Beim Stuttgarter Bark Date suchen Hunde aus dem Tierschutz ein Zuhause. Forschende untersuchen, welchen Einfluss Hunde tatsächlich auf unsere Gesundheit haben.

Die Kandidaten sind ganz leicht zu erkennen: Sie haben alle ein rotes Halstuch umgebunden, auf dem „Adopt me“ steht. 20 Hunde aus dem Tierheim in der Region oder anderen Tierschutzvereinen waren am vergangenen Samstag beim fünften Stuttgarter Bark Date in der Wulfilaanlage in Bad Cannstatt dabei – in der Hoffnung, ihr Für-immer-Zuhause zu finden.

So wie Boone, ein schwarz-brauner Labradormischling, der zurzeit im Stuttgarter Tierheim auf neue Besitzer wartet, Bojka, ein elfjähriger Husky-Rüde aus dem Tierheim Böblingen, und Beppo, eine Pointer-Mischlingshündin, die derzeit auf einer Pflegestelle lebt. Die Hunde präsentieren sich von ihrer besten Seite, sie lassen sich von den Besuchern und Interessenten streicheln, bellen nicht und sind anschmiegsam.

Die Bark Dates sind deutschlandweit beliebt

Entstanden ist die Idee des Bark Dates in Köln im Dezember 2023. Inzwischen veranstaltet die Organisation mehrmals im Jahr in zahlreichen Städten in Deutschland. „Bisher kommt es supergut an“, sagt Isabela Schmid (24), die zum Stuttgarter Orga-Team gehört. Die Idee habe offenbar eine Lücke geschlossen. Viele Tierheime oder Tierschutzvereine präsentieren ihre Hunde online, meist nur mit Fotos und kurzen Porträts.

Ein Ziel des Bark Dates sei auch, mit negativen Klischees über Hunde aus dem Tierschutz aufzuräumen, ergänzt sie. Rund ein Drittel der Hunde würden nach einem Bark Date durchschnittlich vermittelt, so Schmid. In Stuttgart haben laut der Website bei den letzten Bark Dates etwa 15 Hunde ein Zuhause gefunden.

Direkt mitnehmen kann man die Hunde beim Bark Date aber nicht – man muss auch hier erst einmal weitere Treffen mit den Tierschutzvereinen oder den Pflegestellen vereinbaren, viele Gespräche führen – und schauen, ob es wirklich matcht.

Ein Hund aufzunehmen ist eine größere Entscheidung. Auch wenn beim Anblick von Hunden viele gleich schwach werden. Viele angehende Hundebesitzer erwarten von einem Hund vor allem Freude und Spaß – das zeigt eine Umfrage des Forscherteams um Rowena Packer vom Royal Veterinary College in London, die sie kürzlich im Online-Fachjournal „Plos One“ publiziert haben.

Packer forscht zu Verhalten und Wohlergehen von (Haus-)Tieren. Sie und ihr Team haben in einer Analyse 382 Erwachsene und 216 Kinder im Alter von acht bis 17 Jahren in britischen Haushalten befragt und dabei vor allem das Phänomen der „Pandemic Puppies“ untersucht. Sie haben also vor allem Familien einbezogen, die sich während der Coronapandemie einen Welpen angeschafft haben.

Ein Hund braucht Zeit, Pflege und Geduld

Laut der Umfrage haben vor allem die Ersthalter das Kümmern um den Hund als „belastend“ empfunden. Ein Fünftel der Erwachsenen gaben sogar an, dass sie erwartet hatten, dass ihre Kinder mehr mit ihrem Tier spielen, einige Kinder wiederum zeigten sich enttäuscht und gaben an, oft frustriert über das Verhalten des Welpen zu sein.

Der Deutsche Tierschutzbund gibt deshalb immer wieder zu bedenken, dass neben Zeit und Liebe, ein Hund auch Erziehung und Geduld benötigt. Auch Geld, für Futter, Steuer, Versicherung, Tierarzt. „Wer einen Vierbeiner halten möchte, muss sich darüber im Klaren sein, dass er Verantwortung für ein Lebewesen übernimmt“, heißt es auf der Website des Deutschen Tierschutzbundes. Ein Hund könne bis zu 14 Jahre alt werden – und brauche je nach Rasse viel Bewegung.

In sozialen Netzwerken werden immer wieder etwas verkürzte oder irrtümliche Informationen über den psychischen Einfluss von Haustieren vermittelt. Hunde heilten psychische Krankheiten wie Ängste und Depressionen – sogar besser als Medikamente, hieß es die Tage in einem Reel auf dem Account einer Influencerin. Derartige Nachrichten verbreiten sich zuhauf in den letzten Jahren auf Instagram oder Tiktok. Gerne wird dann auf vermeintliche Studien zum Beispiel der Harvard Universität verwiesen.

