen Tisch hi´bazd hat“, erinnert sich Rosi Grübl, deren 26-jährige Tochter Laura seit fünf Jahren ebenfalls Oktoberfest-Bedienung ist. „Die Wiesn ist eine eigene Welt. Man trifft von Musikern bis zur Klofrau Bekannte, die man sonst das ganze Jahr nicht sieht. Und wir gehören dazu“, sagt Schirmbeck – was ihn und sein Team stolz mache.