Er wollte den Schritt nicht geräuschlos und unbemerkt machen, sondern dieser solle „nützlich“ sein, einen Domino-Effekt erzeugen – das ließ das Umfeld von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wissen. An diesem Montag wird sein Land im Rahmen einer Konferenz bei der UN-Vollversammlung in New York, die es gemeinsam mit Saudi-Arabien organisiert, Palästina als Staat anerkennen.
Andere Staaten ziehen mit
Tatsächlich kündigten inzwischen andere große westliche Länder wie Großbritannien, Australien und Kanada dieselbe Entscheidung an. Auch Belgien stellte eine Anerkennung des Palästinenser-Staates unter Bedingungen in Aussicht.
Auch interessant: Hunderttausende auf den Straßen: Proteste gegen Sparpläne der französischen Regierung
Von den 193 Uno-Mitgliedsländern haben 147 die palästinensischen Gebiete offiziell anerkannt, darunter elf EU-Staaten. Demgegenüber blockierten die USA am Donnerstag mit einem Veto im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen erneut eine Resolution zu einer Waffenruhe im Gazastreifen.
Paris setzt auf Zwei-Staaten-Lösung – Kritik aus den USA
Der französische Präsident begründete seine Entscheidung mit einem Brief des Chefs der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, in dem dieser unter anderem die Entwaffnung der Terrororganisation Hamas und Wahlen im nächsten Jahr versprochen hatte. Außerdem heißt es, Macron wolle angesichts der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen Druck auf Israel und die USA ausüben und zeigen, dass Europa eigene Akzente in der internationalen Politik setzen kann. Paris ist traditionell ein Verfechter der Zwei-Staaten-Lösung.
Lesen Sie auch: Nach Pomp mit Charles, verläuft Trumps Treffen mit Starmer ungewohnt harmonisch
Aus den USA und Israel erntete Macron scharfe Kritik. Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu warf ihm in einem öffentlich gemachten Brief vor, „das antisemitische Feuer“ zu schüren. Sogar das französische Generalkonsulat in Jerusalem könnte geschlossen werden. US-Außenminister Marco Rubio sprach von einem „Schlag ins Gesicht der Opfer des 7. Oktober 2023“, also des Terrorangriffs der Hamas.
Macron wendet sich an Netanyahu
Um sich gegen die Vorwürfe zu wehren, schrieb Macron seinerseits einen Brief an Netanyahu, in dem er versicherte, der Schutz der jüdischen Bürger in seinem Land sei seit jeher „eine absolute Priorität“. Vor wenigen Tagen sagte er in einem Interview mit einem israelischen Fernsehsender, eine Anerkennung eines Palästinenser-Staates sei „der beste Weg, um die Hamas zu isolieren“.
Die jüngsten Operationen in Gaza seien „ein Misserfolg“ und „zerstören das Image und die Glaubwürdigkeit Israels völlig“. Auch empfing der Präsident Familienmitgliedern von fünf Hamas-Geiseln im Élysée-Palast. Er hoffe, seine Initiative könne „die Situation lösen“ und eine Befreiung herbeiführen, versicherte Macron bei dieser Gelegenheit.
Auch im Rahmen des Staatsbesuchs von Donald Trump in Großbritannien in dieser Woche war die Anerkennung Palästinas ein heikles Thema. Starmer verschob den Schritt deshalb offenbar sogar um einige Tage. Doch anders als noch vor einigen Monaten, als der US-Präsident London vorwarf, mit einer solchen Maßnahme die Hamas nach dem 7. Oktober 2023 zu „belohnen“, verzichtete er diesmal auf drastische Worte. Für Starmer war das ein kleiner diplomatischer Erfolg.
Großbritannien sieht Forderungen an Israel als nicht erfüllt
Tatsächlich steht die britische Regierung offenbar kurz davor, Palästina offiziell als Staat anzuerkennen, wie es aus Regierungskreisen hieß – voraussichtlich am Wochenende. Ende Juli hatte Starmer erklärt, er habe immer gesagt, dass die Regierung diesen Schritt „zu dem Zeitpunkt gehen“ werde, an dem er „den größtmöglichen Einfluss auf die Zwei-Staaten-Lösung hat“ – und zugleich klargestellt, dass dies geschehen werde, falls Israel bis September nicht bestimmte Bedingungen erfüllt, darunter ein Waffenstillstand in Gaza und der Verzicht auf weitere Annexionen im Westjordanland. Diese Voraussetzungen gelten als bislang nicht erfüllt.
Starmer reagiert damit auch auf Kritik an seiner früheren Haltung. Während viele in der Labour-Partei schon im Herbst 2023 ein sofortiges Ende der Kämpfe forderten, sprach er sich zunächst nur für „humanitäre Pausen“ aus – ein Zögern, das ihm massiven Widerspruch von der linken Labour-Basis einbrachte.
Die Haltung führte in muslimisch geprägten Wahlkreisen zu massivem Vertrauensverlust und half unabhängigen Kandidaten bei den Parlamentswahlen im Juli 2024, traditionelle Labour-Sitze zu gewinnen.
Weiterlesen: Trump feiert pompösen Staatsbesuch: Empfang mit königlichen Ehren