Aber was ist da wirklich dran? Schaut man sich entsprechende Studien genauer an, ergibt sich in den allermeisten ein differenzierteres Bild. Hunde sind aber in keinem Fall ein Ersatz für eine Psychotherapie oder eine medizinische Behandlung. Die Psychologin Andrea Beetz, Professorin an der IU Internationale Hochschule Erfurt, warnte kürzlich im Gespräch mit unserer Zeitung, ein Hund könne keinen Arzt- oder Therapeutenbesuch ersetzen. Sollte er auch nicht. Für schwer psychisch kranke Menschen zum Beispiel sei es manchmal sinnvoller, so Beetz, zunächst eine tiergestützte Intervention zu machen, als sich selbst ein Tier anzuschaffen.

Dennoch können Haustiere einen positiven Einfluss auf die Gesundheit haben. Beth Frates und Megan Mueller von der Harvard Medical School haben in einer Studie herausgefunden, dass Haustierbesitzer im Durchschnitt länger leben als Menschen ohne Tier. Dies betreffe vor allem Menschen mit Hund – da sie in der Regel wöchentlich auf mehr als 150 Minuten moderate bis intensive körperliche Aktivität kommen. Dies entspricht der medizinisch empfohlenen Mindestbewegung auch hierzulande. „Wer diesen Wert erreicht, kann damit seinen Blutdruck sowie Cholesterin- und Blutfettwerte reduzieren“, sagte Beth Frates, Professorin an der Harvard Medical School bei einer Talkrunde an der Universität.

Und tatsächlich haben Forscher aus Harvard auch herausgefunden, dass Streicheln, Spielen oder Blickkontakt mit Tieren Oxytocin im Gehirn freisetzen sowie den Cortisolspiegel reduzieren kann, was wiederum den Stresslevel im Körper senkt.

Eine Studie aus dem Jahr 2019 eines Forscherteams der Universitäten Wien und Leipzig kam allerdings zu anderen Ergebnissen. Bei manchen Hundebesitzern gab es sehr große Effekte – teils stieg der Oxytocinspiegel um 100 Prozent. Es gab aber große Unterschiede bei den Probanden, bei manchen passierte gar nichts. Es gab demnach kein klares Muster, bei wem und unter welchen Bedingungen das Bindungshormon Oxytocin ausgeschüttet wird.

Positive Effekte auf die Gesundheit nur bei eigenem Einsatz

Allerdings, und das ist die Einschränkung, diese positiven Effekte treten natürlich nur auf, wenn Hundebesitzer wirklich mit ihren Vierbeinern viel Gassi gehen und eine enge Bindung zu ihnen aufbauen, so Frates. Ein Hund sei keine Pille wie zum Beispiel ein cholesterinsenkendes Medikament, das einfach wirkt. Ein Vorteil ergebe sich erst durch eigene Verhaltensänderungen.

Sie warnt aber daher ebenfalls davor, sich unbedacht ein Tier anzuschaffen. Man brauche wirklich Zeit, Geld und Geduld. „Vor allem bei einem Hund muss man auch Größe, Energielevel und die Kraft berücksichtigen“, sagt sie.

Es müsse im Übrigen auch kein eigener Hund sein. Gesundheitliche Effekte entstehen laut Frates auch ohne eigenen Hund: Man könne die Hunde von Nachbarn regelmäßig ausführen oder mit ihnen spielen. „Oder einfach in örtlichen Tierheimen mit Hunden Gassi gehen.“

Diese Erfahrung hat auch Jenny Dürr (27) vom Stuttgarter Orga-Team des Bark Dates gemacht. Sie hat ihre Bachelorarbeit in Sozialer Arbeit über tiergestützte Pädagogik geschrieben. Sie ist Schulsozialarbeiterin und bringt ihren eigenen Hund oft mit in die Schule. „Das hat bei den Kindern schon eine große Wirkung.“ Vor allem Schüler, die nicht so gut integriert seien, blühten in dem Kontakt mit ihrem Hund richtig auf.

Kontakt zu Bark Date

Veranstalter
Auf der Website von Bark Date finden sich alle weiteren Termine sowie welche Hunde jeweils vor Ort teilgenommen haben. Auch gibt es dort eine Übersicht über Happy Ends – also welche Hunde ein Für-Immer-Zuhause bei den Veranstaltungen gefunden haben. (nay)