• In Bremen wurde der erste Batteriespeicher in Europa mit Natrium-Ionen-Technologie in Betrieb genommen, ein bedeutender Schritt weg von Lithium-Ionen-Akkus.
  • Die Bremer Firma Solares hat zusammen mit Phenogy einen Container entwickelt, der als Stromquelle für E-Autos dient und für verschiedene Anwendungen skalierbar ist.
  • Die Natrium-Ionen-Batterien versprechen hohe Sicherheit, Kosteneffizienz und eine Lebensdauer von mindestens zehn Jahren, was sie attraktiv für industrielle und private Anwendungen macht.

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Seit Mittwoch hat Bremen dem Rest Europas etwas voraus. Denn nun steht in der Hansestadt ein großer Batteriespeicher, der mit Natrium-Ionen arbeitet. Die Bremer Firma Solares hat mit dem Hersteller Phenogy den Container mit den Akkumodulen an den Start gebracht – laut eigenen Angaben sei das einzigartig in Europa.

Von jetzt an bezieht Solares-Geschäftsführer Stefan Thal den Strom für seine E-Autos aus dem Batteriecontainer namens Phenogy 1.0, der an die Solaranlage angeschlossen ist. Und für wie viele Ladungen reicht das? „Wenn man von einem durchschnittlichen E-Auto ausgeht, wären das in etwa 20 Ladungen.

Was ist neu an der Technik?

Laut Phenogy gibt es bereits Speicher, doch diese setzten auf die Lithium-Ionen-Technologie. Und da Lithium derzeit außerhalb Deutschlands abgebaut werde, gelte es, auf Ressourcen zu setzen, die hier vorhanden seien. „Handelswege werden neu verhandelt, Rohstoffe sind strategische Hebel, und Energie wird zum Gradmesser für Souveränität“, sagt Peter Braun. Er ist der Vorstandsvorsitzende und Mitgründer der Phenogy AG mit Sitz in der Schweiz nahe Luzern. Aber Phenogy Europe befindet sich in Bremen in der Überseestadt. Mehrere Jahre hat Phenogy mit seinen etwa 40 Beschäftigten zusammen mit Fraunhofer-Instituten an diesem Großbatteriespeicher getüftelt. Nun sei er marktreif. Phenogy-Technikvorstand Max Kory sieht die Vorteile auch bei der hohen Sicherheit und der zuverlässigen Leistung bei hohen Temperaturen: „Effiziente Luftkühlung bildet die Grundlage für zukunftssichere Systeme mit hoher Kosteneffizienz und geringem Wartungsaufwand.“ Man rechne mit Temperaturen im Inneren von höchstens 60 Grad, was mit Luftkühlung runtergekühlt werde – bereits der VW Käfer setzte beim Motor auf Luftkühlung.

Ist das nur etwas für Unternehmen?

Der standardcontainergroße Batteriespeicher kann modular vergrößert oder verkleinert werden und wäre so ähnlich wie bei Solares in der Bremer Airportstadt eine Lösung für andere Unternehmen. Jedoch gibt es auch einen kleinen Speicher, einsetzbar etwa für ein Mehrparteienhaus. Solares will von Bremen aus diese Speicher in Norddeutschland verkaufen und ist bisher auf die Installation von Solaranlagen spezialisiert. Auf dem eigenen Firmengelände hat das Unternehmen die Natrium-Ionen-Batterie zusammen mit den Wallboxen für die E-Autos innerhalb von vier Wochen mit allen Kabeln installiert. „Das würde aber auch schneller gehen, der Container kommt fertig angeliefert an“, sagt Solares-Geschäftsführer Stefan Thal.

Er hofft auf eine gute Nachfrage, die Nachfrage nach Photovoltaikanlagen sei zuletzt eher zurückgegangen. Die Energiespeicher wären auch für Industrieparks, Quartiere, öffentliche Einrichtungen und kritische Infrastruktur. Die Energiespeicher könnten auch als Notstromversorgung für Krankenhäuser und Rechenzentren dienen.

Was kostet dieser Batteriespeicher?

Über Preise haben die Unternehmen nicht gesprochen. Aber für immer mehr Verbraucher werden dynamische Strompreise zugänglich sein. Das bedeutet: Schon jetzt gibt es Zeiten, in denen Solarpanels und Windparks zu viel Strom produzieren, der überhaupt nicht genutzt werden kann. In diesen Uhrzeiten lohnt es sich, die Batteriespeicher voll zu laden, damit würden sich die Batteriecontainer über einen überschaubaren Zeitraum auszahlen. Die Batterien trügen zur Netzstabilität bei, sagt Peter Braun. Zudem würden die Natriumionen-Batteriespeicher mindestens zehn Jahre halten – das sei länger als die Batteriespeicher anderer Techniken.

Ersetzt solch ein Batteriespeicher daheim für die Heizung sogar die Wärmepumpe?

Theoretisch könne ein solcher Energiespeicher so viel Strom speichern, dass damit ein Elektrokessel betrieben werde, der das Wasser für die Heizkörper erwärme – vorausgesetzt, es sei ausreichend Energie vorhanden. Aber bei dem Thema, da winken sowohl Solares-Geschäftsführer Stefan Thal als auch der Phenogy-Vorstandsvorsitzende Peter Braun ab. Beide sehen die Wärmepumpe als bessere und effektivere Lösung, um Wärme zu erzeugen.

Ist Phenogy nur in Europa unterwegs?

Das Unternehmen hat auch in den USA in Columbia einen Firmensitz. Dort gibt es nach eigenen Angaben bereits einige Energiespeicher auf Natriumionen-Basis. 2019 wurde das Unternehmen gegründet. Die Freude über den ersten Speicher unter realen Bedingungen war auch dem Phenogy-Mitarbeiter Michael Müller anzumerken: „Das ist hier schon ein historischer Tag.“ Er gehört zu denen, die mit an der Technik tüftelten. Entsprechend erläuterte er geduldig mit seinem bodenständigen schwäbischen Zungenschlag den interessierten Gästen den ganzen Vormittag die Technik am Batteriecontainer. Aber nun will Phenogy norddeutsch von Bremen nicht nur den deutschen Markt erobern.

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