Mit dem Hissen der palästinensischen Flagge vor Rathäusern haben die Bürgermeister mehrerer französischer Kommunen innenpolitischen Streit ausgelöst. Wie das Innenministerium mitteilte, ließen 21 Kommunen die Flagge am Montagmorgen vor den Rathäusern hissen. Das widerspreche dem Neutralitätsgebot der Stadtregierungen und sei eine Parteinahme in einem internationalen Konflikt.
Das Ministerium forderte die Präfekten – die örtlichen Vertreter der Regierung – auf, gegen die symbolische Aktion vorzugehen. Im Zweifel sollten die Präfekten demnach auch die Justiz einschalten. Der Bürgermeister eines südwestfranzösischen Dorfes, der die Flagge bereits am Samstag hissen ließ, nahm sie daraufhin wieder ab. Innenminister Bruno Retailleau hatte zuvor Bürgermeistern, die sich daran beteiligen, Sanktionen angedroht.
Hintergrund der Aktion ist die erwartete Anerkennung Palästinas als Staat durch Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron. Macron hatte die Entscheidung Ende Juli angekündigt. Erwartet wird, dass er dies am heutigen Montagabend im Rahmen einer UN-Konferenz in New York tun wird. Die Anerkennung eines palästinensischen Staates sei „der einzige Weg, um eine politische Lösung“ im Nahostkonflikt zu erreichen.
Parteichef der Sozialisten bat Macron, Beflaggung zu erlauben
Die Beflaggung anlässlich der anstehenden Anerkennung Palästinas durch Frankreich wird in dem Land vor allem aus dem Regierungslager sowie aus Reihen der rechten Opposition kritisiert. Der Chef der französischen Sozialisten, Olivier Faure, hatte die Aktion vorgeschlagen. In einem Schreiben an Macron bat er den Präsidenten darum, den Bürgermeistern zu erlauben, die Flaggen zu hissen.
„Diese symbolische Geste, weit von jeder Provokation entfernt, würde eine klare Botschaft der Solidarität und der Brüderlichkeit in Übereinstimmung mit der humanistischen und universalistischen Tradition unserer Republik darstellen“, schrieb Faure. Es sei „nicht nur eine starke Geste mit Blick auf alle, die sich für eine Lösung“ im Nahostkonflikt einsetzten, „sondern es entspricht auch der Haltung Frankreichs“. Der Fraktionschef der Sozialisten in der Nationalversammlung, Boris Vallaud, verwies zudem darauf, dass nach dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 mehrere Rathäuser israelische Flaggen gehisst hatten. Zudem zeigten mehrere Bürgermeister auch die Flagge der Ukraine.
© Lea Dohle
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In Paris waren am Sonntagabend auf dem Großbildschirm des Eiffelturms sowohl die israelische als auch die palästinensische Flagge zu sehen, begleitet von einer Friedenstaube. In Brest ließ der Bürgermeister zwar keine palästinensische Flagge hissen, das Rathaus aber in den Farben der Flagge anstrahlen. Der vom Regierungslager stammende Regionalpräsident der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur, Renaud Muselier, kündigte hingegen aus Protest gegen die Aktion an, das Ratsgebäude mit zwei Dutzend zusätzlichen französischen Flaggen schmücken zu lassen.

Was jetzt? – Der Nachrichtenpodcast:
Was bedeutet Palästinas Anerkennung als Staat?
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Streik und Palästina-Kundgebungen in Italien
Im Nachbarland Italien ist es hingegen zu größeren Solidaritätsbekundungen für Palästina auf der Straße gekommen. In verschiedenen Städten nahmen Zehntausende an Kundgebungen teil. Schätzungen zufolge gingen allein in Rom 40.000 Menschen auf die Straße, in Mailand kam es zu Ausschreitungen.
Die Gewerkschaft USB hatte zudem zu einem Streik aufgerufen, um gegen die „Verschärfung der humanitären Lage im Gazastreifen“ zu protestieren und Sanktionen gegen Israel zu verlangen. Der Streik bei den Verkehrsbetrieben soll bis Montagabend anhalten. Im überregionalen Bahnverkehr sowie im Nahverkehr mehrerer Großstädte kam es infolgedessen zu Behinderungen sowie zu Blockaden an Schulen und Universitäten in Turin. Die großen italienischen Gewerkschaften beteiligten sich nicht an dem Streik.
Am Sonntag hatten mit Großbritannien, Kanada, Australien und Portugal
bereits vier westliche Staaten die Anerkennung Palästinas als Staat
verkündet. Für diese Woche kündigte auch Belgien an, Palästina anerkennen zu wollen. Die Bundesregierung teilte im Vorfeld der UN-Konferenz mit, den Schritt nicht mitgehen zu wollen. Israel spricht sich strikt gegen die Anerkennung eines Palästinenserstaats aus und argumentiert unter anderem damit, dass die Maßnahme im Kontext des Gazakrieges den Angriff der Hamas auf Israel nachträglich belohnen würde, was nicht geschehen dürfe.
Staatlichkeit Palästinas
Anerkennung von Palästina:
Sollte jetzt auch Deutschland Palästina als Staat anerkennen?
Z+ (abopflichtiger Inhalt);
Merz und Israel:
Deutschland allein zu Haus?
Anerkennung vom Staat Palästina:
Was heißt hier Palästina?