marktbericht
Wenn sich der Kongress nicht noch kurzfristig einigt, geht der US-Regierung am Mittwoch das Geld aus. Doch die US-Leitindizes in den USA ziehen sogar an.
Die US-Börsen ignorieren politische Unsicherheiten und knüpfen an ihre vor dem Wochenende begonnene Erholung an: Der Dow Jones Industrial Average stieg zur Eröffnung um 0,13 Prozent auf 46.306,34 Punkte. Der S&P 500 legte um 0,27 Prozent auf 6.661,58 Punkte zu.
Damit trotzen die Aktienkurse zunächst einem möglichen Arbeitsstillstand bei den amerikanischen Regierungsbehörden. Denn dieser „Government Shutdown“ droht in dieser Woche – mal wieder. Sollten sich Republikaner und Demokraten im Kongress nicht noch kurzfristig einigen, dann steht ab Mittwoch die Arbeit in vielen US-Regierungsbehörden still.
Bisher blieben die Börsen von einem solchen Shutdown auch meist unberührt, oder profitierten gar. Während des bisher längsten Government Shutdowns in der Geschichte der USA, im Winter 2018/2019 (35 Tage), legte der S&P 500 um mehr als zehn Prozent während dieser Phase zu. Im historischen Schnitt, so Analysten der Carson Group, stieg der S&P 500 während eines Shutdowns um 0,3 Prozent.
In diesem Jahr könnte es aber etwas anders sein, zumindest im Falle eines längeren Shutdowns. Denn ein langer Shutdown könnte dazu führen, dass wichtige wirtschaftliche Daten, die Investoren zur Einschätzung makroökonomischer Trends nutzen – wie die monatlichen Arbeitsmarkt- und Inflationsberichte – verspätet oder gar nicht veröffentlicht werden, zitiert Reuters Analysten von Nomura.
Auch die Notenbank müsste „im Blindflug“ agieren und würde wahrscheinlich eher an ihren eigenen Wirtschaftsprognosen festhalten.
„Es dominiert ganz klar die Zuversicht, dass Republikaner und Demokraten eine Last-Minute-Einigung oder zumindest eine Übergangslösung finden“, erklärt Thomas Altmann, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter QC Partners.
Allerdings teilen diesen Optimismus nicht alle Experten, macht doch die schwierige politische Situation einen Shutdown wahrscheinlicher als in den vergangenen Jahren. „Wegen der extremen politischen Polarisierung ist die Situation diesmal besonders vertrackt. Im Moment deutet vieles auf einen Shutdown hin“, betont Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner.
Zumal offenbar einige Republikaner den Konflikt offenbar auch als Chance sehen: Schließlich wollen sie ohnehin bei den Bundesbehörden kürzen.
In Deutschland legten am Montag Rüstungsunternehmen zu. Ein Großauftrag etwa bescherte Rheinmetall-Aktien erstmals den Sprung über die 2.000-Euro-Marke. In der Spitze wurden für die Papiere bis zu 2.001 Euro bezahlt. Zuletzt lag der Kurs dann bei 1.999 Euro 2 Prozent im Plus.
Rheinmetall hatte bekannt gegeben, als Unterauftragnehmer eines von der US-Regierung beauftragten Unternehmens Munition an einen osteuropäischen Kunden zu liefern. Der Auftragswert liege bei insgesamt 444 Millionen Euro, von denen schon 170 Millionen Euro als Vorbestellung verbucht worden seien.
Auch die anderen deutschen Rüstungsaktien zogen im MDAX deutlicher an. Plus 5,7 respektive 5 Prozent reichten auch bei Hensoldt nach mehrmonatiger Pause für eine Bestmarke. Renk fehlten nur noch Nachkommastellen zum Rekord aus dem Juni. Beide Aktien hatten am Montag im Index mittelgroßer Werte die Spitzenposition inne, genauso wie in der Jahreswertung der MDAX-Mitglieder.
Abseits des Rüstungsriesen Rheinmetall mangelte es im DAX zum Wochenstart an Zugpferden. Der deutsche Leitindex gab am Montagmittag leicht auf 23.601 Punkte nach. Am Morgen war er zunächst mit einem leichten Plus gestartet.
