Die Fritz-Bauer-Stele in der Wiederholdstraße – mit Rose und Karte Foto: Stefan Nägele
Die Erinnerung an Fritz Bauer, den in Stuttgart geborenen großen Demokraten und Nazi-Jäger, lebt. Darauf deutet eine Dankeskarte hin, die ein Spaziergänger jetzt entdeckte.
Die Woche begann für Stefan Nägele trotz strömenden Regens mit einer schönen Überraschung. Beim Gassigehen mit seinem Hund in der Wiederholdstraße fiel sein Blick auf eine Karte, die zwischen Steinen steckte, direkt neben der Erinnerungsstele, die dort an den leidenschaftlichen Demokraten, Widerständler und früheren hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer (1903-1968) erinnert.
Bauer war in der Wiederholdstraße 10 aufgewachsen, sein Geburtshaus in der Seestraße befand sich gleich um die Ecke. Beide Gebäude wurden im Krieg zerstört. Die Stele war vor knapp eineinhalb Jahren aufgestellt worden – dank einer Initiative von Schülerinnen des Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums, Bauers früherer Schule, und unserer Zeitung.
Fritz Bauer wurde in Stuttgart geboren und studierte in Tübingen, Heidelberg und München
Die Karte im Stil einer Dankeskarte, die an diesem Morgen die Aufmerksamkeit des Spaziergängers erregte, war vom Regen bereits aufgeweicht, die Schrift aber noch gut zu erkennen. In großen Buchstaben, die eine weibliche Verfasserin vermuten lassen, stand dort zu lesen: „Lieber Herr Dr. Fritz Bauer, vielen Dank für Ihren unermüdlichen Einsatz für die Menschlichkeit. Mögen Sie in Gott ruhen bei ihren Liebsten.“ Dazu eine Sonne, eine Wolke und zwei Herzen. Stefan Nägele staunte. Er fand die Karte „sehr bemerkenswert“. Der Text, mehr noch die Geste, der persönliche Gruß, rührte ihn an. „Welch große Empathie für Fritz Bauer muss vorhanden sein?“, fragte er sich. Und das bald sechs Jahrzehnte nach dessen Tod.
Die Dankeskarte an Fritz Bauer ist nicht unterschrieben – die Verfasserin oder der Verfasser bleibt unbekannt. Foto: Stefan Nägele
Nägele selbst sind Vita und Wirken Bauers in Grundzügen bekannt. Schon aufgrund der Juristerei. Fritz Bauer hatte in Tübingen, Heidelberg und München Jura studiert. In Stuttgart wurde er 1930 mit 27 Jahren jüngster Amtsrichter Deutschlands, ehe ihn die Nazis verhafteten. Nach Exil und Krieg wurde Bauer 1956 Generalstaatsanwalt in Braunschweig und 1956 hessischer Generalstaatsanwalt.
Stefan Nägele, der Finder Dankeskarte, ist seinerseits bundesweit renommierter Fachanwalt für Arbeitsrecht und Honorarprofessor an der Allensbach-Hochschule. Bei seinen Runden mit dem Hund kommt er regelmäßig an der Fritz-Bauer-Stele vorbei. So informativ diese auch sei, sehe er selten jemanden, der länger davor stehenbleibt – bis auf eine Frau, die sich jüngst intensiv mit dem Inhalt beschäftigt habe.
Die Karte mit dem innigen Dank an Fritz Bauer wollte Stefan Nägele nicht dem Regen überlassen. Er nahm sie mit nach Hause, trocknete sie, schweißte sie in Folie ein, um sie wieder an der Stele zu platzieren, damit auch andere sie lesen konnten. Als sie am Dienstag dort befestigte, entdeckte er eine Rose mit Geschenkband. Abermals war er beeindruckt: „Da meint es jemand sehr ernst.“