„Absurd“ nennen die Grünen den mit dem Beschluss zum Bau eine Schule in der Katzmannstraße in Mockau gefassten Punkt, dass parallel auch noch ein Parkplatz mit 100 Stellplätzen für die Garagenbesitzer gebaut werden soll, deren Garagenhof dem Schulneubau weichen soll. Es gab zwar einen veritablen Aufstand der Garagenbesitzer und der Autofraktionen im Stadtrat. Aber rechtlich war die Stadt Leipzig nie verpflichtet, den Garagenbesitzern einen Ersatz zu bieten. Das haben die Grünen extra abgefragt.

„Im März dieses Jahres wurde der absurde Stadtratsbeschluss zur Ersatzbeschaffung von 100 Pkw-Abstellflächen in der Katzmannstraße gefasst. Das Abstellen von Pkw schien den meisten Fraktionen wichtiger zu sein, als die Zurverfügungstellung von Schulplätzen“, kommentierten die Grünen den Stadtratsbeschluss vom März in ihrer Anfrage.

„Anders ist auch die Prioritätensetzung des Ratsbeschlusses, wonach zunächst die Parkplätze geschaffen werden müssen, bevor eine Baufeldfreimachung für den Schulbau erfolgt, nicht zu verstehen. Mittlerweile gab es auch eine Bitte um Akteneinsicht in den Gesamtsachverhalt. Das öffentliche Interesse am Thema ist groß, nicht nur vonseiten der Garagengemeinschaft, sondern eben auch von anderen gesellschaftlichen Gruppen, weshalb wir Transparenz in den aktuellen Sachstand und die Absurdität des Ratsbeschlusses bringen wollen.“

Und dazu stellten die Grünen mehrere Fragen – auch die zum rechtlichen Bestand der Garagenhöfe: „Ist es korrekt, dass bereits in den DDR-Altverträgen zur Nutzung städtischer Grundstücke für Garagenhöfe vertraglich geregelt war, dass eine stadtseitige Kündigung der Verträge sowie ein durch die Nutzerinnen und Nutzer zu zahlender Rückbau im Falle der kommunalen Selbstnutzung zur Erfüllung gesetzlicher Pflichtaufgaben möglich ist?“

Und das Liegenschaftsamt bestätigt das: „Ja. In den Verträgen vor dem 03.10.1990 ist dieser Passus enthalten, wenn auch in unterschiedlichen Formulierungen. Beispiele:

‚Der Verpächter kann das Pachtverhältnis vorzeitig kündigen, wenn das Gelände zur Erfüllung gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Aufgaben benötigt wird. Bei Auflösung des Pachtverhältnisses hat der Pächter den Grund und Boden frei von Schutt und Löchern zu übergeben.‘ (Vertrag vom 20.09.1969)

‚Der Überlasser kann das Nutzungsverhältnis vor Ablauf der in Punkt 5 vereinbarten Nutzungszeit kündigen, wenn das Gelände zur Erfüllung gesellschaftlicher oder volkswirtschaftlicher Aufgaben benötigt wird. Bei Beendigung des Vertragsverhältnisses hat der Nutzer sein Eigentum zu entfernen und den Grund und Boden in ordnungsgemäßen Zustand zurückzugeben.‘ (Vertrag vom 01.01.1971).“

Das Liegenschaftsamt betont aber auch: „Trotz der Kündbarkeit sieht sich die Stadtverwaltung – und offenbar auch der Stadtrat – in der Pflicht, die Interessen auch dieser Bürgerinnen und Bürger/Garagennutzer gegenüber anderen kommunalen Interessen abzuwägen.“

Ein oder zwei Parkplätze?

Aber hat denn die Stadt überhaupt schon Ausweichstandorte für die Garagenbesitzer gefunden? Hat sie, teilte das Liegenschaftsamt mit: „Der Standort, der am nächsten am Wohnort einer Vielzahl der bisherigen Garagennutzer liegt, ist das Flurstück 1407 in Mockau (bis zu 55 Stellplätze). Ergänzend könnten auf dem Flurstück 339/28 in Eutritzsch bis zu 72 Stellplätze geschaffen werden (Entfernung ca. 1 km).“

Kleines Problem am nahe gelegen möglichen Parkplatz: „Flurstück 1407 wird derzeit als Bauspielplatz genutzt. Ein Mietvertrag besteht seit dem 1. Januar 2025 und kann mit dreimonatiger Frist gekündigt werden. Im Falle einer Kündigung wäre eine Verlagerung nötig und möglich. Das Liegenschaftsamt prüft hierzu eine alternative Fläche in Mockau.“

Aber brauchen überhaupt alle Garagenbesitzer auch einen neuen Stellplatz? Auch das wollten die Grünen gern wissen.

