Genf/Moskau. In Russland sollen Ärzte und medizinisches Personal laut dem Bericht einer vom UN-Menschenrechtsrat bestellten Expertin an Folter beteiligt sein. Sie habe mindestens 50 entsprechende Fälle dokumentiert, erklärte die Sonderberichterstatterin für die Lage der Menschenrechte in Russland, Marijana Kazarowa, am Montag in Genf. „Die Unterdrückung in Russland eskaliert leider“, sagte die Bulgarin bei der Vorstellung ihrer Analyse.
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Kazarowa sprach von einem staatlichen System aus Angst und Bestrafung, politischen Gefangenen, die verfolgt, gefoltert und zum Schweigen gebracht würden, sowie erzwungenen Behandlungen in der Psychiatrie. Immer öfter würden dabei Anti-Terror-Gesetze gegen Dissidenten eingesetzt. „Viele Menschen sind nicht wegen Verbrechen, sondern wegen ihres Mutes im Gefängnis“, sagte sie.
Kazarowa hat nach eigenen Angaben mit mehr als 200 russischen und internationalen Menschenrechtsorganisationen gesprochen und fast 100 schriftliche Berichte erhalten. Russland lehnt die Untersuchung der Menschenrechtslage ab und kooperiert nicht mit der bulgarischen Expertin, wie das Außenministerium vor der Ratssitzung mitteilte. Deshalb gebe es auch keine Reaktion auf den jüngsten Bericht, sagte ein Sprecher der Botschaft in Genf.
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Brandmal auf Bauch eines Gefangenen
Kazarowa schilderte den Fall eines ukrainischen Soldaten, der verletzt in Gefangenschaft geriet. Ein Arzt habe ihn zwar korrekt operiert, aber dann ein Brandmal mit den Worten „Ehre sei Russland“ auf dem Bauch hinterlassen. Medizinisches Personal sei aktiv bei Folter mit Elektroschocks dabei gewesen und habe Folterer angewiesen, wie sie vorgehen sollten. Sie stünden tatenlos dabei, wenn Menschen geschlagen und misshandelt werden. Andere Gefangene erlebten Zwangsmaßnahmen in der Psychiatrie. „Zieht die Folterer zur Rechenschaft“, forderte Kazarowa.
Von Anfang 2024 bis Mitte 2025 seien mindestens 912 Personen aus politischen Motiven angeklagt worden, heißt es in dem Bericht. Mindestens 390 seien in Gewahrsam. Viele seien wegen friedlicher Proteste gegen den Ukraine-Krieg festgenommen worden.
Dem UN-Menschenrechtsrat gehören 47 Länder an, deren Vertreter für jeweils drei Jahre von der UN-Vollversammlung gewählt werden. Der Rat kann per Abstimmung unabhängige Experten bestellen, die ihm Berichte vorlegen – über die Lage in einzelnen Ländern oder Regionen oder zu bestimmten Themen.
RND/dpa