Berlin, unsere Stadt, ist eine Stadt mit einer bewegten Geschichte. Jahrzehntelang war sie in Ost und West geteilt, eine sichtbare und spürbare Grenze prägte das Stadtbild und die Lebensrealitäten der Menschen. Diese Teilung gibt es in der alten Form nicht mehr – doch an einer Unterscheidung erkennt man den Berliner/die Berlinerin: Ich wohne im S-Bahn-Ring – ich wohne außerhalb des S-Bahn-Rings. Das fällt jedem Besucher der Stadt auf – in Berlin definiert man sich nach seiner ÖPNV-Linie.
Man wohnt an der M29, an der Tram 10, an der S2 oder an der U2 – oder eben – ganz grob – innerhalb und außerhalb des S-Bahn-Rings. Heute teilt sich Berlin nicht mehr in Ost und West, sondern in ein Leben innerhalb und außerhalb des S-Bahn-Rings. Spannend und eine große Chance für unsere Stadt.
Ganz oft denken wir Berlin innerhalb des S-Bahn-Rings. Wir sind stolz auf unser hervorragendes Angebot des öffentlichen Nahverkehrs. Ein eng getaktetes Netz aus Bussen, U-Bahnen, Straßenbahnen und S-Bahnen sorgt dafür, dass jeder Punkt der Stadt zu jeder Tages- und Nachtzeit schnell erreichbar ist.
Sigrid Nikutta ist Vorständin für Güterverkehr der Deutschen Bahn AG und Vorstandsvorsitzende der DB Cargo AG. Zuvor war sie Vorstandsvorsitzende der BVG.
Kurze Fußwege, minimale Wartezeiten – das macht Berlin attraktiv und lebenswert. Touristinnen und Touristen schwärmen von der guten Anbindung, die es ermöglicht, die Stadt unkompliziert zu entdecken. Oft sind fünf Minuten Wartezeit schon fast eine Beleidigung. (Ich meine planmäßig, wenn die Busse nicht im Stau stehen oder ein Notarzteinsatz eine ganze Linie aus dem Takt bringt.)
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Ein gutes Nahverkehrsnetz für alle – denn das Leben ist keine Haltestelle
Außerhalb des S-Bahn-Rings haben wir noch ein großes Potenzial. Selbst in frequentierten Gegenden gibt es manchmal nur einen 20-Minuten-Bustakt tagsüber. In der Nacht gibt es dann häufig lange Fußwege, um zu den Nachtbussen zu kommen. Die Bahnen in der Woche enden irgendwann nachts. Verstehen Sie mich bitte richtig. Ich war lange für die BVG verantwortlich und bin jetzt bei der Bahn und weiß, was für ein großartiges System wir in Berlin haben. Das Beste in ganz Deutschland.
Dennoch – wenn ich über mein Berlin der Zukunft nachdenke – dann sehe ich die neuen Wohnquartiere, die neu erschlossenen Flächen, die vielen neuen BerlinerInnen als Chance, unsere Stadt zu entwickeln. Neue Menschen – bessere Infrastruktur. Im Nahverkehr heißt das, engere Takte und mehr Verbindungen – auch kreuz und quer im jeweiligen Kiez.
Denn wir wollen nicht, dass alle diese Menschen sich Autos kaufen, um einzukaufen, zur Schule, Kita, zum Arbeitsplatz zu fahren oder zum Arztbesuch. Also besser den Verkehr gleich mitdenken, um sich später nicht über zusätzliche Staus zu beschweren. Selbstverständlich gehört auch ein gut ausgebautes Radverkehrsnetz dazu.
Eine gute Stadt lebt von der Jugend und kümmert sich um die Alten
Berlin hat vor Jahren etwas geschaffen, was die Kinder und Jugendlichen unserer Stadt prägt: das kostenlose Schülerticket. So lernt diese Generation, sich selbstverständlich öffentlich durch die Stadt zu bewegen. Und: Ich bin mir sicher – das wird auch später so bleiben. Das kostenlose Schülerticket ist, wenn wir es akademisch sagen, ein wichtiger Beitrag zur Verkehrswende, deren Profit sich sicher zeigen wird.
