Bedrohung durch Russland: Europa arbeitet an einem „Drohnenwall“ Das Unternehmen Helsing präsentiert das unbemannte Kampfflugzeug CA-1 Europa, das mit Künstlicher Intelligenz gesteuert wird. Foto: Peter Kneffel/dpa

Die russischen Provokationen im Nato-Luftraum zeigen, wie verletzlich das Bündnis ist. Die EU will das schnell ändern – dabei soll auch die Ukraine helfen.

Plötzlich geht für europäische Verhältnisse alles sehr schnell. Geradezu geschockt von den jüngsten russischen Provokationen im Nato-Luftraum, wird in Brüssel am Aufbau eines gemeinsamen Verteidigungswalls gegen angreifende Drohnen gearbeitet. Zu diesem Zweck traf sich EU-Verteidigungskommissar Andrius Kubilius am Freitag erstmals mit Vertretern der acht an Russland oder an die Ukraine angrenzenden EU-Mitgliedstaaten sowie Dänemark und der Ukraine per Videoschaltung.

Vor zwei Wochen waren zahlreiche russischen Drohnen in den Luftraum Polens eingedrungen, Nato-Flugzeuge hatten mehrere davon abgeschossen. Das Bündnis interpretierte den Zwischenfall als Beweis für die schnelle Reaktionsfähigkeit, doch es zeigte sich ein zentrales Problem: Kampfjets der jüngsten Generation mussten teure Lenkflugkörper abfeuern, um die billigen russischen Drohnen vom Himmel zu holen. Das rief die Kritiker auf den Plan, die monieren, dass sich die Europäer selbst nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine zu lange in Sicherheit gewähnt hätten. Trotz der rasanten Veränderung des Kriegsgeschehens durch den zunehmenden Einsatz von Drohnen hätten sie zudem die falschen Abwehrsysteme eingekauft.

Finanzierung könnte aus dem EU-Haushalt kommen

Wie der geplante „Drohnenwall“ der Europäer aussehen soll, ist noch unklar. Schnell reagiert hat aber Ursula von der Leyen. Die Nachricht über das Eindringen der russischen Drohnen über Polen war nur wenige Stunden alt, da griff die EU-Kommissionspräsidentin bei ihrer Rede zur Lage der Europäischen Union in Straßburg überraschend einen bisher verschmähten Vorschlag der baltischen Staaten auf, die Abwehrfähigkeiten gegen Drohnenangriffe massiv auszubauen. Dieses „Leuchtturmprojekt“ könne sogar aus dem EU-Haushalt mitfinanziert werden, erklärte Ursula von der Leyen.

In Brüssel wird betont, dass man bei dem Aufbau des „Drohnenwalls“ natürlich von den Erkenntnissen der Ukraine aus ihrem Abwehrkampf profitieren wolle. Dort hat das Militär mit dem System „Himmelsfestung“ auf russische Angriffsdrohnen reagiert, deren Zahl immer mehr zugenommen hat. Die russischen Einwegsysteme – billig, klein, langsam und tieffliegend – werden über ein Netzwerk aus tausenden Mikrofonen geortet und über ihre akustische Signatur für den Abschuss lokalisiert. In der Ukraine kommen dabei auch mobile Trupps auf Pritschenwagen zum Einsatz, die aus Maschinengewehren und Maschinenkanonen mit Nachtsichtoptiken feuern.

Bei der Bekämpfung wird auf das neue Skyranger-System gesetzt

Zuverlässige Dienst leistet in der Ukraine auch der Flugabwehrpanzer Gepard, der bei der Bundeswehr längst ausgemustert wurde. Das heißt nun, dass die bereits aufgelöste Heeresflugabwehrtruppe neu aufgestellt wird. Bei der Bekämpfung von Drohnen wird aber nicht auf den alten Gepard, sondern auf das neue Skyranger-System gesetzt. Die neu entwickelten Geräte werden offensichtlich bereits in der Ukraine getestet.

In der Ukraine werde auch sogenannte Abfangdrohnen mit Erfolg einsetzt. Diese lokalisieren die angreifenden Fluggeräte, schießen sie ab, werfen Netze ab oder stürzen sich in Kamikaze-Manier auf die Gegner. Diese Drohnen zur Verteidigung werden häufig von zivilen Start-ups entwickelt, die auf bereits vorhandene Technik zurückgreifen und schnell auf Entwicklungen reagieren können. Zu den bekanntesten zählt das US-Unternehmen Swift Beat des ehemaligen Google-Chefs Eric Schmidt.

Von sich reden macht vor allem aber das deutsche Unternehmen Helsing, das einen eigenen unbemannten Kampfjet auf den Markt bringen will. Am Standort der Helsing-Tochter Grob Aircraft im bayerischen Tussenhausen stellte die Firma in diesen Tagen unter den Augen des bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder das Design der „CA-1 Europa“ genannten Maschine in Originalgröße vor. Der Erstflug ist für 2027 geplant. Nach dem Willen des Herstellers sollen unbemannte Kampfflugzeuge künftig neben den von Piloten gesteuerten Kampfjets den Kern der Luftwaffe bilden. Dabei werden die sogenannten UCAV (Unmanned Combat Aerial Vehicle) eng mit den Piloten der Kampfjets zusammenarbeiten, aber mithilfe von KI auch autonom fliegen.