Für Emmys Lieblingslied braucht es einen Regenschirm. Den hat die Sechsjährige auch gleich parat. Etwas schüchtern stehen die Kinder mit ihren bunten Schutzschildern gegen Nässe vor Jianing Li. Dann aber stimmt die Lehrerin den Song „Sommerregen“ an. Die Grundschüler singen mit, drehen ihre Schirme in den Händen und strecken sich fast wie beim Ballett. Von den zuschauenden Eltern gibt es am Ende Applaus für diese kleine Choreografie.

Davon, dass Singen im Chor den Teamgeist, das Selbstvertrauen und die kulturelle Teilhabe fördert, ist Li überzeugt. Die 30-Jährige spielt während der rund dreiviertelstündigen Probe beeindruckend mit den Tönen, singt sehr hoch, mal tiefer und setzt sich zwischendurch für einige Akkorde an das Klavier. „Ich möchte den Kindern einen spielerischen Zugang zur Musik ermöglichen“, sagt Li. Deshalb wird in Garath nicht nur gesungen, sondern auch getanzt – mit Regenschirmen in den Händen oder bunten Tüchern.

Vor Jahren hatte das Kulturhaus Süd bereits einen eigenen Kinderchor. Während der Corona-Pandemie habe sich dieser aber aufgelöst, berichtet Diana Pohler. Sie ist seit dem vergangenen Jahr die Leiterin von Düsseldorfs größtem Bürgerhaus und sagt: „Ein Kinderchor passt richtig gut in unser Portfolio.“ Schließlich ist das Haus an der Fritz-Erler-Straße ein Ort für Unterhaltung, aber auch einer, um zusammenzukommen. Außerdem nutzt unter anderem die städtische Clara-Schumann-Musikschule das Kulturhaus Süd für den Unterricht.

Mit ihrer Idee von einem neuen Chor ging Pohler schließlich auf die Musikschule zu. Seit Kurzem gibt es nun an jedem Mittwochnachmittag das neue Angebot. Und dieses richtet sich ganz bewusst an sehr junge Mädchen und Jungen: Die Teilnehmer sind gerade einmal im Grundschulalter. Einige von ihnen haben bereits die Kurse der musikalischen Früherziehung genutzt, die die Musikschule an Vier- bis Sechsjährige richtet. „Danach waren aber viele Kinder weg“, sagt Jianing Li. Nun haben sie die Möglichkeit, im Chor weiter zu musizieren.

Katharina aus Itter zum Beispiel hat ihre Tochter direkt nach der musikalischen Früherziehung im neuen Kinderchor angemeldet. Tanja aus Hellerhof dagegen sagt: „Ich habe auf die Homepage des Kulturhauses geguckt, weil es dort immer wieder tolle Angebote gibt.“ Eher zufällig entdeckte sie so den neuen Kinderchor – seitdem ist ihre Tochter Emmy dabei und hat das Lied „Sommerregen“ der Künstlerin „Ida im Liederkasten“ zu ihrem Lieblingssong auserkoren.

Die Resonanz für das Projekt sei bislang sehr positiv, sagt Diana Pohler. Mittlerweile proben 14 Grundschüler gemeinsam in den Räumen des Kulturhauses Süd. Zuletzt haben aber auch immer wieder Eltern mit ihren Kindern den Proben zugeschaut, die Interesse an einer Teilnahme haben. Sian zum Beispiel ist die Mutter von Nele. „Wir haben von anderen Eltern von dem Kinderchor erfahren“, erklärt die Düsseldorferin. Bei der nächsten Probe wird Nele vielleicht schon als Sängerin ein Teil der Gruppe sein.

Ob die Kinder schon Musik-Erfahrung haben oder nicht, sei für den Chor nicht wichtig, betont Jianing Li. „Bei uns sollen Kinder ihre Stimme entdecken, Kreativität entfalten und gemeinsam wachsen“, sagt sie. Ihr gefällt besonders, dass die Jungen und Mädchen so mutig sind. „Sie schlagen eigene Lieder vor und bringen Wünsche ein.“

Li selbst ist in China aufgewachsen und studierte in Kassel und Dresden Gesangspädagogik sowie elementare Musikpädagogik. Seit dem vergangenen Jahr wohnt sie in Düsseldorf und gehört zum Kollegium der Clara-Schumann-Musikschule. Das Kulturhaus Süd kannte sie bereits, weil sie vor Ort unterrichtet. Für ihre neue Aufgabe hat Li nicht nur neue Kinderlieder, Volkslieder und zu den Jahreszeiten passende Songs herausgesucht. Sie hat auch einige Auftritte anderer Kinderchöre besucht. „Da habe ich mir einige Notizen gemacht“, sagt die 30-Jährige. Kleinere Auftritte sind auch das Ziel des Kinderchores im Kulturhaus Süd. Ziel ist es, dass die Jungen und Mädchen erstmals beim Weihnachtsmarkt am Schlosshof in Garath öffentlich auftreten.