Kunst im Nachverkauf: So kann man noch Raritäten erwerben.

Es ging dem Kunstmarkt schon besser. Zwischen dem 1. Januar und dem 30. Juni wurden bei Auktionen weltweit zwar Kunstwerke im Wert von 4,7 Milliarden US-Dollar versteigert, wie das Onlineportal Artnet jüngst in seinem „Artnet Intelligence Report“ veröffentlichte. Allerdings sind das fast neun Prozent weniger als im gleichen Zeitraum 2024. Der größte Verlierer der Saison war ausgerechnet eine Büste von Alberto Giacometti, sonst ein Erfolgsgarant. „Grande tête mince (Grande tête de Diego)“ von 1955 blieb bei Sotheby’s unverkauft – für die Kunstwelt ein kleiner Skandal, schließlich hatte man ihren Wert auf 70 Millionen US-Dollar geschätzt.

Wie funktioniert der Nachverkauf?

Wenn ein Kunstwerk bei einer Auktion ein spektakuläres Ergebnis erzielt, dann macht das Schlagzeilen, wenn es krachend verliert, auch. Ich persönlich verfolge gerne die Schlusslichter, also die Lose, die niemand wollte. Zum Beispiel im Nachverkauf des Berliner Auktionshauses am Grunewald. Das Haus hat sich nämlich auf erschwingliche(re) Arbeiten des 20. und 21. Jahrhunderts spezialisiert, weshalb man viele Druckgrafiken, Lithografien, Kleinserien oder signierte Postkarten findet. Wer durch die Lose stöbert, entdeckt nicht selten Arbeiten, die mit einem Startpreis von 200 oder 300 Euro ins Rennen geschickt werden. (Hinzu kommt – das darf man nicht vergessen – immer noch ein Aufpreis von über 30 Prozent, den man direkt ans Auktionshaus zahlt.) Wird etwas nicht verkauft, geht es meist zum Startpreis in den Nachverkauf. Das ist nicht nur beim Auktionshaus am Grunewald der Fall, sondern natürlich auch bei allen Häusern wie Grisebach, Karl & Faber, Ketterer oder Quittenbaum.

Wenn man Glück hat, kann man Ikonen erwerben

Bereits im Juli entdeckte ich beim Auktionshaus am Grunewald einen Offsetdruck auf Büttenpapier von Niki de Saint Phalle, signiert und in einer Serie von 100 erschienen; für 500 Euro plus Aufgeld hätte man ihn haben können. Außerdem wartete Verner Pantons „Cone Chair“ in schwarzem Leder auf ein neues Zuhause. Dieser Lounge Chair ist zwar keine absolute Rarität, allerdings handelte es sich bei dem hier zu versteigernden Exemplar um eine frühe Edition, die man für nur 400 Euro hätte haben können – bei Sekundärplattformen wie Pamono kostet die Stoffvariante das Dreifache. In der Herbstauktion Mitte September blieb unter anderem eine Lithografie von Markus Lüpertz für 300 Euro liegen, außerdem ein Offsetdruck von Rosemarie Trockel oder eine Farblithografie von Alexander Calder, immerhin im Blattmaß 65 mal 50 Zentimeter.

Dem Kunstmarkt ging es schon besser – für die Branche ist das schlecht, für alle, die sich bisher nicht auf Auktionen getraut haben, aber eine gute Gelegenheit zum Einstieg. Ich mag die hitzige Atmosphäre, die bei einer Auktion entsteht, habe aber selbst noch nie auf etwas geboten. Der Nachverkauf fühlt sich nach einer sicheren Variante an. Vier bis acht Wochen werden die Stücke dort üblicherweise angeboten. Übrigens: Wer den Auktionsmarkt besonders aufmerksam verfolgt, hätte letzte Woche einige Möbelstücke von Ettore Sottsass ergattern können, als das Inventar des insolventen Modeunternehmens Esprit versteigert wurde. Neben ungefähr 40 Autos und 500 Elektrogeräten wurden auch Möbel der Memphis-Ikone versteigert. Wie so oft gilt: Der wahre Reiz liegt nicht im Rekordpreis, sondern im unerwarteten Fund.