„Derzeit sind am Standort 199 Garagen und Stellplätze vermietet“, teilte daraufhin das Liegenschaftsamt mit. „Von diesen haben 101 Nutzerinnen und Nutzer eine Rückmeldung gegeben. Daraus ergab sich ein Bedarf von 73 Stellplätzen. Wiederum 55 Befragte wohnen im Umkreis bis 2 km.

Bei der Interessenbekundung wurde ein voraussichtlicher monatlicher Mietpreis für einen Stellplatz zwischen 85 Euro und 100 Euro angegeben. Diese Preisspanne dient als unverbindliche Orientierung. Sie resultiert aus der Schätzung der Herstellungskosten und der kalkulatorischen Annahme einer Amortisation über 10 Jahre. Die Mietpreise überschreiten damit andere Stellplatzangebote am Markt, die man in der Ortslage vereinzelt anmieten kann.

Die Interessenbekundung war freiwillig und unverbindlich. Eine Verpflichtung zur Anmietung eines Ersatzstellplatzes entsteht daraus nicht.“

Der Parkplatz muss aus dem Schulbaubudget finanziert werden

Auch die Herstellung eines Parkplatzes wird Geld kosten – Zeit übrigens auch. Das Liegenschaftsamt rechnet mit grob geschätzten Baukosten von insgesamt rund 1 Million Euro brutto – für beide Flächen. „Die Schätzung umfassen die Kosten Bau der Verkehrsflächen, die qua Begrünungssatzung vorgeschriebene Bepflanzung mit Bäumen und Sträuchern sowie die Errichtung von Lampen nebst Planungskosten.

Erst mit konkreter Planung und Ausschreibung konkretisieren sich die Investitionskosten. Die Abschreibungen aus der Investition und die Kosten des laufenden Betriebs würden grundsätzlich an die Nutzer weiterberechnet. Der Ratsbeschluss lässt offen, welchen Anteil der Kosten die Stadt als Teil der Schulbaumaßnahme trägt.

Im Falle des Leerstandes können Kosten für die Vermieterin – Stadt Leipzig – anfallen.“

Wann kann der Parkplatz gebaut werden?

Und dann ist da auch noch der Zeitfaktor, zu dem die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Kristina Weyh, in der Ratsversammlung am 24. September noch einige Nachfragen hatte. Denn eigentlich sollte ja der Schulbau Vorrang haben. Nach Ratsbeschluss aber soll der Parkplatz schon vorher zur Verfügung stehen.

Aber selbst der Bau eines Parkplatzes braucht erheblichen Planungsvorlauf, wie das Liegenschaftsamt feststellt: „Das MTA schätzt ein, dass erfahrungsgemäß für ein nicht-priorisiertes Vorhaben vom Bau- und Finanzierungsbeschluss über Planung, Genehmigung, Ausschreibung bis zur Fertigstellung der Ersatzstellflächen ein Zeitraum von etwa 25 bis 31 Monaten einkalkuliert werden kann.

Sofern der Bau der Parkflächen nicht entsprechend priorisiert (werden kann), müsste der Bau der Schule beginnen direkt nach dem Abriss der Garagen – sofern dies zur Erfüllung der gesetzlichen Schulpflicht erforderlich ist. Die Ersatzparkflächen würden dann parallel zum Schulbau entstehen. Der Ratsbeschluss zur Vorlage VIII-DS-00336 Ziff. 9 müsste insofern in der zeitlichen Abfolge abweichend abgearbeitet werden.“

Baubeginn für die Schule in der Katzmannstraße soll im November 2026 sein, sodass die Schule ab 2028 als Auslagerungsstandort genutzt werden kann.

Da kann es freilich mit der Herstellung des Parkplatzes knapp werden, wenn der vor Baubeginn fertig sein soll. Aber die Verwaltung fühle sich an den Ratsbeschluss gebunden, teilte das Liegenschaftsamt mit. Auch wenn man vielleicht nicht wirklich zwei neue Parkplätze braucht. „Die Verwaltung empfiehlt jedoch, wie vom Rat angedeutet, den tatsächlichen Bedarf der Bürger (Ziff. 11 des RB) zu berücksichtigen, also ggf. weniger als 100 Parkplätze (Ziff. 9) bedarfsgerecht zu errichten.“

Außerdem gilt: „Wie bei Kostensteigerungen / Nachträge beim Bau von Schulen gilt auch hier: Die Einrichtung der Ersatzstellflächen müsste aus dem Gesamtbudget des Amtes für Schule bestritten werden.“ Was – wie Schulbürgermeisterin Vicki Felthaus anmerkte – eben bedeutet, dass der Bau des Parkplatzes zusammen mit dem Bau der Schule finanziert werden muss.

Wobei sie für den Schulbau noch auf Fördermittel hofft, möglicherweise aus dem vom Bund aufgelegten Sonderprogramm. Für den Parkplatz werde es aber keine Förderung geben.

Das Liegenschaftsamt betonte noch: „Mittelfristig wird die Investition ganz oder teilweise amortisiert durch marktgerechte Vermietung der Stellplätze.“