Und natürlich profitieren auch die älteren Jahrgänge von dem Angebot im öffentlichen Verkehr. Während sich anderen Ortes Senioren davor fürchten, irgendwann nicht mehr Auto fahren zu können und so ihre Mobilität zu verlieren, haben die BerlinerInnen ihre BVG und Bahn.
Serie „Berlin 2030“
In unserer Serie „Berlin 2030“ wollen wir konstruktive Lösungen für die Herausforderungen der Hauptstadt finden und dabei helfen, positiv in die Zukunft zu schauen. Dafür sprechen wir mit Vordenkerinnen und Visionären, mit Wirtschaftsvertretern, mit Kulturschaffenden, mit Stadtplanern, mit Wissenschaftlerinnen und Politikern.
In Gastbeiträgen fragen wir sie nach ihrer Vision für Berlin. Wie soll Berlin im Jahr 2030 aussehen? Welche Ideen haben sie für die Zukunft unserer Stadt? Und welche Weichen müssen dafür jetzt gestellt werden?
Die Beiträge der Serie stammen unter anderem von Kai Wegner, Renate Künast, Ulrike Demmer, Tim Raue, Mo Asumang und Christian Schertz. Alle bisher erschienen Beiträge finden Sie hier.
Sie haben auch eine Idee? Schicken Sie uns Ihre Vorschläge an: checkpoint@tagesspiegel.de.
Was für ein Wort – Nachverdichtung
Für mich die Chance, Kieze weiterzuentwickeln. Denn – Hand aufs Herz – Berlin war nie perfekt und wird es auch nie sein. Für viele Kieze bietet die „Nachverdichtung“ die Chance, Kiezcharakter zu entwickeln. Das hat dann langfristig etwas mit Lebenszufriedenheit, gefühlter Gerechtigkeit und damit auch mit dem Gefühl zu tun, dass Demokratie funktioniert. Dafür – Neues ganzheitlich denken und realisieren.
Auch wenn ich um die Herausforderungen weiß. Hier gilt: Es nicht zu tun ist langfristig teurer, als es gleich zu tun. Die Menschen machen ihre Lebensqualität fest an Kitas, Schulen, Spielplätzen, Ärzten, Nahversorgungszentren, Gastronomie, Angebote für SeniorInnen. So entstehen lebenswerte Quartiere mit einer starken Kiezstruktur und einer sozialen Mischung, die trägt. Guter Wohnraum mit passender Infrastruktur ist der Schlüssel für Stadtteile mit zufriedenen Menschen.
Gut gesagt, aber wie machen? Der Senat ist an vielen dieser Themen aktiv dran. Auch wenn es Geld kostet. Die Investitionen in Infrastruktur von heute vermeiden die konsumtiven Ausgaben von morgen. Und persönlich denke ich, dass jeder Bauträger, jedes Unternehmen, das mit und in Berlin Geld verdient, auch eine Verantwortung für die Infrastrukturentwicklung hat.
Berlin gemeinsam gestalten – Chancen nutzen
Eins ist klar, wir in Berlin stehen vor großen Herausforderungen, aber auch vor großen Chancen. Wenn wir die Stadt sinnvoll weiterentwickeln, können wir bestehende Probleme nicht nur lösen, sondern die Lebensqualität für alle Berlinerinnen und Berliner aktiv verbessern.
Mehr Visionen für Berlin 2030 Aletta von Massenbachs Vision für Berlin 2030 „Reisen und Freiheit gehören zusammen“ Daniela Hensels Vision für Berlin 2030 „Eine Verwaltung, die nahe an der Lebenswirklichkeit der Menschen ist“ Ludwig Engels Vision für Berlin 2030 „Umbau statt Neubau, renovieren statt abreißen“
Lasst uns Berlin als Ganzes denken. Eine Stadt, in der alle gut leben können – unabhängig davon, ob sie innerhalb oder außerhalb des S-Bahn-Rings wohnen. Eine Stadt mit schnellem, verlässlichem Nahverkehr, mit sozialer und medizinischer Infrastruktur, die mitwächst. Eine Stadt, die nicht nur größer wird, sondern auch besser.
Berlin hat es in der Hand. Packen wir es an!