Mit „Funkytown“ entsteht in Oberschöneweide bis 2029 ein städtebauliches Ensemble, das acht Architekturbüros mit unterschiedlichen Handschriften vereinen wird. Der neue Campus will zeigen, wie Vielfalt in der Architektur einen urbanen Raum neu definieren kann. Wir haben uns die acht architektonischen Entwürfe genauer angesehen.

Diese Architekturbüros und Stadtplaner wollen das Quartier „Funkytown“ in Oberschöneweide gestalten, mit ganz unterschiedlichen architektonischen Ansätzen. / © Foto: Trockland Management GmbH

© Visualisierung Titelbild: Trockland Management GmbH

 

Es liest sich wie das Who is Who der Berliner Architekturszene: Graft Architekten, Grüntuch Ernst Architekten, Tchoban Voss Architekten, Julian Breinersdorfer, Thomas Hillig Architekten, LAVA, LXSY – und noch einige weitere. Diese illustre Runde von Architekten und Stadtplanern soll eines der aufsehenerregendsten Gewerbeprojekte der kommenden Jahre zum Leben erwecken.

Denn zwischen der Rummelsburger Landstraße und dem heutigen Funkhaus Berlin entsteht eines der ambitioniertesten Kultur- und Gewerbeprojekte im Südosten Berlins. Das Projekt „Funkytown“ des Berliner Projektentwicklers Trockland soll ein über Jahrzehnte brachliegendes Gelände in Oberschöneweide zu neuem Leben erwecken – mit einem thematischen Bezug zur Funk- und Radiogeschichte des Areals.

Anzeige

Bauprojekt „Funkytown“: Acht neue Gebäude entstehen entlang der Rummelsburger Landstraße

Auf dem Grundstück, das am Grenzverlauf der Bezirke Lichtenberg und Treptow-Köpenick liegt, befindet sich aktuell nur ein maroder DDR-Plattenbau aus den 1960er Jahren, bekannt als ehemaliger Sitz des DDR-Jugendsenders DT64.

Neben der Sanierung des Bestandsbaus sind acht weitere Neubauten auf der bislang unbebauten Fläche zwischen BLOCK E und der Rummelsburger Landstraße vorgesehen. Diese STATIONS genannten Gebäude sollen bis Ende 2029 fertiggestellt werden und rund 38.500 Quadratmeter Nutzfläche umfassen.

Acht eigenständige STATIONS sollen zukünftig den neuen Campus in Oberschöneweide prägen

Verantwortlich für die städtebauliche Gesamtplanung ist das Architekturbüro KSP Engel Berlin, das zudem den zentralen Baukörper gestaltet. Für die weiteren Planungen konnte Trockland, wie oben schon erwähnt, namhafte Berliner Architekturbüros gewinnen.

Die acht unterschiedlichen Architekturbüros entwickeln jeweils eine STATION, die für sich steht und zugleich Teil eines städtebaulichen Ensembles ist. Der Ansatz verdeutlicht, wie vielfältig heutige Architektur auf Kontext, Funktion und Nutzung reagieren kann.

Anzeige

STATION A: Dynamik und Offenheit von Graft Architekten

Die STATION A markiert den Auftakt des Campus an der Rummelsburger Landstraße. Graft Architekten setzen auf eine bewegte Gebäudeecke mit Vor- und Rücksprüngen, die den Übergang zum Stadtraum betonen soll. Großformatige Fenster lenken den Blick in verschiedene Richtungen: zur Spree, zur Stadt und zum historischen Funkhaus.

Die Fassade kombiniert transparente, semitransparente und geschlossene Elemente. Weiß lackierte Aluminiumlamellen sollen dabei künftig die Vertikalität des Funkhauses aufnehmen und diese in eine klare, zeitgenössische Sprache übersetzen.

© Visualisierung: Graft Architekten

STATION B: Musikalische Bezüge bei Grüntuch Ernst Architekten

Grüntuch Ernst Architekten arbeiten mit einer doppelten Fassadenschicht. Vor die eigentliche Fensterfassade tritt in ihrem Entwurf eine perforierte Aluminiumschicht, deren Lochmuster die Audioline von James Browns „Funky Drummer“ abbildet. Musik wird so in ein visuelles Muster übertragen.

Je nach Perspektive variiert die Transparenz der Fassadengestaltung. Damit soll ein Wechselspiel zwischen Offenheit und Rückzug entstehen, das auch auf die Bedürfnisse der künftigen Nutzung im Hospitality-Bereich reagieren will.

© Visualisierung: Grüntuch Ernst Architekten

STATION C: Rückgriff auf DDR-Architektur

Die STATION C von Julian Breinersdorfer Architekten nimmt Bezug auf das gegenüberliegende Bestandsgebäude BLOCK E. Dessen DDR-Architektur soll dabei aber nicht kopiert, sondern in eine weichere, zeitgenössische Formensprache überführt werden.

Die Fassade besteht aus vorgefertigten Betonelementen mit runden Öffnungen. Diese sollen dem zukünftigen Gebäude einen retrofuturistischen Charakter verleihen, wie es das Büro selbst nennt. Verspiegeltes Glas soll in Bereichen mit höherem Anspruch an Privatsphäre für reflektierende Effekte sorgen, die das Umfeld in die Fassade einbinden.

