Wien – Monatelang stand eine Jugendbande im Verdacht, die damals 12-jährige Mia (Name geändert) sexuell missbraucht zu haben. Der Fall aus dem Wiener Problemviertel Favoriten sorgte weit über die Grenzen Österreichs für Entsetzen. Jetzt das unerwartete Urteil: Alle Angeklagten wurden freigesprochen!
Freispruch am Freitagnachmittag
Am Freitagnachmittag verkündete Richter Daniel Schmitzberger nach nur einstündiger Beratung mit den Schöffen den Freispruch im Prozess vor dem Landesgericht Wien.
Vor dem Landesgericht Wien (Österreich) verkündete der Richter das Urteil: Die Jugendbande, die Mia (damals 12) vergewaltigt haben soll, wurde freigesprochen
Foto: picture alliance / ZB
In seiner Begründung erklärte der Richter: „Eine Einschüchterung hat sich in der Polizeivernehmung der Geschädigten nicht gefunden. Das Mädchen hat nie von einer Gruppenvergewaltigung gesprochen. Sie hat gesagt, dass sie nie bedroht oder geschlagen worden ist.“
Damit folgte das Gericht den Verteidigern der Angeklagten, die betont hatten, Mia (heute 15), sei freiwillig zu den Treffen gegangen. „Wenn ich Nein sagte, baten oder umarmten sie mich, bis ich Ja sagte“, soll das Kind in einer Vernehmung erklärt haben.
Für Mia, die mit 12 Jahren noch ein Kind war, bedeutet der Freispruch, dass ihre Aussagen nicht ausreichten, um die Taten zu belegen. Für Betroffene sexualisierter Gewalt kann dies eine zusätzliche seelische Belastung sein.
Mädchen soll monatelang missbraucht worden sein
Laut Anklage hatten sich die jungen Männer – Syrer, Nordmazedonier, Türken und Bulgaren (16 bis 21 Jahre) – über Monate an dem Kind vergangen. Für den angeklagten schwersten Übergriff, im April 2023, sollen sie laut der Anklage ein Hotelzimmer für 56 Euro gebucht haben, in dem Mia eine ganze Nacht lang missbraucht worden sei.
In einem angemieteten Zimmer in diesem Hotel in Wien sollen die jungen Männer laut Staatsanwaltschaft über das damals 12-jährige Mädchen hergefallen sein
Foto: Joerg Voelkerling
In Parkhäusern, Kinderzimmern und Privatwohnungen rund um den Wiener Antonsplatz soll Mia immer wieder zum Sex gezwungen worden sein – so die Anklage. Ein heimlich gedrehtes Video zeigte sie mit mehreren Jugendlichen. Zu hören ist die Stimme des Kindes: „Hör auf!“
Einer der Tatorte laut Staatsanwaltschaft: das Parkhaus am Hauptbahnhof Wien
Foto: Joerg Voelkerling
Im Gericht zeigten sich die Angeklagten schon vor der Urteilsverkündung siegessicher, frech und ohne jede Spur von Reue. Fotografen wurden als „Arschlöcher“ beleidigt.
„Freispruch entwürdigt Opfer noch mehr“
Für Sascha Flatz, den Anwalt des Opfers, ist das Urteil ein Schock. Gegenüber BILD sagte er: „Dieser Freispruch ist verheerend und entwürdigt das Opfer noch mehr. Wenn sie zu den Treffen ging, heißt das doch nicht, dass sie sich von einer Vielzahl von Typen vergewaltigen lassen wollte. Sie ist aus Angst und Naivität da hingegangen. Kein Kind mit 12 Jahren hat freiwillig Sex in einem Zimmer, wo zahlreiche Leute zusehen. Das sagt der gesunde Menschenverstand.“
Für Sascha Flatz, Anwalt des Opfers, ist das Urteil ein Schock
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