Eigentlich hätten die Menschen beim 1. FC Heidenheim allen Grund zur Freude gehabt, doch zum Feiern war nach den ersten Punkten der Saison niemandem zumute. Das lag daran, dass während des 2:1 (0:0) gegen den FC Augsburg am Samstag ein Fan der Gastgeber vom Zaun in den Innenraum gestürzt war und sich schwere Kopfverletzungen zugezogen hatte. Ein Rettungshubschrauber landete nach dem Spiel auf dem Rasen und flog den zunächst stabilisierten Anhänger in eine Klinik.

Völlig unbedeutend wirkte im Gegenschnitt das vorherige Fußballgeschehen. „Wir haben eine tolle Leistung gezeigt, aber es sind gerade andere Dinge in meinem Kopf“, sagte Heidenheims Trainer Frank Schmidt. Auch die Misere und der alarmierende Trend der Augsburger unter ihrem neuen Trainer Sandro Wagner mit nun vier Niederlagen in Serie erschienen vergleichsweise belanglos.

Gladbachs 4:6 gegen Frankfurt

:„Was dann passiert ist, gibt ein Fünkchen Hoffnung“

Gladbachs Sportchef Virkus will trotz der wilden 4:6-Niederlage gegen Frankfurt an Trainer Polanski festhalten. Dabei ist unklar, wie lange er selbst noch die Verantwortung beim Tabellenletzten trägt.

Doch natürlich nahmen sie beim FCA auch viele sportliche Gründe zur Nachdenklichkeit mit auf den Heimweg. Denn die Heidenheimer hätten sogar deutlicher gewinnen können als durch die Tore von Mikkel Kaufmann (47.) und Sirlord Conteh (54.). Augsburgs Treffer durch Phillip Tietz in der achten Minute der Nachspielzeit beschönigte, wie klar Heidenheims Erfolg geraten war.

Schmidts Mannschaft hatte bereits in der Vorwoche bei der 1:2-Niederlage beim Hamburger SV einen Aufwärtstrend erkennen lassen. Gegen Augsburg setzte sie diesen fort und kann inzwischen neuen Mut schöpfen. Denn statt weiterhin ohne Ertrag auf dem letzten Platz zu stehen, hat der FCH mit den ersten drei Punkten der Saison den Anschluss ans untere Mittelfeld hergestellt. Die Tabelle spielt zu diesem frühen Zeitpunkt noch eine eher untergeordnete Rolle. Es war vorwiegend der inhaltliche Fortschritt, der bei den Heidenheimern die Hoffnung nährt, sich auch in ihrer dritten Bundesligasaison als Kleiner unter Großen behaupten zu können.

FCA-Sportdirektor Weber sieht Verbesserungsbedarf „an vielen Ecken und Kanten“

Das liegt auch daran, dass der FCH gerade wieder zu sich selbst findet. Eine „geile Teamleistung“ lobte Torschütze Kaufmann. Man habe „die Heidenheim-DNA“ gezeigt, sagte Conteh. Gemeint war der geradlinige Stil mit hoher Einsatzbereitschaft. Die klare Spielidee mit einfachen Pässen, robuster Zweikampfführung und der Entschlossenheit, sich unablässig gegenseitig zu helfen, führte zu einem erstaunlich einseitigen Vortrag. Gezeigt hatte Schmidts Elf eine Mixtur, durch die Außenseiter Erfolge feiern können. Vor allem dann, wenn die Favoriten nicht entschlossen dagegenhalten. Heidenheim hatte Augsburg vorgemacht, welche Basiselemente nötig sind, um erfolgreich zu sein. Und das, obwohl Wagner in der vergangenen Woche jene „Basics“ gefordert hatte. Nun befand er, es habe die „Leichtigkeit“ gefehlt, seine Spieler hätten „zu viel gewollt“ und seien deswegen „blockiert“ gewesen.

Das deckte sich nicht mit den Eindrücken in seiner Belegschaft. „Es waren wenige am Leistungsmaximum“, befand Torwart Finn Dahmen. „Mit so einer Leistung“ werde man kein Bundesligaspiel gewinnen, sagte Verteidiger Keven Schlotterbeck. Sportdirektor Benjamin Weber sprach von einer „totalen Enttäuschung“ und stellte fest, dass die Basics „größtenteils nicht gut genug“ waren und Heidenheim „in manchen Dingen auch klar besser“ gewesen sei. Sein Befund: „Wir müssen auf jeden Fall mehr arbeiten, mehr investieren.“ Es liege zudem nicht an einem einzigen Defizit, sondern es gelte, sich „an vielen Ecken und Kanten“ zu verbessern.

Früh in der Saison gerät der FCA unter Druck mit seinem Trainer Wagner, der zuvor einzig in der viertklassigen Regionalliga als Chefcoach gearbeitet hatte. Dabei waren die Augsburger mit der großen Hoffnung in die Saison gestartet, mit dem 37-Jährigen einen aktiven Stil etablieren und mehr als ihr übliches Dasein im grauen, unteren Mittelfeld fristen zu können. Doch seit dem 3:1-Sieg in Freiburg dank großer Effizienz am ersten Spieltag geht es bergab, und alarmierend ist insbesondere der Leistungstrend. Nach der 1:4-Heimniederlage gegen Mainz mit zwei Gegentoren trotz Überzahl folgte in Heidenheim ein Auftritt, bei dem wenig von einer gemeinsamen Spielidee erkennbar war. Mit zusammenhanglosen Aktionen ging offensiv kaum etwas, hinzu kamen Nachlässigkeiten in der Defensive. Nach dem Rückstand war keine große Gegenwehr erkennbar.

Den Weg mit Wagner möchte der FCA dennoch fortsetzen. Heidenheims Leidenschaft soll am kommenden Samstag gegen Wolfsburg als Vorbild dienen. Weber bejahte die hypothetische Frage, ob es auch im Falle einer weiteren Niederlage mit Wagner weitergehe. Doch deutlich wurde auch: Seine Geduld hat Grenzen. Man wisse ja, „wie das Geschäft läuft“, sagte Weber, er wolle „keine Märchen erzählen“. Es gelte nun, den Trend umzukehren. Heidenheim hat Augsburg vorgemacht, wie das geht.