Am Sonntag treffen in Nürnberg zwei Teams mit langer Bundesliga-Tradition im Keller der 2. Liga aufeinander. Während die Luft für Hertha-Trainer Leitl nach dem schwachen Saisonstart immer enger wird, richtet sich der Frust beim Club gegen den Vorstand.
Fakten zum Spiel
- Hertha BSC hat nur eins der zurückliegenden sechs Duelle gegen den 1. FC Nürnberg verloren (drei Siege, zwei Remis)
- Im bislang letzten Aufeinandertreffen der beiden Vereine feierte Stefan Leitl sein Debüt als Hertha-Cheftrainer (beim 0:0 am 21. Februar 2025)
- Als Spieler gelang Leitl im Jahr 2001 mit Nürnberg der Aufstieg in die Bundesliga
- In der aktuellen Zweitliga-Tabelle trennt die Alte Dame (15., fünf Zähler) ein Platz und ein Punkt vom Club (16., vier Zähler)
- Nürnberg und Hertha zählen gemeinsam 73 Bundesliga-Jahre und 2.470 Spiele im Oberhaus. Das Aufeinandertreffen am Sonntag (13:30 Uhr) ist stattdessen ein Zweitliga-Kellerduell
So läuft es sportlich beim 1. FC Nürnberg
In puncto verkorkster Saisonstart stehen sich Hertha BSC und der 1. FC Nürnberg kaum in etwas nach. Den ersten Punkt sammelten die Franken erst am vierten Spieltag, stattdessen hagelte es Niederlagen. „Da war im Prinzip direkt die ganze Vorfreude auf die Saison vorbei. Es war eine sehr angespannte Stimmung“, erklärt FCN-Fan und Podcaster Marcus Schultz.
Das er diesen Satz jedoch in der Vergangenheit formuliert, liegt am kleinen Lichtblick, den die Clubberer am vergangenen Wochenende erlebt haben. Mit 2:1 schlugen sie den Bundesliga-Absteiger VfL Bochum und sammelten ihren ersten Saisonsieg ein. „Gottseidank konnten wir den viel zitierten Bock jetzt umstoßen“, sagt Schultz, will aber bloß noch nicht zu viel Optimismus versprühen: „Ich bin mir selbst noch sehr unsicher, wo das ganze hingeht. Das ganze Gebilde ist im Moment noch sehr fragil.“
Das beschäftigt die „Club“-Fans
Dass es im Moment noch hakt, ist wohl keine große Überraschung. Schließlich verzeichnete der Verein im Sommer mehr als 30 Transferbewegungen, 19 Neuzugänge kamen nach Mittelfranken. „Das ist ein neuer Rekord im deutschen Profifußball“, so Schultz. So ganz zufrieden sind die Fans mit dem Personal aber wohl nicht. „Wir haben in den letzten Jahren ziemlich viele Leistungsträger für teuer Geld abgegeben. Man fragt sich in Nürnberg des Öfteren mal, wo denn die ganze Kohle geblieben ist“, sagt der Gegner-Experte.
Deshalb richtete sich der Ärger der Anhänger über den missglückten Saisonstart auch nicht gegen Trainer Miroslav Klose, sondern vor allem Vorstand Joti Chatzialexiou. „Viele sehen den Fehler bei ihm und seiner Transferpolitik“, sagt Schultz.
Kann Trainer Stefan Leitl Hertha aus der Krise führen?
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Auf diese Nürnberger Spieler sollte Hertha besonders achten
Und doch ist es einer der Neuzugänge, den Schultz vor der Partie gegen Hertha in den Fokus rücken möchte. Der Finne Adam Markhiev wechselte wenige Stunden vor Transferschluss aus Zypern zum FCN und gab gegen Bochum sein Startelf-Debüt. „Er hat mir extrem gut gefallen und interpretiert die Sechser-Position sehr druckvoll. Er hat dem Spiel gleich seinen Stempel aufgedrückt“, sagt der Podcaster.
Aber auch Julian Justvan, der in der vergangenen Spielzeit stolze 23 Scorerpunkte (8 Tore, 15 Vorlagen) zur Nürnberger Offensive beisteuerte, dürfe man nie unterschätzen. „Er hatte persönlich nicht so den tollen Saisonstart, dann aber letzten Samstag sein erstes Tor geschossen. Ich glaube, dass er so langsam im Kommen ist und gemeinsam mit Markhiev Hertha vor eine ziemliche Aufgabe stellen kann“, so Schultz.
Das sagen die Trainer
Miroslav Klose (1. FC Nürnberg): „Ich habe etwas mehr Leichtigkeit im Training gesehen. Was mir aber besonders gefallen hat, war die Einstellung der Jungs. Sie wissen, dass wir liefern müssen.“
Stefan Leitl (Hertha BSC): „Wir sind noch früh in der Saison und es gibt Vereine, die nicht so spielen, wie man sich das vorstellt. Dazu gehören Hertha und Nürnberg. Es wird ein schwieriges Spiel für uns werden. Wir müssen unsere Leistung bringen und als Mannschaft eine gewisse Aktivität aufs Feld bringen. Dann sind wir überzeugt davon, dass wir dort punkten werden.“
„Ich nehme mich als Erstes selbst in die Pflicht, bessere Leistungen zu zeigen“
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So könnte Hertha spielen
Hertha-Trainer Stefan Leitl gab im Vorfeld der Partie vorsichtig grünes Licht für seinen Stürmer Dawid Kownacki. Dieser war bei der Niederlage am vergangenen Wochenende mit dem Paderborner Keeper zusammengeprallt, könnte gegen Nürnberg aber wohl wieder einsatzbereit sein. „Sollte Dawid nicht spielen können, wird Sebastian Grönning spielen“, so Leitl. Auch Supertalent Kennet Eichhorn hatte im Training einen Kopftreffer abbekommen, wird am Sonntag aber wieder in der Startelf stehen.
Unklar ist noch, wie der Trainer sein Team defensiv aufstellen wird. Mittlerweile scheint die Viererkette das System der Wahl, in der zuletzt Linus Gechter als Rechtsverteidiger im Einsatz war. „Linus ist sowohl für die Innen- als auch für die Außenverteidigung eine Option“, so Leitl, „wir haben für die Außenverteidigung aber auch eine neue Alternative, weil Michal Karbownik wieder zurückgekehrt ist.“
Herthas mögliche Startelf: Ernst – Gechter, Leistner, M. Dardai, Zeefuik – Eichhorn, Jensen – Winkler, Cuisance, Reese – Kownacki
Die Prognose
Der Tipp des Gegner-Experten: „Es wird auf jeden Fall eine enge Kiste. Ich rechne mit einem Unentschieden, hoffe aber auf einen knappen 2:1-Sieg des FC Nürnberg“, sagt Marcus Schultz.
Der Redaktionstipp: Die Partie in Nürnberg könnte für Hertha-Trainer Leitl bereits zum Do-or-Die-Spiel werden. Auch die Gastgeber stecken allerdings in einer Krise und setzen auf Ballbesitzfußball, um dort wieder herauszukommen – dass liegt dem Berliner Coach, wie der Sieg in Hannover gezeigt hat. Leitl und Hertha ziehen den Kopf aus der Schlinge und holen einen 2:1-Auswärtssieg.
Sendung: DER TAG in Berlin & Brandenburg, 26.09.2025, 18 Uhr