Standdatum: 21. September 2025.
Autorinnen und Autoren:
Anna-Lena Borchert
Vor hundert Jahren hat Albert Einstein Gravitationswellen beschrieben. Ein Bremer baut nun einen gigantischen Detektor, um mehr über die „Kräuselungen der Raumzeit“ zu erfahren.
Schon die schiere Größe von dem, was Frank Steier baut, ist kaum vorstellbar. Drei Satelliten sollen ein riesiges Dreieck bilden- mit unglaublichen 2,5 Millionen Kilometer langen Seiten. Zum Vergleich: Das ist mehr als die sechsfache Entfernung zwischen Erde und Mond. Dieses Konstrukt soll im Formationsflug durchs All kreisen, um Gravitationswellen zu erforschen.
„Technik, am Rande des Möglichen“, erklärt Frank Steier in seinem Büro beim Bremer Raumfahrtunternehmen OHB. Das Projekt der europäischen Raumfahrtagentur ESA trägt den Namen „LISA“. Die „Laser Interferometer Space Antenna“ soll das bis dato größte jemals gebaute astronomische Observatorium werden. Er und sein Team konstruieren und bauen die Satelliten, die das Dreieck bilden. Doch wie wollen sie damit Gravitationswellen messen?
Mit Testmassen und Satelliten auf Einsteins Spuren
Frank Steier ist bei OHB der Experte für die Gravitaionswellenforschung im All.
Bild: Radio Bremen
In den Satelliten schweben sogenannte „Testmassen“. „In vereinfachter Form kann man sagen, dass der Abstand zwischen diesen Testmassen mit Lasern vermessen wird“, führt Steier begeistert aus. Trifft eine Gravitationswelle auf das Dreieck, verändert sie demnach den Abstand der Testmassen in den drei Satelliten zueinander.
Wie Frank Steier seinen Freunden erklärt, woran er arbeitet? „Ja, das ist sehr schwierig“, lacht er. „Das ist was, was man im Alltag nicht kennt.“ Gravitationswellen sind für die meisten ein schwer vorstellbares Phänomen. Es entsteht, wenn Sterne explodieren oder schwarze Löcher verschmelzen. Das Besondere: Die Gravitationswellen breiten sich in Lichtgeschwindigkeit aus, verformen Raum und Zeit – stauchen und dehnen jeden Körper im Universum.
In seiner allgemeinen Relativitätstheorie im Jahr 1916 hat Albert Einstein die Existenz von Gravitationswellen angenommen, glaubte aber nicht, dass man sie jemals messen könnte. Auch deshalb war ein Signal, das vor zehn Jahren aufgenommen wurde, eine Sensation. Frank Steier spielt ein „Wupp“ an seinem Rechner vor: „Das ist das echte Signal – das dumpfe. Hier hat man das nochmal zu höheren Tönen verschoben, damit man es besser hören kann.“
Die erste gemessene Gravitationswelle auf der Erde, aufgenommen von gigantischen Anlagen mit modernster Lasertechnik in den USA: Zwei Detektoren des Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory, kurz LIGO. Dieser erste Nachweis läutete Im September 2015 eine neue Ära der Astronomie ein. Denn unsichtbare kosmische Ereignisse wie die Kollision zweier „Schwarzer Löcher“ sind nun „hörbar“ geworden. Zudem haben die Wissenschaftler Albert Einsteins Relativitätstheorie bestätigt.
Mit Gravitationswellen zurück zum Urknall?
In so einer Formation sollen die Satelliten durch das All fliegen (Bildkonstellation von OHB).
Bild: OHB | OHB – Projekt LISA
Frank Steier ist Physiker genau wie Albert Einstein und er arbeitet mit dem „Gravitationswellen-Detektor für das Weltall“ quasi in den weltberühmten Fußstapfen. Die Erforschung im Weltraum hat im Vergleich zur Erde den Vorteil, dass es dort keine Erschütterungen gibt, welche die Wissenschaftler durch die normal vorhandene Seismik auf der Erde berücksichtigen müssen. Gravitationswellen bei niedrigeren Frequenzen auf der Erde zu beobachten, ist unmöglich – im All aber schon.
800 Millionen Euro zahlt die europäische Raumfahrtagentur ESA für diese einzigartige Technik. Mit deren Hilfe hoffen die Wissenschaftler, bis zum Urknall in die Vergangenheit des Universums zurückschauen zu können. „Spannend ist das, was man noch nicht weiß“, sagt der Bremer, „LISA“ öffnet ein komplett neues Fenster ins Universum. Im Jahr 2035 soll „LISA“ ins All starten.
Quelle:
buten un binnen.
Dieses Thema im Programm:
buten un binnen, regionalmagazin, 13. September, 19:30 Uhr