Ende vergangener Woche hatte es der Dax immer wieder über die 21-Tage-Durchschnittslinie geschafft. Diese beschreibt den kurzfristigen Trend. Damit machte das Börsenbarometer den Anlegern wieder etwas Hoffnung auf ein Ende seiner zuletzt zähen Konsolidierung. Nun fehle es an neuen positiven Handelsimpulsen, um den DAX weiter in Richtung 24.000 Punkte vorantreiben zu können, schrieb Marktexperte Andreas Lipkow.
Die Befürchtung, dass eine parteiübergreifende Pattsituation im US-Kongress Anfang Oktober zu einem Regierungsstillstand führen könnte, lastet derweil auf dem Dollar. Kein Wunder, würde ein solches Szenario doch die US-Wirtschaft erheblich beeinträchtigen. Der Euro legte am Nachmittag im Vergleich zum Vortag um 0,3 Prozent zu auf 1,1741 Dollar.
Der schwache Dollar und die wieder aufgeflammte Hoffnung auf weitere Zinssenkungen in den USA haben Gold einen neuen Rekord beschert. Der Preis für das Edelmetall steigt in der Spitze um 1,6 Prozent auf den Höchststand von 3.819,59 Dollar je Feinunze.
Der moderate Anstieg der US-Konsumausgaben im August „hat den Märkten Anlass gegeben zu glauben, dass im Oktober und Dezember weitere Zinssenkungen der US-Notenbank Fed folgen werden“, sagt Kyle Rodda vom Analysehaus Capital.com.
Die Ölpreise gaben am Mittag deutlich nach, da nach zweieinhalb Jahren erstmals wieder Rohöl durch eine Pipeline von der halbautonomen Region Kurdistan im Nordirak in die Türkei fließt. Die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee verbilligt sich aktuell um 1,8 Prozent auf 67,97 Dollar je Barrel (159 Liter).
Zudem berichtet Bloomberg, dass das erweiterte Ölkartell OPEC+ eine erneute Anhebung der Fördermenge im November erwägt. Dabei soll es wie bei der vergangenen Erhöhung um die Größenordnung von mindestens 137.000 Barrel pro Tag gehen.
Papiere der Lufthansa-Aktie konnten am Nachmittag den positiven Aufbruch des Morgens nicht halten. Nach Handelsstart waren Papiere noch auf den fünften Gewinntag in Folge zugesteuert. Denn die Airline hatte Spekulationen vom Freitag bestätigt, dass es bis zum Jahr 2030 in der Verwaltung 4.000 Stellen einsparen will.
Zudem hat das Unternehmen die mittelfristigen Finanzziele erhöht. Europas größtes Luftverkehrsunternehmen will künftig einen operativen Gewinn (bereinigtes Ebit) von 8 bis 10 Prozent des Umsatzes erreichen, erklärte es heute. Bislang galt die Zielmarke von 8 Prozent. Für das laufende Jahr hat sich das Management optimistisch gezeigt. Der operative Gewinn vor Sonderposten (bereinigtes Ebit) soll den Vorjahreswert von 1,6 Milliarden Euro wie geplant deutlich übertreffen.
Im SDAX sind Aktien von Klöckner & Co. nach dem Verkauf von acht US-Distributionsstandorten gefragt. Mit der Umschichtung von Kapital aus dem Distributionsgeschäft in das sogenannte höherwertige Geschäft, wo Klöckner den Stahl vor dem Verkauf noch bearbeitet, und das Service-Center-Geschäft will die Firma ihre Abhängigkeit von volatilen Rohstoffmärkten weiter verringern.
Übernahmespekulationen um den US-Rivalen Electronic Arts (EA) treiben die Aktien europäischer Videospiele-Entwickler nach oben. Papiere von Ubisoft, Embracer und CD Projekt legen kräftig zu. EA könnte einem Insider zufolge für bis zu 50 Milliarden Dollar den Besitzer wechseln und von der Börse genommen werden. Der mögliche Deal „zeigt, dass die Branche einen nachhaltigen Wert hat“, sagt Analyst Edward James vom Finanzdienstleister Cantor Fitzgerald.
Das Medizintechnik-Unternehmen Ottobock hat konkrete Details zu seinem geplanten Börsengang mitgeteilt. Die Aktien sollen in einer Preisspanne von 62 bis 66 Euro angeboten werden, was einer Marktkapitalisierung von 4,0 bis 4,2 Milliarden Euro entspricht. Der erste Handelstag an der Frankfurter Wertpapierbörse ist für den 9. Oktober 2025 geplant.
Mit Informationen von Alina Leimbach und Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion.