Vielleicht ist es ganz gut, dass Schuberts Adagio e Rondo concertante für Klavierquartett zu den weniger aufwühlenden Werken des Komponisten gehört: So entfaltete zumindest das Auftaktstück dieses Konzertabends in Grünwald ein fast salonmusikalisches Flair mit Anklängen an Mozart’sche Klavierkonzerte – und die Nerven des Publikums wurden gleichsam noch geschont.
Was die vier namhaften Protagonisten – Violinistin Carolin Widmann, Bratschist Nils Mönkemeyer, Julian Steckel (Violoncello) und William Youn (Klavier) – freilich danach präsentierten, war ein Generalangriff auf die Sinne. Das Klavierquartett des früh verstorbenen Wallonen Guillaume Lekeu (1870 bis 1894) ist von Beginn an ein schwer aufwühlendes Werk, ohne Rücksicht auf formale Ordnung, kontrastiv und immer wieder von schmerzhaft ekstatischen Momenten geprägt. Für die Interpreten gilt es dabei, sich nicht in virtuoser Entfesselung zu verlieren, dem mitunter anarchischem Klangrausch des „Rimbaud der Musik“ genannten Komponisten feine Phrasierung und Tempogestaltung entgegenzusetzen.
Das gelingt meist: Mal wirken die Instrumente in einen wilden, fast metaphysischen Liebesakt verwickelt: Widmann, Mönkemeyer und Steckel agieren wie „Drama-Queens“ mit Bogen, die sich scharf und euphorisch in Ekstase streichen, flankiert von wuchtigen Piano-Klängen, wobei Youn einen weichen Anschlag pflegt. Mal blüht aber auch elegischer Klangfarbenzauber auf. So Nerven zerwühlend der erste Satz, so zauberisch mutet mitunter der zweite Satz des Werkes an.
Ähnlich intensiv und mitreißend, aber durch mehr formale Ordnung eingehegt, fällt der zweite Teil des Abends aus: Brahms’ Klavierquartett in g-Moll. Die von verschwenderischer Überfülle der Einfälle geprägte Komposition, die schon im Kopfsatz tonale und rhythmische Anklänge an „Zigeunermelodien“ hat, mündet ins großartige „Rondo alla Zingarese“ – hier zeigen sich Widmann und vor allem Mönkemeyer als angemessen entfesselte Virtuosen.