Die Verlängerung von Stadtbahnlinien auf früheren Streckenabschnitten diskutiert aktuell eine Facebook-Community. Die Eindeutigkeit der Favoriten überrascht.

Sie ist historisch, dabei aber gar nicht antiquiert – die Straßenbahn, auch Stadtbahn, U-Bahn oder sprachlich hierzulande eher ungewöhnlich: die Tram. Die Bahnen gehören zum Stadtbild, auch wen sie vielerorten unter der Erde verschwinden. Sie verbinden Stadtteile und Städte. Doch das Netz ist im Vergleich zu früheren Zeiten recht ausgedünnt.

Aktuell lenkt eine Umfrage einer Dortmunder Facebook-Gruppe den Blick auf die Reaktivierung von stillgelegten (Teil-)Strecken. Wenig überraschend, denn die viel zitierte Mobilitätswende befeuert Fantasien und Diskussionen über den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Sind neben einem dichten Busnetz die Straßen- oder Stadtbahnen nicht viel ökologischer und ökonomischer? Wie viele Staus können sich Autofahrer ersparen, wenn weniger Karossen unterwegs sind – obwohl die Schienen zum Teil über die Straßen führen?

Reaktivierung von Strecken

Die Facebook-Seite „Dortmunder Straßenbahn & U-Bahn“ hat beachtliche 8400 Follower. Die Aktiven teilen vor allem (historische) Bilder der „Elektrischen“ – als sie allein oberirdisch auf den Straßen unterwegs war, aber auch aus dem Stadtbahn-Zeitalter seit den 1980er Jahren.

Und was liegt auf solch einem Kanal näher, als die Community zu fragen, welche Strecken oder Verbindungen die Mitglieder gerne reaktivieren möchten. Das Ergebnis der Umfrage aus dem August 2025 überrascht in seiner Eindeutigkeit. Denn zwei Linien oder Streckenabschnitte im Dortmunder Westen und Castrop-Rauxel heben sich aus dem Voting ab.

454 Follower der Seite haben sich beteiligt. 30 Prozent wünschen sich, dass die Strecke von Westerfilde nach Mengede wieder zum Leben erweckt wird. Und 24 Prozent der Abstimmungsteilnehmer befürworten die Reaktivierung der Straßenbahn-Verbindung von Marten nach Castrop-Rauxel.

Stadtbahn U44 an der Haltestelle Walbertstraße/Schulmuseum in Dortmund-Marten.Im Westen endet die Stadtbahnlinie U44 an der Haltestelle Walbertstraße/Schulmuseum. Von hier könnte sie gen Norden nach Kirchlinde und Castrop-Rauxel weiterfahren.© Beate Dönnewald

Die Verlängerung der Stadtbahnlinie U44 von der Endhaltestelle Walbertstraße/Schulmuseum aus ist dabei gar nicht utopisch. Diese Option stand noch im Juni auf der Tagesordnung in den Bezirksvertretungen Huckarde und Lütgendortmund. Konkret ging es um den Auftrag einer Machbarkeitsstudie für den Ausbau der Stadtbahn nach Kirchlinde. Anders als in den periodisch aufploppenden Diskussionen über eine Trassenführung über Huckarde und Rahm, nannte die Beschlussvorlage nun die – auch im wörtlichen Sinn – naheliegende Trassenführung über Marten und den Bärenbruch nach Kirchlinde.

Joachim Schmittken, politisch engagierter Bürger aus Marten, wies im Gespräch mit unserer Redaktion darauf hin, dass es diese Verbindung bereits bis in die 1960er Jahre gegeben hätte. Und man könnte die Strecke dann doch gleich bis nach Castrop-Rauxel weiterführen.

Die Umfrage in der Facebook-Community „Dortmunder Straßenbahn & U-Bahn“ zeigt, dass es dafür Sympathisanten gibt. Solch ein Voting ist gewiss nicht repräsentativ, aber ein Stimmungs- und Meinungsbild. Denn auch in den Kommentaren äußern die User ihre Sympathie.

Straßenbahn überquert im Jahr 1948 auf der Straße Bärenbruch in Marten den Roßbach.   Ein Archivfoto der Emschergenossenschaft aus dem Jahr 1948 zeigt eine Straßenbahn auf dem Roßbachdüker am Bärenbruch zwischen Marten und Kirchlinde.© Emschergenossenschaft

Einige verweisen darauf, dass es – von der U41 nach Lünen Brambauer abgesehen – von Dortmund aus keine Stadtbahnverbindungen in andere Städte mit Umsteigemöglichkeiten in benachbarte Streckennetze gebe. Anders etwa in Witten: Von dort könne man über Bochum, Gelsenkirchen, Essen, Mülheim und Duisburg bis nach Düsseldorf-Kaiserswerth fahren – allein mit Stadtbahnen.

Der städteübergreifende ÖPNV und die Anbindung an Nachbarnetze ist im Kreis Recklinghausen derweil Thema im Kommunalwahlkampf. SPD-Landratskandidat Dr. Karsten Schneider hat es zu seinem zentralen verkehrspolitischen Thema gemacht.

Im Interview mit unserer Redaktion forderte er im Frühjahr, Linien aus den benachbarten Stadtbahnnetzen in die Kommunen des Kreises Recklinghausen zu verlängern und so das Nahverkehrsnetz zu verbessern. Die Verlängerung der U44 von Marten aus böte solch eine Möglichkeit.

Skulptur aus Straßenbahnschienen an der Dönnstraße in Dortmund-Mengede. Eine Skulptur aus alten Straßenbahnschienen des Künstlers Detlef Bechinie von Lazan erinnert in Mengede an die historische Endhaltestelle der Linie 5.© Uwe von Schirp (Archiv)

Die weitaus meisten Stimmen der Umfrage wünschen sich eine Wiederbelebung der Strecke von Westerfilde nach Mengede. Die Kommentatoren verweisen dabei durchaus auf die Schwierigkeit, dass auf der früheren Straßenbahntrasse zwischen Westerfilder Straße und Haberlandstraße an der Grenze von Oestrich und Nette inzwischen der S-Bahn-Damm herführe. Doch das ficht den Wunsch nicht an.

Und nicht nur in der Stadtbahn-Community auf Facebook ist die frühere „Linie 5“, wie sie noch 1980 hieß, legendär. Bis 1959 war die Endhaltestelle der „5“ an der Dönnstraße, kurz vor dem evangelischen Friedhof in Mengede. An der Stelle erinnert heute eine Skulptur von Detlef Bechinie von Lazan an die Haltestelle und verkehrsgeschichtliche Epoche, die 1922/23 mit dem Bau des Gleiskörpers in Mengede begann.

Abschnitte der früheren Straßenbahntrasse sind heute noch sichtbar, wenn man genau hinschaut: etwa zwischen Nette und Bodelschwingh. Über die Steige der ehemaligen Haltestelle Wachteloh wuchert Gestrüpp. 2021/22 plante die Stadt, über die in Teilen noch erhaltene Trasse die Veloroute 9 von Mengede in die Innenstadt zu führen.

Auch die Weiterführung der U47 über Westerfilde war Anfang dieses Jahrzehnts Thema. Im Zuge der Fortschreibung des Stadtbahnentwicklungskonzepts gab es Pläne, die U47 in Bodelschwingh unter der S-Bahn herzuführen und eine neue Endhaltestelle mit einem großen P+R-Parkplatz im Gewerbegebiet Oestrich nahe der Autobahn-Anschlussstelle Bodelschwingh zu bauen.