Die Radparade in Seckenheim findet in diesem Jahr zum fünften Mal statt. Die Teilnehmenden fordern: Ein sicheres Radkonzept für Seckenheim und sichere Radwege. Besonders gefährlich sei demnach die Situation in der Seckenheimer Hauptstraße, denn dort komme alles zusammen: motorisierter Verkehr, Straßenbahn und Fahrräder.
Nachdem 2016 die Straße umgestaltet wurde, hat sich die Situation nach Angaben der Bürgerinitiative „Radstark“ eher verschlechtert. An manchen Stellen muss man die Schienen überqueren oder der Radweg verläuft sogar zwischen den Schienen.
Seckenheimer Hauptstraße: Unfallschwerpunkt?
Pro Jahr landen in der Seckenheimer Hauptstraße ungefähr 30 Radfahrende mit ihrem Rad in den Schienen, auch wenn es dabei nicht zu einem Unfall kommt, sagt Ralf Kittel von der Bürgerinitiative „Radstark“. Diese Fälle tauchen allerdings nirgends auf. Das Problem: Ohne Sachschaden oder Aufnahme der Polizei werden sie in der Unfallstatistik schlichtweg nicht erfasst.
Um die Probleme der Radfahrenden in Seckenheim zu dokumentieren, hat die Initiative vor ein paar Jahren angefangen, diese Fälle zu sammeln. Mittlerweile meldeten sich die Betroffenen sogar selbst, so Kittel. In den letzten drei Jahren gab es demnach 19 Unfälle in der Seckenheimer Hauptstraße, manche davon auch schwer.

Marie und ihre Familie. Sie hatte selbst schon einen Unfall auf der Seckenheimer Hauptstraße und brach sich dabei das Handgelenk.
Marie ist genau das passiert, was viele in Seckenheim fürchten. Die 37-Jährige ist im Sommer diesen Jahres bei nassem Wetter in die Schienen gerutscht und hat sich durch einen Sturz das Handgelenk gebrochen. Deshalb meidet sie mittlerweile die Hauptstraße.
Allgemein fühle sie sich die dreifache Mutter in Seckenheim auf dem Rad nicht wirklich sicher. Ihr fünfjähriger Sohn sei vor wenigen Wochen auf dem Rad sogar von einem Auto angefahren worden. Bei der diesjährigen Radparade macht sie mit ihren Kindern eine Ausnahme und fährt, zumindest in Teilen, über die Seckenheimer Hauptstraße.

Rund 100 Menschen beteiligten sich an der Fahrrad-Demo für bessere Radwege in Mannheim-Seckenheim.
Die größte Problemstelle musste bei Radparade umfahren werden
Ursprünglich sollte die Raddemo über die größte Problemstelle an der Seckenheimer Hauptstrasse führen, wo Straßenbahn und Radweg zusammen verlaufen. Davon habe die Stadt allerdings laut Mitorganisator Kittel wegen Sicherheitsbedenken abgeraten. Die Stadt bestätigt die Entscheidung und teilte auf SWR-Anfrage mit: Einzelne Radfahrer könnten umsichtig problemlos dort fahren. Die Fahrt von mehreren als Pulk sei in bestimmten Abschnitten aber als „kritisch und gefahrenträchtig erachtet worden.“

Der Fahrradeweg auf der Seckenheimer Hauptstraße führt teilweise genau zwischen den Schienen entlang.
Seckenheim: Problem bekannt, weitreichende Lösung schwierig
Der Frust der Radfahrenden in Seckenheim wächst. Im kommenden Jahr will die Stadt das Problem nach eigenen Angaben so gut wie möglich angehen. Die Pläne sorgen bei den Radfahrenden aber für Unverständnis.
„An der nun bestehenden Radführung rechts neben den Schienen oder im Haltestellenbereich zwischen den Schienen kann ohne größere bauliche Maßnahmen und vollkommenen Umplanens nichts verändert werden“, teilte die Stadt auf SWR-Anfrage mit. Daher versuche man es mit Alternativen: Auf der Seckenheimer Hauptstrasse soll ab 2026 Tempo 30 eingeführt werden. Die dafür notwendige neue Ampel soll in der zweiten Jahreshälfte angeschafft werden.
Ein „fahrradfreundliches Gleisbett“ sei nach Angaben der Stadt im rnv-Netz derzeit noch nicht im Einsatz. Grund dafür seien die hohen Investitions- und Instandhaltungskosten sowie der starke Verschleiß. Außerdem gebe es in manchen Bundesländern, wie auch Baden-Württemberg bislang noch keine Freigabe für solche Systeme.
Seckenheim: Radverkehr soll zukünftig umgeleitet werden
Stattdessen will man den Radverkehr umleiten und eine Fahrradstraße in der parallel verlaufenden Zähringer Straße schaffen. Diese soll nach derzeitiger Planung knapp einen Kilometer lang sein und kurz nach der Seckenheimer Schule enden. Für die Schulkinder sei das sicherlich sinnvoll, so Kittel. Aber es ändere nichts an den Problemen auf der Seckenheimer Hauptstraße.
„Wenn die Fahrradstraße zumindest die ganze Zähringer Straße verlaufen würde, dann sei es eine eine kleine Entlastung. Wenn es wirklich nur das kleine Stück wird, dann ist es Augenwischerei.“
Seit Jahren wird in Seckenheim darüber diskutiert, den Großteil der Zähringer Straße in eine Fahrradstrasse umzuwandeln. Die Stadt Mannheim bestätigte auf SWR-Anfrage, dass man sich letztendlich im Bezirksbeirat dagegen entschieden habe. Ein Grund dafür: Seckenheim hätte dadurch 60 Parkplätze verloren. Bei der kürzeren Version bis zur Freiburger Straße entfallen nach Angaben der Stadt insgesamt acht Parkplätze.
Wie fahrradfreundlich ist Mannheim?
In Mannheim wurde das Fahrrad erfunden. Genauso wie das Auto. Das Auto hat in Mannheim allerdings einen deutlich höheren Stellenwert. Viele der heutigen Probleme für Radfahrende basierten auf Planungen der 70er Jahre. Man habe Jahrzehnte für das Auto gebaut, die Fahrrad-Lobby sei erst in den letzten Jahren gewachsen, so die ehrenamtliche Fahrradbeauftragte der Stadt, Gabriele Fröhlich.

Gabriele Fröhlich, die Fahrradbeauftragte der Stadt Mannheim, hat auch an der Radparade teilgenommen.
Zu den Problemen zählen laut Fröhlich zugeparkte Radwege, nicht vorhandene oder plötzlich endende Radwege und, wie in Seckenheim, Mischverkehr auf der Straße. Beim Klimatest des ADFC wurde das Fahrradklima in Mannheim mit der Schulnote 4 bewertet. Für eine klimafreundliche Mobilität, sei die Stärkung des Radverkehrs aber der richtige Weg.
Ihrer Einschätzung nach sei der Wille seitens der Behörden da, oft sei es dann eine Frage der finanziellen Mittel. Gabriele Fröhlich lebt seit 1975 in Mannheim. Es habe sich bereits einiges verändert. Das Radnetz werde stetig ausgeweitet, Radschnellwege und Fahrradstrassen werden ausgebaut. Aber es sei auch noch sehr viel zu tun.