Kate Rogacherska lächelt in die Kamera, hinter ihr steht ein VHS-Aufsteller.

Stand: 27.09.2025 16:22 Uhr

Rund 37 Prozent der Delmenhorster haben eine Zuwanderungsgeschichte. Viele von ihnen haben bei der Volkshochschule (VHS) Deutsch gelernt und in den Kursen einiges über Kultur und Bräuche erfahren.

von Birgit Stamerjohanns

Eine von ihnen ist Kateryna Rogacherska, die alle nur Kate nennen. Sie ist sehr aufgeregt. Gleich soll sie im Rahmen einer Feierstunde auf die Bühne kommen. Seit 20 Jahren gibt es Integrationskurse an den Volkshochschulen, und sie soll dem Publikum in der Turbinenhalle auf dem Delmenhorster Nordwolle-Gelände erzählen, was für sie der Schlüssel zur Integration ist. Und was ihr die Teilnahme am Integrationskurs bei der VHS gebracht hat.

Akzeptanz, Sicherheit und Vertrauen

„Ich stamme aus Odessa, und dort war es nicht mehr sicher“, so die 39-Jährige, die mit ihrer Tochter vor dem russischen Angriffskrieg geflüchtet ist. In Delmenhorst wollte sie so schnell wie möglich Deutsch lernen und arbeiten – die Ukrainerin hat Studienabschlüsse in Betriebswirtschaft und Verwaltung. „Die Volkshochschule war nicht nur der Ort, wo ich die deutsche Sprache gelernt habe, sondern auch der Ort, an dem ich Akzeptanz, Sicherheit, Stabilität und Vertrauen gewann, dass es möglich ist, hier in Deutschland ein neues Leben anzufangen“, sagt sie rückblickend. Ursprünglich wollte sie so schnell wie möglich zurück in die Heimat. Aber: Seit sechs Wochen hat Kate Rogacherska einen Job als Sachbearbeiterin. Für sie ist Deutschland zur neuen Heimat geworden.

VHS-Mitarbeiterin Silke Bannasch

Flüchtlinge müssen Deutsch lernen und in die Gesellschaft integriert werden. Doch die Zulassung von Lehrern für Integrationskurse scheitert oft an der Bürokratie.

Warten auf Berufssprachkurse

Mehrere Menschen sitzen auf Stühlen in Reihen neben- und hintereinander.

In Delmenhorst wurde das Jubiläum am Donnerstagabend mit einem Festakt gefeiert.

Etwa 37 Prozent der Delmenhorster haben eine Zuwanderungsgeschichte. In den vergangenen 20 Jahren haben nach Angaben der VHS rund 10.500 Menschen die Sprach- und Integrationskurse besucht. Der Bund investiert in diesem Jahr gut eine Milliarde Euro in die Integrationskurse, rund 300 Millionen Euro mehr als ursprünglich geplant. Aber das reicht nicht, kritisiert Jürgen Beckstette, der Leiter der VHS Delmenhorst: „Wir haben aktuell 500 Teilnehmende nur bei der VHS, die auf einen Kursplatz für einen Berufssprachkurs warten und danach kommt die Integration in Arbeit, und die wird momentan durch die Situation verhindert.“ Auch der Deutsche Volkshochschul-Verband fordert eine langfristige finanzielle Perspektive sowie ausreichende Haushaltsmittel, die einen angemessen hohen Kostenerstattungssatz ermöglichen. Schließlich müssten Verwaltungskosten gedeckt und Lehrkräfte fair bezahlt werden.

SPD-Politiker: „Teuer, aber es lohnt sich“

Der Delmenhorster Landtagsabgeordnete Deniz Kurku (SPD) ist auch niedersächsischer Integrationsbeauftragter. Er findet ebenfalls, der Bund müsse dringend genügend Mittel für die Integrationskurse zur Verfügung stellen. „Natürlich ist das teuer, aber es lohnt sich“, so Kurku. Immerhin gehe es auch um Arbeitskräfte. Und darum, dass Migranten gut in Deutschland ankommen, nicht nur sprachlich. „Man lernt innerhalb der Integrationskurse auch: Was ist die Kultur, was sind die Bräuche, welche Feste feiert man hier.“

Die Rolle der Frauen

Und noch einen Wunsch hat Deniz Kurku: Die Rolle der Frauen müsse mehr Beachtung finden. Oft seien die Frauen während der Flucht besonderen Gefahren ausgesetzt. Und in Deutschland stehen sie häufig vor dem Problem, sich wegen fehlender Betreuungsmöglichkeiten um die Kinder kümmern zu müssen und daher nicht an einem Sprachkurs teilnehmen zu können. Kate Rogacherska nickt, als sie diese Worte hört. So war es auch bei ihr: „Es gab zunächst nur Kurse am Nachmittag, aber ich konnte meine Tochter nicht allein lassen.“ Also musste sie warten, bis ein Platz am Vormittag frei wurde. Inzwischen ist ihre Tochter zehn Jahre alt und geht aufs Gymnasium.

Mustafa rappt

Wie Jugendliche über das Musikprojekt „Rapflexion“ lernen, ihre Stimme zu erheben. In Niedersachsen und weltweit.

Ball fliegt ins Tor

Das Sprach- und Sportcamp in Sögel soll die Deutschkenntnisse und die Integration der Kinder spielerisch fördern.

Wer erfolgreich an einem Integrationskurs teilgenommen hat, bekommt ein entsprechendes Zertifikat.

Rund 31.600 Menschen haben im vergangenen Jahr entsprechende Kurse belegt. Darin werden etwa Sprache und Werte vermittelt.