Ein Prosit: Frank Nopper (li.) und Winfried Kretschmann Foto: Ferdinando Iannone
Das 178. Cannstatter Volksfest hat begonnen. Zweimal schlug OB Frank Nopper auf den Zapfhahn, dann floss das erste Bier
Es ist Volksfest. Und auch schon ein bisschen Wahlkampf. Manuel Hagel wäre qua Amtes als Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion ohnehin zur Eröffnung des 178. Cannstatter Volksfestes ins Dinkelacker-Zelt gekommen. Aber als Möchtegern-Landesväterle schadet es nicht, sich blicken zu lassen. Konkurrent Cem Özdemir ward nicht gesehen. Dafür war nach langer Pause mal wieder Winfried Kretschmann dabei.
Abschied: Die Festwirtsfamilie Klauss Foto: Ferdinando Iannone
Unerhörterweise nimmt ja die Bundespolitik wenig Rücksicht auf die Rituale des Volksfestes, und so tagen seit jeher die Ministerpräsidenten der Länder in jener letzten Septemberwoche, und da muss der Kretschmann halt dabei sein. Auch wenn es natürlich nichts Wichtigeres gibt als die Eröffnung des Volksfestes. Man frage nach bei Stuttgarts OB Frank Nopper.
Später dazu mehr. Bleiben wir zunächst beim Ministerpräsidenten. Der mischte mit seinem Outfit nämlich die Kleiderordnung auf. Dunkler Anzug, dazu ein Trikot mit rotem Brustring. Der Mann ist ein Grüner mit tiefroter Seele. Sein unglückseliger Vorgänger Stefan Mappus war ja Fan des FC Bayern und des „1. FC Baden-Württemberg“.
Solche Anbiederei ist Kretschmann fremd. Aber mit dem VfB-Trikot zum Volksfest? Das ist neu. Und war tatsächlich nicht geplant. Mit allerlei Verspätung schaffte er es los aus Berlin, da sei keine Zeit mehr geblieben um sich in standesgemäße Kluft zu werfen. Aber ein „VfB-Trikot habe ich halt immer im Auto“. Was seine Frau über die Wahl seiner legeren Kleidung sagt, wissen wir nicht, aber Hauptsache, er fühlt sich wohl.
Nicht immer wohl fühlte sich beim Volksfest Kretschmann junior. Mit Spross Albrecht saß Winfried Kretschmann einst in der Schiffsschaukel, also der „riesigen“. Das „hat der Bub nicht vertragen“. Aber raus ging ja nicht mehr. „Dann hogsch do und kannsch nix macha!“ Das darf man durchaus als Synonym für Politik verstehen. „Jetzt war der Kerle halber heh.“ Was lernen wir daraus: „Du musch Dir gut überlega, ob Du in so eine Kotztrommel gehst, oder lieber zu einer Schießbude.“ Man darf das mittlerweile sagen als Grüner, das mit der Schießbude.
Auf rhetorisches Dauerfeuer versteht sich OB Frank Nopper. Der Mann hat eine Festzeltstimme, die er bei Bedarf hochdrehen kann, um auch den letzten Winkel des Zeltes zu erreichen. Er bleibt nirgends ungehört. Und glaubt, Kretschmann hätte ja noch eine Amtszeit drangehängt, wenn es überall im Lande so nett wäre wie auf dem Volksfest. Da hätte er aber beinahe dem Parteifreund die Laune verhagelt. Aber keine Angst, das nächste Mal kommt der Kretschmann als Privatier. In den Ruhestand gehen auch die Brüder Werner und Dieter Klauss nach 26 Jahren als Dinkelacker-Wirte. Nopper überreichte zum Dank einen Kuchen und reimte: „Die Gebrüder Klauss und Klauss sorgen stets für volles Haus.“ Noch ein Gedicht? „Vom Greise bis zum jüngsten Racker, alle trinken Dinkelacker!“
Profi bei der Arbeit: Frank Nopper beim Fassanstich Foto: Ferdinando Iannone
Von wegen. Noch saßen alle auf dem Trockenen. Zunächst musste der OB das erste Fass anstechen, damit sich die Dürstenden laben konnten. Nopper beeilte sich. Zwei Schläge, das 178. Cannstatter Volksfest war eröffnet. Und weil dann Party angesagt war, kürzte man das Württemberg-Lied ab, sang eine Schmalspurversion. Man stelle sich das mal bei den Brüder und Schwestern im Westen vor? Ein kastriertes Badner-Lied! Aber gut. Moderatorin Stephanie Haiber wünschte dann noch einen „schönen Wasen 2025“. Was auch immer das sein mag, dieses ominöse Fest namens Wasen. Wir anderen feiern solange das Volksfest.
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