Standdatum: 19. April 2025.

Autorinnen und Autoren:
Immo Maus

Nach 24 Jahren geht Bremens oberster Denkmalpfleger in den Ruhestand. Georg Skalecki scheute für seine Anliegen keinen Streit. Doch mit seinem Image hadert er ein wenig.

Auf Schritt und Tritt durch Bremen eilt Georg Skalecki ein Ruf voraus. Viele kennen ihn als einen Amtsleiter, der Widerstände aushält und keinem Streit aus dem Weg geht. Aber nur – und darauf legt er großen Wert – wenn es seinem Auftrag dienlich ist. Fast ein Vierteljahrhundert lag es in seiner Verantwortung, Objekte und Bauten mit kulturellem Wert in Bremen zu erforschen und deren Erhalt zu sichern. Und wenn es Skalecki für nötig erachtete, legte er sich auch mal mit Investoren an oder widersprach in der Öffentlichkeit manchen behördlichen Vorhaben.

Keine Scheu vor Öffentlichkeit

Er weiß um sein Image als streitbaren Geist. Doch mitunter irritiert ihn diese Wahrnehmung, denn der Streit entspreche eigentlich überhaupt nicht seinem Naturell. Keineswegs habe er Freude an Auseinandersetzungen, beteuert der Denkmalpfleger. Seine Aufgabe nehme er nun mal ernst.

Im Privaten streite ich deutlich weniger.

Georg Skalecki, Leiter des Landesamts für Denkmalpflege

Er habe immer Kompromisse gesucht, aber manchmal müsse man auch mal Klartext reden, so Skalecki. Und das tat der geborene Saarländer und studierte Kunsthistoriker und Archäologe immer wieder, seitdem er im Jahr 2001 seine Stelle in Bremen antrat.

Fast immer geräuschlos gearbeitet – aber nur fast

Georg Skalecki sitzt mit Kollegen an einem Tisch.

Besprechung im Landesamt: Die meisten Projekte der Denkmalpflege gehen still über die Bühne.

Bild: Radio Bremen

Als ordentlichen und stets gut organisierten Vorgesetzten beschreiben ihn seine Mitarbeiter. Einer von ihnen ist Uwe Schwarz, der schon seit 20 Jahren im Amt arbeitet. Ihm zufolge trifft bei seinem Chef Akkuratesse manchmal auch auf pragmatische Hemdsärmligkeit: „Ich kann mich gut erinnern, dass wir auch schon mal alte Computer im privaten Pkw nach Stuhr gebracht haben. Oder wenn im Haus etwas umzuräumen war, war er sich nie zu fein für etwas.“ Anekdoten wie diese hört Skalecki gerne zu – und ergänzt dann, dass er als Student als Möbelpacker gearbeitet habe.

Die meisten Projekte, die auf Skaleckis Tisch landeten, wurden in Ruhe umgesetzt. „Wie viele Maßnahmen haben wir geräuschlos abgewickelt? Da gibt es keinen Streit und da wird wenig berichtet.“ Fast immer war es also ein Arbeiten im Stillen, aber eben nur fast. Die Öffentlichkeit nahm Georg Skalecki immer dann wahr, wenn es nicht geräuschlos war.

Information zum Thema
Widerspruch von Skalecki: Eine Auswahl

  • Georg Skalecki war etwa anderthalb Jahre im Amt, als er 2003 Stellung gegen ein Bauprojekt in Vegesack bezog. Der damalige CDU-Wirtschaftssenator Hartmut Perschau hatte einem Investor freie Hand beim Bau des Einkaufszentrums Haven Hööft zugesagt. Skalecki sah den freien Blick auf den historischen Haferspeicher bedroht. Letztlich konnte er sich mit seinen Bedenken aber nicht durchsetzen..
  • Der ehemalige Bürgerschaftspräsident Christian Weber plädierte 2005 dafür, die berühmte Bronzestatue der Bremer Stadtmusikanten von Gerhard Marcks vor das Parlament zu verlegen. An der Wand des Rathauses gebe die Statue kein gutes Fotomotiv ab, mokierte Weber. Denkmalpfleger Skalecki hielt nichts davon. Die Stadtmusikanten seien für den Ort am Rathaus geschaffen worden und dort sollte man sie auch belassen. Webers Idee wurde nie umgesetzt. .
  • Mit dem Umzug ins Stephaniviertel hatte Radio Bremen keine Verwendung mehr für den Sendesaal in Schwachhausen. Ein Investor wollte das Gebäude abreißen, die einzigartige „Haus-in-Haus“-Konstruktion des Konzertsaals erachtete der Landesdenkmalpfleger aber für überaus schützenswert. Lange kämpfte er für den Erhalt und nach jahrelangem Hin und Her war es schließlich geschafft: Unter anderem der Bremer Bauunternehmer Klaus Hübotter kaufte den Sendesaal und rettete ihn 2009 vor dem Abriss. .
  • Die angedachte Neugestaltung des Domshofs rief Skalecki 2024 auf den Plan. Die Baubehörde und das Wirtschaftsressort befürworteten Pläne, wonach ein vier Meter hoher Anstieg entstehen sollte – also eine Art gebaute Düne. Skalecki protestierte: Das Bauwerk versperre die Sicht auf das Rathaus. Er befürchtete gar, der Status als UNESCO-Welterbe sei in Gefahr. Die Bedenken des Denkmalpflegers wurden erhört: Es blieb bei den Plänen. .
  • Im Jahr 2008 stellte ein Investor seine Pläne für den alten Wasserturm auf dem Stadtwerder vor. Auf das denkmalgeschützte Gebäude wollte er einen Glasaufbau setzen. Dagegen wehrte sich Skalecki. Es folgten lange Jahre des Stillstands. 2024 lagen dann Entwürfe auf dem Tisch, die auch den Segen vom Denkmalpfleger fanden. Sie sehen Wohnungen und Gastronomie vor. Spätestens im ersten Quartal 2026 sollen die Umbauarbeiten starten..

