Inhalt / Kritik
Eigentlich war Lynn (Kelsey Pribilski) froh, ihre alte Heimatstadt hinter sich gelassen zu haben und jetzt ein neues Leben führen zu können. Wäre da nur nicht ihr Bruder Lucas (William Magnusen), der noch immer dort wohnt und mit unheimlichen Videos zu einer kleinen Internetberühmtheit geworden ist. Ein solches zeigt er ihr. Und tatsächlich beunruhigt sie die Aufnahme, nicht nur wegen eines tödlichen Unfalls, während drumherum alles stehenzubleiben scheint. Lucas verfällt zudem in eine eigenartige Trance, als er das Video laufen lässt. Ist das wieder einer seiner Tricks oder steckt mehr dahinter? Nur um sicherzugehen, beschließt sie, doch wieder nach Hause zu fahren. Dort angekommen, dauert es nicht lange, bis die beiden Geschwister noch weitere seltsame Erfahrungen machen – die oft mit Videos zusammenhängen …
Found Footage mal anders
Die etwas Älteren werden sich daran erinnern: Es gab eine Phase, da gab es praktisch kein Entkommen mehr vor Found-Footage-Horrorfilmen. Inspiriert von dem enormen Erfolg von Titeln wie The Blair Witch Project (1999), Paranormal Activity (2007) oder [REC] (2007) wurden ohne Ende Genrebeiträge nach dem Muster gedreht. Immer gab es irgendwelche Wackelaufnahmen, die Authentizität vorgaukeln sollten, wenn so getan wird, als wären das „echte“ Filme. Da waren dann auch viele dabei, bei denen es überhaupt keinen Sinn ergab, dass da jemand mit einer Kamera herumlaufen soll. Die Idee, Aufnahmen irgendwo gefunden zu haben, wurden sowieso ad absurdum getrieben, wenn die Filme an Orten enden, an die sich niemand verirren würde. Entsprechend skeptisch durfte man im Vorfeld bei Man Finds Tape sein, zumal der Titel wie eine Parodie klingt.
Doch schon die ersten Szenen machen neugierig. Nicht nur, dass der Film einen anderen Weg einschlägt, um tatsächlich gefundene Videoaufnahmen in die Geschichte zu integrieren, die deutlich organischer und nachvollziehbarer ist. Die Aufnahmen haben es auch in sich. Dabei sind sie an und für sich harmlos. Wo andere Found-Footage-Werke irgendwelche Monster loslassen oder auf große Schockmomente setzen, da zeigt Man Finds Tape, wie das deutlich einfacher geht. Die eine zeigt Lucas als kleinen Jungen, der in seinem Zimmer schläft, während eine unbekannte Person reinkommt – eine Szene, an die er sich nicht erinnern kann. Auf der anderen ist ein seltsamer Unfall zu sehen. Mit diesen beiden geht quasi die Geschichte los und sie machen nicht nur Lynn neugierig, was da los ist. Beim Publikum ist das ebenfalls der Fall.
Mysteriös und unheimlich
Das unterscheidet Man Finds Tape dann auch von den meisten anderen Genrevertretern aus diesem Bereich: Es gibt einen deutlich höheren Mystery-Faktor. Wo man sonst wenigstens eine grobe Richtung weiß, worum es eigentlich geht, da ist man hier völlig ratlos. Zwar geben Peter Hall und Paul Gandersman, die gemeinsam Regie geführt und das Drehbuch geschrieben haben, frühzeitig erste Hinweise. Sie fügen sich nur zu keinem klaren Bild zusammen, wirken dann doch eher wie eine durchgeknallte Verschwörungstheorie. Und selbst später, wenn die Figuren hinter die Wahrheit kommen, bleiben viele Fragezeichen im Publikum zurück. Wer klare Antworten braucht, sollte deshalb wohl lieber fernbleiben. Dass das notorisch enigmatische Kult-Duo Aaron Moorhead und Justin Benson (Something in the Dirt, The Endless) als Produzenten gewonnen werden konnte, verwundert da nicht wirklich.
Zuweilen verkommt das ein wenig zum Selbstzweck und man hat das Gefühl, dass hier Stimmungen die Geschichte ersetzen sollen. Ein paar Erklärungen mehr wären dann doch ganz schön gewesen, etwa im Hinblick auf die Figuren oder auch die Funktionsweise dieser Trance. Zum Ende hin gehen dem Duo zudem etwas die Tricks aus, weshalb es weniger Eindruck hinterlässt als der Einstieg. Dennoch, der Mystery-Horror, der auf dem Tribeca Film Festival 2025 debütierte, ist einer der interessantesten Found-Footage-Filme der letzten Jahre. Man Finds Tape gelingt es sehr gut, verstörende und verwirrende Szenen zu erzeugen und damit einem totgeglaubten Subgenre neues Leben einzuhauchen.
Credits
OT: „Man Finds Tape“
Land: USA
Jahr: 2025
Regie: Peter Hall, Paul Gandersman
Drehbuch: Peter Hall, Paul Gandersman
Musik: Jimmy LaValle
Kamera: David Coone
Besetzung: Kelsey Pribilski, William Magnuson, John Gholson, Brian Villalobos, Nell Kessler
Filmfeste
Tribeca Film Festival 2025
Fantasy Filmfest 2025
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