Der Bundesrat hat beschlossen, einen Gesetzentwurf zur Reform der Organspende in Deutschland auf den Weg zu bringen. Dem Entwurf nach würde künftig jeder Bürger grundsätzlich als Organspender gelten, sofern er zu Lebzeiten nicht widersprochen hat.

In Deutschland ist eine Organspende derzeit nur erlaubt, wenn jemand zu Lebzeiten seine Zustimmung dazu gegeben hat. Dies kann beispielsweise durch einen entsprechenden Eintrag im Organspendeausweis erfolgen. Auch durch die Zustimmung der Angehörigen ist eine Organspende nach dem Tod möglich.

Der Widerspruch soll gemäß dem Gesetzentwurf des Bundesrats im Organspende-Register, mittels eines Organspendeausweises, in einer Patientenverfügung oder auf sonstige Weise dokumentiert werden. Eine Begründung ist nicht erforderlich. Liegt kein schriftlicher Widerspruch vor, werden die Angehörigen gefragt, ob die Person zu Lebzeiten einen entgegenstehenden Willen geäußert hat.

Eltern entscheiden für Kinder

Bei Minderjährigen sollen dem Entwurf zufolge die Eltern über eine mögliche Organspende entscheiden – es sei denn, das Kind hat bereits zu Lebzeiten seine Position deutlich
gemacht. Bei Menschen, die die Bedeutung und Tragweite einer Organspende nicht erkennen können, würde nach dem Länderentwurf eine Organentnahme grundsätzlich nicht erlaubt.

Der Bundesrat hatte einen gleichlautenden
Vorstoß zur Änderung des Transplantationsgesetzes schon 2024
verabschiedet. Dieser wurde aber vor den Neuwahlen nicht mehr im
Bundestag behandelt und muss daher erneut eingebracht werden. Im
vergangenen Dezember diskutierte der Bundestag allerdings einen
Gruppenantrag seiner Abgeordneten zur Widerspruchslösung. Über diesen
wurde aber nicht mehr abgestimmt, womit die Initiative in der jetzt
laufenden Legislaturperiode neu eingebracht werden müsste.

Mehrheit positiv gegenüber Organspende eingestellt

Hintergrund des Entwurfs ist die große Lücke zwischen
dringend benötigten Spenderorganen und tatsächlichen Organspenden
, obwohl eine
Mehrheit der Bevölkerung der Organspende gegenüber positiv eingestellt ist. NRW-Gesundheitsminister
Karl-Josef Laumann (CDU) sagte bereits am Donnerstag, die Regelung könne
helfen, die Zahl der Organspenden zu erhöhen und so Leben zu retten. 

© Lea Dohle

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„Laut Studien liegen die Zustimmungsraten zur Organspende in
Deutschland bei mehr als 80 Prozent
. Wir haben also keinen Mangel an Menschen,
die nach ihrem Tod Organe spenden möchten – sondern ein Dokumentationsproblem“,
sagte der NRW-Gesundheitsminister. Die Einführung der Widerspruchslösung könne
dieses Dilemma beenden. Das zeigten auch die Zahlen europäischer Nachbarländer,
die sich für diese Regelung entschieden haben.

Kritik von Stiftung Patientenschutz

Kritik an der Widerspruchsregelung gibt es unter anderem von
der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Schweigen sei keine Zustimmung. „Auch
greift die Widerspruchslösung erheblich in die körperliche Unversehrtheit ein.
Schließlich müssen vor der Feststellung des Hirntods medizinische Maßnahmen
ergriffen werden, um eine mögliche Organentnahme nicht zu gefährden“,
sagte Vorstand Eugen Brysch der Nachrichtenagentur KNA. Er widersprach auch der
Einschätzung, dass allein eine Widerspruchslösung zu viel mehr
Transplantationen führen werde.

Der ehemalige Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Peter
Dabrock, sagte im Sender WDR 5, die Regelung würde der Organspende schaden und das Vertrauensdefizit in die Transplantationsmedizin verstärken.
Wenn es um Leben und Tod gehe, dürfe Schweigen niemals als Zustimmung gewertet
werden. Das widerspreche einem Grundprinzip der Medizinethik in Deutschland, sagte
der evangelische Theologe und Professor für Ethik an der Universität Erlangen. 

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