Etwa ein Drittel aller Patienten mit Epilepsie leidet trotz antiepileptischer Therapie unter fortbestehenden Anfällen. Für eine wirksame Behandlungsanpassung ist die exakte Erfassung der Anfallshäufigkeit unverzichtbar. In der klinischen Routine werden dazu vor allem Patiententagebücher genutzt. Diese sind jedoch fehleranfällig: Anfälle bleiben unbemerkt, werden vergessen oder fälschlich als epileptische Ereignisse erfasst.
Vor diesem Hintergrund wurde ein neuartiges subkutanes Elektroenzephalographie-System (sc-EEG) entwickelt, das eine kontinuierliche, ambulante Überwachung ermöglicht. In einer prospektiven Beobachtungsstudie untersuchten Forschende am Institute of Psychiatry, Psychology & Neuroscience (IoPPN) des King’s College London gemeinsam mit der Mayo Clinic die Machbarkeit, Akzeptanz und klinische Aussagekraft dieser Technologie. Mit einer Dauer von 15 Monaten stellt die in ‚Epilepsia‘ publizierte Arbeit die bislang umfassendste prospektive Untersuchung zur Langzeitanwendung eines subkutanen EEG-Systems dar.
Kontinuierliche EEG-Aufzeichnung mit hoher Patiententreue
In die Studie wurden zehn erwachsene Patienten mit therapierefraktärer Epilepsie eingeschlossen. Nach der Implantation des EEG-Systems erfolgte eine nahezu kontinuierliche Aufzeichnung mit einer medianen täglichen Dauer von 18,8 Stunden.
Begleitend führten die Patienten ein elektronisches Anfallstagebuch und beantworteten standardisierte Fragebögen zur Handhabung und Akzeptanz. Die Datenanalyse erfolgte über visuelle Annotation, unterstützt durch ein automatisiertes Detektionsverfahren.
Die Adhärenz blieb über die gesamte Studiendauer hinweg hoch: Die Hälfte der Patienten zeichnete mehr als 20 Stunden pro Tag auf.
Diskrepanz zwischen EEG und Anfallstagebüchern
Im Beobachtungszeitraum wurden 71.984 Stunden sc-EEG-Daten dokumentiert, in denen 754 epileptische Anfälle erfasst wurden. Mehr als die Hälfte (52 %) dieser Ereignisse wurde in den Patiententagebüchern nicht dokumentiert. Umgekehrt fanden sich bei 27 % der Tagebucheinträge keine EEG-korrelierbaren Anfälle. Diese Diskrepanzen zeigten sich insbesondere bei nichtkonvulsiven Anfällen mit erhaltener Bewusstheit. Die F1-Übereinstimmungswerte zwischen EEG und Tagebuch variierten stark (0,06–0,97).
Zirkadiane Rhythmen und Anfallshäufungen erkennbar
Das subkutane EEG ermöglichte die Identifikation individueller zeitlicher Muster epileptischer Aktivität. Neben Anfallshäufungen konnten auch zirkadiane Periodizitäten zuverlässig identifiziert werden. Diese Muster blieben in den Patiententagebüchern oftmals unerkannt oder waren fehlerhaft abgebildet.
EEG-System überwiegend gut verträglich
Das Implantationsverfahren erwies sich insgesamt als gut verträglich. Leichte, vorübergehende Nebenwirkungen standen in Zusammenhang mit der lokalen Anästhesie. Als schwerwiegendere Komplikation trat eine Elektrodenerosion auf. Ein weiterer Patient brach die Teilnahme aufgrund lokaler Schmerzen ab; ein Gerätedefekt führte zu einem zusätzlichen Studienabbruch.
Fazit: Objektivere Anfallserfassung über Monate hinweg
Die prospektive 15-Monats-Studie bestätigt die Machbarkeit und hohe Akzeptanz der Langzeitüberwachung mittels subkutanem EEG bei Patienten mit therapierefraktärer Epilepsie. Das Verfahren liefert deutlich objektivere Daten als Patiententagebücher und ermöglicht die Abbildung individueller Anfallsmuster.