Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat
die Ausladung des Publizisten Michel Friedman von einem Auftritt in
Klütz im Kreis Nordwestmecklenburg kritisiert. Die Ausladung sei „ein
direkter Angriff auf die grundgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit in
unserem Land und ein Armutszeugnis für die dortige Gemeinde“, sagte der
Jurist.
Friedman sollte im Oktober 2026 anlässlich des 120.
Geburtstags von Hannah Arendt in Klütz auftreten. Auf Weisung des
Bürgermeisters Jürgen Mevius (Unabhängige Wählergemeinschaft UWG) wurde
die Einladung aber zurückgezogen. Als Begründung führte er unter anderem die Sorge vor
rechten Störern oder Hamas-Sympathisanten an, die in Klütz
demonstrieren könnten. Denn bereits im vergangenen Jahr war eine Lesung in Klütz abgebrochen worden. Damals war ein Auftritt von propalästinensischen Aktivisten gestört worden.
„Beschluss sollte rasch rückgängig gemacht werden“
Die Begründung, man habe Angst vor
Störungen durch Rechtsextremisten und könne nicht die Sicherheit
garantieren, erscheine vorgeschoben bei einer Veranstaltung, die erst in
über einem Jahr stattfinden soll, sagte Klein. „Um weiteren
Imageschaden abzuwenden, sollte der Beschluss im eigenen Interesse rasch
rückgängig gemacht werden.“
Ein vorauseilendes Zurückweichen
staatlicher Stellen vor Demokratiefeinden richte sich gegen die
grundlegenden Werte unserer Gesellschaft, sagte der
Antisemitismusbeauftragte. Dabei sei es unerheblich, dass der betroffene
Redner Michel Friedman jüdischen Glaubens ist. „Es bleibt der Gemeinde
unbenommen, zu gegebener Zeit eine Gefährdungsanalyse durch die
zuständigen Sicherheitsbehörden einzuholen“, sagte Klein.
„Missverständliches Signal“
In einer Pressemitteilung reagierte der Bürgermeister im Namen aller Stadtvertreterinnen und Stadtvertreter auf die Kritik des Antisemitismusbeauftragten. Man verstehe, „dass die Kontroverse um Michel Friedmans Teilnahme an der Hannah-Arendt-Woche ein missverständliches Signal gesendet hat“, schreibt Mevius. „Umso mehr möchten wir bekräftigen, dass Toleranz, Vielfalt und Meinungsfreiheit stets klare Leitbilder unserer politischen Arbeit waren und sind.“
© Lea Dohle
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Gemeinsam mit dem Uwe-Johnson-Literaturhaus und dem Förderverein werde man die Entscheidungsprozesse rund um die geplante Jubiläumsveranstaltung im Detail aufarbeiten, schrieb der Bürgermeister. „Das Literaturhaus ist und bleibt für uns ein Ort, an dem die kritische Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und kulturellen Themen einen wichtigen Platz einnimmt.“
Friedmann soll bei PEN-Demo in Klütz sprechen
Anlässlich der Ausladung hat die Autorenvereinigung PEN für Montag zu einer Kundgebung in Klütz aufgerufen. Dabei wird Friedman als Sprecher angekündigt.
„Welche der öffentlich genannten Gründe in welchem Maß tatsächlich zur Ausladung von Michel Friedman geführt haben, können wir nicht beurteilen“, teilte PEN mit. Aber: „Die Sorge vor (möglichen) Störungen gleich von welcher Seite kann
niemals ein Argument sein, eine Veranstaltung abzusagen. Das
vorauseilende Einknicken vor Leuten, die nicht Kritik im Sinn haben,
sondern Verhinderung, ist inakzeptabel.“
Auch der Hinweis auf angeblich zu hohe Kosten
könne eine Ausladung nicht rechtfertigen, wenn eine Kulturinstitution
„genau für einen solchen Auftritt Fördermittel einzusammeln vermag“, teilte die Autorenvereinigung mit.