Direkt vor seiner Boutique Abseits verwandelt Winni Klenk den Kleinen Schlossplatz in einen Laufsteg. Foto: engelhard-photography-
Winni Klenk zeigt bei einer Open-Air-Modenschau auf dem Kleinen Schlossplatz die Trends. Ihm geht es aber um mehr als Looks: Der Abseits-Chef kämpft für den Erhalt kleiner Läden.
Fake News haben einen schlechten Ruf. Bei Fake Fur ist das anders. Gemeint ist Kunstfell, das täuschend echt aussieht, sich weich anfühlt – und ohne Tierleid entsteht. Genau dieser Look gehört für Winni Klenk, Inhaber des Stuttgarter Abseits-Stores, zu den Trends des Herbstes und Winters 2025. Und das sind garantiert keine Fake News.
Flare Jeans, wuchtiger Schmuck und Mäntel bis zum Boden
Klenks Modewelt ist vielfältig und auffällig: flauschige Kunstpelze, tiefe und weite Flare Jeans, schwere Schmuckstücke zu Sneakers sowie extravagante Mäntel, die fast den Boden streifen. Auf dem Kleinen Schlossplatz zeigt er seine Kreationen erstmals bei einer Open-Air-Modeschau – vor voll besetzten Stuhlreihen, vor den „Reichen und Schönen der Stadt“, könnte man sagen, etliche frühere VfB-Profis sind dabei.
Winni Klenk mit Besucherinnen. Foto: engelhard-photography-
Der 62-Jährige inszeniert den 40. Geburtstag seines Stores Abseits mit Glanz und Gloria – und nutzt die Bühne, um auf Probleme hinzuweisen. „Die Stadt sollte inhabergeführten Geschäften besser unterstützen“, findet er. Für Klenk sind kleine Läden entscheidend, um den Einheitslook der Ketten zu durchbrechen und mit Individualität das Kauferlebnis einer Stadt zu erhöhen.
Qualität statt Fast Fashion
Langlebigkeit und Qualität sind für ihn keine Worthülsen, sondern Haltung. Seine Stücke haben ihren Preis – bewusst: „Mode darf nicht aus der Mode kommen.“ Damit grenzt er sich von kurzlebigem Konsum ab und setzt ein Statement für Nachhaltigkeit.
Gäste bei der Open-Air-Modenschau von Winni Klenk. Foto: engelhard-photography-
In den 1990er-Jahren feierte ihn die „Vogue“ als „alternativen Modezar“. Heute stemmt sich Klenk gegen den Durchmarsch globaler Marken, die ganz in seiner Nähe die Königstraße dominieren. Sein 400-Quadratmeter-Store bleibt Programm: im „Abseits“ – und doch mittendrin.
Kritik an Leerständen und hohen Mieten
Die Innenstadt kämpft mit Leerständen und schwindender Attraktivität. Klenk fordert niedrigere Mieten, damit wieder mehr Vielfalt entstehen kann: „Wenn man eine Fußgängerzone kennt, kennt man alle.“
Trotz aller Herausforderungen bleibt er optimistisch. Persönliche Beratung, Atmosphäre mit Kaffee, Softdrinks oder Crémant und Events wie die Open-Air-Modenschau sollen den Einkauf zum Erlebnis machen. Sein Credo: „Einzelhandel muss mehr sein als nur Ware verkaufen.“
„Wir sind die Letzten, die das Licht ausmachen“
Winni Klenk sieht inhabergeführte Läden im Vorteil: „Wir stehen persönlich hinter unserem Geschäft – und wir machen als Letzte das Licht aus.“ Weniger Dauerbaustellen, bessere Parkmöglichkeiten und mehr Unterstützung der Stadt könnten die Kunden zurückholen. Auf Individualität komme es an – und genau die mache den Einzelhandel in seiner Gesamtheit attraktiv. Wobei für ihn feststeht: „Der Trend geht weg von der Königstraße.“
Jammern ist nicht sein Stil. Lieber setzt er auf Humor – und Ginkgo-Tabletten: „Gut fürs Gedächtnis, aber verdammt teuer.“ Mode sei ebenso wenig ein Schnäppchen, dafür aber ein Stück Zukunft. Sein Appell: „Wir sollten alle an einem Strang ziehen, um gemeinsam Stuttgart weiter nach vorn zu bringen.“