Bundestag will drei neue Verfassungsrichter bestimmenElf Wochen, nachdem die kurzfristig abgesetzte Richterwahl die schwarz-rote Koalition in eine schwere Krise gestürzt hat, nimmt der Bundestag einen neuen Anlauf, drei Posten beim Bundesverfassungsgericht zu besetzen. Er stimmt an diesem Donnerstagnachmittag über Günter Spinner, Ann-Katrin Kaufhold und Sigrid Emmenegger ab. Die beiden Frauen sind von der SPD nominiert worden, Spinner von der Union.
Damit sie jeweils eine der 16 Richterstellen an Deutschlands höchstem Gericht einnehmen können, müssen sie eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bekommen und zugleich die Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder des Bundestages – letzteres wären mindestens 315 Stimmen. So ist es im Bundesverfassungsgerichtsgesetz geregelt. Abgestimmt wird in einem Wahlgang: Auf den Stimmzetteln werden also alle drei Namen stehen, bei denen die Abgeordneten jeweils „Ja“ oder „Nein“ ankreuzen oder sich enthalten können.
Die Wahl ist geheim, das macht sie spannend. Um nicht auf Stimmen der AfD angewiesen zu sein, benötigt die schwarz-rote Koalition weitere Stimmen von den Grünen wie von der Linken. Diese hat ihren Abgeordneten ihr Votum freigestellt. Union, SPD und Grüne haben bereits ihre Zustimmung erklärt und halten die Wahl für ungefährdet.
Am 11. Juli war das anders: Da die Fraktionsspitze von CDU und CSU nicht mehr garantieren konnte, dass die eigenen Abgeordneten geschlossen für die von der SPD nominierte Juristin Frauke Brosius-Gersdorf stimmen würden, wurde die Wahl aller drei Kandidaten kurzerhand von der Tagesordnung genommen. Die SPD war wütend auf die Union, die ihren Vorschlag zuvor mitgetragen hatte; die Koalition ging mit einem ernsten Zerwürfnis in die Sommerpause. Im August erklärte Brosius-Gersdorf den Verzicht auf ihre Kandidatur, an ihrer statt nominierte die SPD Sigrid Emmenegger.
Wolfgang Janisch, Korrespondent der SZ in Karlsruhe, über Ideen, wie das Verfahren zur Besetzung des Bundesverfassungsgerichts reformiert werden könnte (SZ Plus):