© Visualisierung: Julian Breinersdorfer Architekten

STATION D: Monolithische Präsenz von KSP Engel

KSP Engel wählen für ihre STATION eine klare, monolithische Form. Vertikale, gefaltete Fassadenelemente erzeugen eine plastische Oberfläche, die sich je nach Lichteinfall verändern wird.

Die keramische Beschichtung soll diesen Effekt verstärken und der Fassade eine differenzierte Anmutung verleihen. Das Gebäude tritt mit dieser Gestaltung tatsächlich sehr selbstbewusst im Ensemble auf und soll sich zugleich aber als Teil einer größeren städtebaulichen Ordnung verstehen.

© Visualisierung: KSP Engel

STATION E: Zirkuläre Materialität bei LXSY Architektur

Die STATION E von LXSY Architektur soll einen wichtigen Akzent am Quartiersplatz setzen. Charakteristisch für das Gebäude soll eine gewellte Metallhülle werden, die die oberen Geschosse umgeben wird. Der Sockel wird nach den Plänen des Büros aus wiederverwendetem Backstein bestehen und verweist auf die industrielle Bauweise des Umfelds.

Die Kombination aus ReUse-Materialien und neuer Metallhaut soll ein Beispiel für den Anspruch sein, Nachhaltigkeit auch gestalterisch sichtbar zu machen. Das Erdgeschoss soll sich weit zum öffentlichen Raum öffnen.

© Visualisierung: LXSY Architektur

STATION F: Parametrische Gestaltung von LAVA

Die Projektentwickler des Büros LAVA entwickeln die STATION F als Holzhybridbau. Grundlage des Entwurfs ist ein parametrischer Prozess, der auf die Belichtungssituation und energetische Anforderungen reagiert.

Die smaragdgrüne Fassade soll sich künftig nach Süden öffnen und zugleich vor Überhitzung schützen. Begrünte Fassadenbereiche sollen darüber hinaus das Mikroklima verbessern. Innen entstehen durch versetzte Fassadenzonen Nischen und Aufenthaltsräume.

© Visualisierung: LXSY Architektur

STATION G: Cortenstahl als prägendes Material

Für STATION G setzen Tchoban Voss Architekten auf Cortenstahl. Das Material bildet eine rostrote Patina, die dem Gebäude eine warme, zugleich robuste Ausstrahlung verleihen so.

Großzügige Fensterflächen, Balkone und versetzte Volumen schaffen eine plastische Wirkung und sollen damit eine gute Belichtung der Arbeitsräume ermöglichen. Der Bau soll sich auf diese Weise in die geplante städtebauliche Vielfalt des Quartiers „Funkytown“ einfügen und deren industrielle Prägung unterstreichen.

© Visualisierung: Thomas Hillig Architekten

STATION H: Übergang zum Grünraum bei Thomas Hillig Architekten

Die STATION H von Thomas Hillig Architekten bildet, räumlich und baulich, den Abschluss der neuen Gebäudereihe. Das Gebäude wird nach seiner Fertigstellung an eine Kleingartenanlage angrenzen und soll darauf mit Pergolen und einer grünen, holzverschalten Fassade reagieren.

Eine schwungvoll erhöhte Attika soll den städtebaulichen Endpunkt von „Funkytown“ markieren. Das monochrome Grün soll dabei Architektur und Naturraum verbinden und auf den „Übergang von dichter Bebauung zu offener Landschaft“ hinweisen – so jedenfalls der kreative Ansatz.

© Visualisierung: Thomas Hillig Architekten

Neue Impulse: Der Campus „Funkytown“ wird das Quartier an der Rummelsburger Landstraße verändern

Jede STATION des neuen „Funkytown“-Campus soll nach seiner Fertigstellung eine eigene Handschrift tragen und unterschiedliche Entwurfsansätze widerspiegeln. Von musikalischen Bezügen bis hin zu zirkulärem Bauen werden sehr unterschiedliche Konzepte verfolgt.

Gemeinsam soll somit ein Ensemble entstehen, das sowohl funktional als auch städtebaulich Akzente setzen und den Standort Oberschöneweide in seiner Vielschichtigkeit neu interpretieren soll. Wie dieses Großprojekt den Stadtraum an der Rummelsburger Landstraße verändern wird, ist derzeit noch schwer abzuschätzen. In jedem Fall wird die Transformation des brachliegenden Geländes eines der aufwendigsten und vielbeachteten Bauvorhaben im Berliner Südosten werden, soviel ist schon jetzt sicher.

© Visualisierung: Trockland Management GmbH

Anzeige

Quellen: Trockland Funkytown GmbH, Der Tagesspiegel, Deutsches Architektur Forum, KSP Engel Berlin, Architektur Urbanistik Berlin, Graft Architekten, Grüntuch Ernst Architekten, Tchoban Voss Architekten, Julian Breinersdorfer, Thomas Hillig Architekten, LAVA, LXSY, AIP Leipzig