Im Wiener Rathaus wurde am Montagabend das neue Buch von Autor und Kolumnist Daniel Wisser vorgestellt. „Smart City“ beschreibt das Leben in einer futuristischen österreichischen Planstadt – hinter deren gläserner Fassade die Ideale von Freiheit, Demokratie und Menschenwürde tiefe Risse bekommen.
Es ist ein großes Thema, das Autor Daniel Wisser in einer futuristischen österreichischen Kleinstadt ansiedelt. In schnörkelloser Sprache nimmt der Erzähler die Leserinnen mit nach NEUDA, eine von Mauern umgebene Kleinstadt nahe Wien. Das Konzept der Stadt klingt für viele verheißungsvoll: keine Autos, kein Lärm und kein Müll, keine Kriminalität und keine Migration. Doch die scheinbare Idylle wird von der Protagonistin Morag Oliphant bald in Frage gestellt. Anhand der wachsenden Unruhe und den überraschenden Entdeckungen der Journalistin stellt Wisser kluge Fragen, die Menschen auf aller Welt beschäftigen. Das eher langatmige und trockene erste Kapitel ist bald vergessen – das Buch zieht einen schnell in den Bann.
Technologie zwischen Spionage und Bequemlichkeit
Das „smarte“ an NEUDA: die Automatik und künstliche Intelligenz, die alle Lebensbereiche wie selbstverständlich durchdringt. In den Wohnungen sprechen Raumcomputer mit Menschen, Kameras überwachen jeden Winkel, Roboter säubern die Straßen. Die andauernde Gegenwart der Technik macht das Leben in NEUDA unkompliziert. Aber sie birgt auch eine Gefahr. Denn die stete Überwachung und Ortung aller Bewohner von NEUDA führt zu einer der Gretchenfragen des Buches: Steht die Technologie im Dienst der Menschen, oder ist sie eine Bedrohung?
„Smart City“ schafft es, sich diesem sehr komplexen Thema in kurzweiligen Dialogen und geheimnisvollen Enthüllungen anzunähern. Endgültige Antwort gibt das Buch keine. Vielmehr lässt es verschiedene Stimmen zu Wort kommen, die auch in der österreichischen Öffentlichkeit von heute den Ton angeben: Den rechtskonservativen Redakteur Micha Fink, die aufmüpfige Maria Lisini, die bedachte Morag Oliphant und den libertären Konzernboss Thilo Heuer – um ein paar zu nennen.
Politische Anspielungen
Das Bemerkenswerte an „Smart City“ sind die geschickt inszenierten Verflechtungen zwischen Technologie, Politik, Journalismus und Privatem. Während hinter den Mauern NEUDAs das immer angespannte Verhältnis von Sicherheit und Freiheit diskutiert wird, platziert Wisser immer wieder eindeutige Spitzen gegen die österreichische Politik- und Medienszene von heute.
Credits: ZackZack
Das ließ sich auch der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig nicht entgehen. Eine „smarte City“, wie sie Wisser beschreibt, wird Wien so schnell jedoch nicht werden. Denn das Buch spielt in unbestimmter Zukunft, in der sich längst eine rechtskonservative Elite durchgesetzt hat. Zuletzt spricht Wisser damit eine Warnung aus. Über eine Entwicklung, die sich schon jetzt anbahnt. Wo private Unternehmen heikle öffentliche Aufgaben übernehmen. Wo Kritik als gesellschaftsfeindlich gilt. Und wo sich im netten Gewand der „Technologieoffenheit“ Korruption und Rücksichtslosigkeit die Hände reichen, wenn es niemanden mehr gibt, der genauer hinschaut.
“Smart City” ist im Luchterhand-Verlag erschienen und im Buchhandel erhältlich.