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Skalecki erwartet Augenhöhe

Vor allem Skaleckis Widerspruch zu den Hochhaus-Entwürfen für das ehemalige Sparkassen-Areal am Brill ist vielen Bremerinnen und Bremern bis heute in Erinnerung. 2019 hatte der US-Stararchitekt Daniel Libeskind Pläne präsentiert, die in Bremens Innenstadt den Bau von vier Hochhäusern vorsahen. Georg Skalecki war alarmiert, weil er das Stadtbild Bremens für grundlegend gefährdet hielt. Er griff zu seiner schärfsten Waffe: den Gang an die Öffentlichkeit. Bremen sei nicht New York, warnte Skalecki damals. Heute offenbart er, wie sehr er sich damals über die Investoren geärgert habe. Die Shapira-Brüder hätten ihm bei einem Treffen deutlich zu verstehen gegeben, dass sie seine Aufgabe, die Denkmalpflege, für nicht sehr bedeutsam halten.

Da war in der internen Diskussion dann auch klar, dass das für Skalecki kein Thema ist. Also nicht mit mir. Mich zieht man nicht einfach so über den Tisch.

Georg Skalecki, Leiter des Landesamts für Denkmalpflege

Auch in Behörden und im Rathaus wusste jeder, dass Bremens Denkmalpfleger zu seinen Überzeugungen steht. Die Macht von Skaleckis Worten verlangte Amtsträgern mit politischer Macht mitunter viel ab. Das bestätigt auch Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD). Skaleckis Augenmerk habe unter anderem der Innenstadt und dem Welterbe gegolten. Und man habe mit ihm durchaus mit „verstärkter Höflichkeit“ diskutieren können, so der Bürgermeister.

Er hatte schon seine Überzeugungen, die nicht immer alle sofort geteilt haben. Aber das braucht man ja auch in solcher Funktion.

Andreas Bovenschulte (SPD), Bürgermeister

Georg Skalecki spricht mit Christian Jacobs.

Georg Skalecki mit Christian Jacobs bei einer Begehung der Stadtwaage.

Bild: Radio Bremen

Skalecki forderte stets Augenhöhe. Mit vielen Investoren pflegte er durchaus ein gutes Verhältnis, soweit diese den Denkmalschutz ernst genommen haben. Mit Christian Jacobs habe er als Denkmalpfleger zum Beispiel kaum Probleme gehabt. Jacobs kaufte vor einigen Jahren im Balgequartier mehrere Gebäude und baut diese aktuell um. Auch die denkmalgeschützte Stadtwaage gehört ihm. Die Hinweise von Skalecki nimmt er ernst. Jacobs schätzt seine Expertise. Generell erwarte er, dass Behördenleiter eine eigene Meinung und Sachkenntnis haben, erklärt Jacobs. Aber natürlich läuft es auch nicht immer reibungslos, weil Denkmalpfleger Altes bewahren und Investoren Neues schaffen wollen.

Aber durch die Reibung entsteht ja Energie. Man tauscht sich aus und daraus entwickeln sich bessere Lösungen.

Christian Jacobs, Investor

Abschied in den Ruhestand

Ende April endet Georg Skaleckis Zeit als oberster Denkmalpfleger. Vorbei sind die Jahre, in denen er mitunter auf Offensive schaltete und Kämpfe austrug. Die 24 Jahre haben durchaus Spuren hinterlassen. Er fühle sich etwas müde und freue sich nun auf den Ruhestand. Und wie soll er bei den Menschen in Bremen in Erinnerung bleiben? Als jemand, der Rückgrat bewiesen und vieles für die Stadt getan – und auch manches verhindert habe, so Skalecki. Künftig werde er seine Meinung nicht mehr kundtun, erklärt er und – schiebt dann mit einem verschmitzten Lächeln nach: nur, wenn es dringend von Nöten ist.

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Dieses Thema im Programm:
buten un binnen, 15. April 2025, 19:30 Uhr