Bei Jahrhundertflut 2002
Seebär Gaston trieb fast 300 Kilometer durch die Elbe
27.09.2025 – 11:55 UhrLesedauer: 2 Min.
Ein Seebär (Symbolbild): Bei dem Jahrhunderthochwasser wird Seebär Gaston aus seinem Becken im Prager Zoo gespült. (Quelle: imago stock&people)
Bei der Jahrhundertflut 2002 wurde ein 250-Kilo-Seebär an Dresden vorbei gespült. Während die unglaubliche Geschichte bei der verheerenden Zerstörung fast „unterging“ – wurde Gaston in Tschechien zum Nationalheld.
Mitte August 2002, Dresden. Die Elbe steht bei über 9 Metern – normalerweise sind es zwei. Ganze Stadtteile versinken in den braunen Fluten. Mehrere Stadtteile werden evakuiert – das Krankenhaus Neustadt wird als erstes Krankenhaus geräumt.
Irgendwo in diesen gewaltigen Wassermassen muss ein Seebär durch Dresden getrieben sein. Bei diesem Chaos, zwischen Treibgut, entwurzelten Bäumen und Trümmern, war es möglich, dass selbst ein 250 Kilogramm schwerer Meeressäuger nicht auffiel. Berichte über Augenzeugen, die den Seebär bei Dresden in den Fluten gesichtet hätten, sind nicht bekannt.
Der Seebär heißt Gaston, zwölf Jahre alt, 250 Kilogramm schwer. Am 13. August schwemmte die Elbe Gaston aus seinem Becken. Die Tierpfleger mussten über 1.000 Tiere evakuieren – doch 134 Tiere schafften sie nicht rechtzeitig in Sicherheit. Gaston aber schwamm einfach davon und die Moldau trug ihn in die Elbe.
Die Tierpfleger aus Prag starteten eine verzweifelte Verfolgungsjagd in Schlauchbooten: Die Helfer lockten Gaston mit gesalzenen Fischen, doch der clevere Seelöwe zog Kreise um ihre Boote und entzog sich jedem Einfangversuch.
Die Pfleger wussten: Ein an Menschen gewöhntes Salzwasser-Tier wird im Süßwasser nicht lange überleben. Gaston war in Gefangenschaft aufgewachsen, er kannte nur sein Becken und die täglichen Fütterungen.
Der Seelöwe muss weiter elbabwärts getrieben sein – vorbei an Meißen und Torgau. Erst am 19. August dann die erlösende Meldung: Fischer entdeckten bei Wittenberg einen völlig erschöpften Seelöwen auf einer Sandbank. Nach fast 300 Kilometern endete Gastons unfreiwillige Odyssee.
Beim ersten Rettungsversuch entwischte der geschwächte Gaston noch einmal, doch Tierärzte aus Leipzig eilten nach Wittenberg und betäubten den Ausreißer schließlich mit einem Narkosegewehr. Die Retter befürchteten bereits, dass der zwölfjährige Seelöwe krank sei.
Er hätte der Held der Flut werden können.
Zoo-Sprecher Vit Khale
Am 20. August, morgens um sechs Uhr, starb Gaston während des Rücktransports nach Prag. Die Strapazen der tagelangen Odyssee, das ungewohnte Süßwasser und der Stress der Gefangennahme waren wohl zu viel für das erschöpfte Tier.
„Wir sind sehr, sehr traurig“, sagte Zoo-Sprecher Vit Khale damals. „Er hätte der Held der Flut werden können.“