Zieht ein Wolf im Hamburger Süden durch die Wiesen und Wälder? Die CDU und ein Landwirt sind davon überzeugt, nachdem jüngst zwei tote Schafe auf einer Weide entdeckt wurden. Nun fordern die Christdemokraten Konsequenzen vom rot-grünen Senat.

Zwei Wochen, nachdem zwei Schafe auf einer Weide im Hamburger Süden möglicherweise von einem Wolf gerissen worden sind, fordert die Opposition in der Bürgerschaft Konsequenzen. So verlangt die CDU vom rot-grünen Senat, den Wolf unverzüglich in das Hamburger Landesjagdgesetz aufzunehmen – zunächst mit einer ganzjährigen Schonzeit. „Der jüngste Vorfall im Stadtteil Marmstorf zeigt, dass die Gefahr durch den Wolf längst auch Hamburg erreicht hat“, sagt der jagdpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Ralf Niedmers. Der Schutz der Weidetiere und die berechtigten Sorgen der Bevölkerung dürften nicht länger ignoriert werden.

Außerdem braucht es aus Sicht der Elb-CDU zügig eine unbürokratische, pauschale Entschädigungsregelung für Tierhalter bei Rissereignissen. „In Bundesländern wie Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern ist der Wolf bereits Teil des jeweiligen Landesjagdrechts. Darin sehen wir ein sinnvolles Modell auch für Hamburg“, betont Niedmers. Die Hansestadt benötige Rechtssicherheit für Jägerinnen und Jäger, klare Regeln für das Wolfsmanagement und schnelle Hilfe für betroffene Tierhalter. Niedmers: „Hamburg darf hier kein weißer Fleck bleiben.“

Mitte September waren in Hamburg-Marmstorf zwei Kamerunschafe gerissen worden. Das eine Tier sei bereits tot gewesen, als er es am Morgen entdeckt habe, sagte Landwirt Marc Janz, der den Hof nahe der Landesgrenze zu Niedersachsen betreibt. Das andere Schaf sei durch einen Biss in die Kehle so schwer verletzt gewesen, dass es eingeschläfert worden sei. Janz vermutet, dass es ein Wolf war. Sein Wohnhaus sei nur etwa 30 Meter entfernt. Gehört habe er aber nichts.

Eine Bestätigung, dass der jüngste Nutztier-Riss auf einen Wolf zurückzuführen ist, gibt es laut der Umweltbehörde bislang nicht. Das Ergebnis der Genprobe stehe noch aus und werde Anfang Oktober erwartet, hieß es Ende September. Für eine aktuelle Auskunft war die Umweltbehörde am Dienstag zunächst nicht zu erreichen. Den weiteren Angaben zufolge wurde der Wolf 2013 das erste Mal in Hamburg gesehen. Seit fast zehn Jahren arbeiten deshalb mehrere Wolfsbetreuerinnen und Wolfsbetreuer für die Stadt. Sie beraten Tierhalter und protokollieren mögliche Wolfsrisse, Sichtungen und weitere Hinweise.

Sollte sich der Riss im Stadtteil Marmstorf als ein Wolfsriss herausstellen, wäre es erst der dritte auf Hamburger Gebiet. Bisher wurden 2018 in Schnelsen und im April dieses Jahres in Neuenfelde Wildtier-Risse durch Wölfe bestätigt. Gesehen wurde das Tier in Hamburg dagegen schon öfter. So tappte ein Wolf in diesem Jahr in Borghorst in eine Fotofalle, einer wurde im Duvenstedter Brook gesichtet, und in der Fischbeker Heide wurde Losung eines Wolfs gefunden.

Risse von Nutztieren häufen sich

Nachdem Wölfe hierzulande rund 150 Jahre lang ausgerottet waren, wurden im Jahr 2000 die ersten Wolfswelpen in Freiheit geboren – auf einem Truppenübungsplatz in der sächsischen Oberlausitz. Inzwischen gibt es laut Bundesamt für Naturschutz in Deutschland insgesamt 209 bestätigte Wolfsrudel mit gut 1600 Tieren (Stand 2023/24). Das Vorkommen konzentriert sich auf ein Gebiet von Sachsen über Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern nach Niedersachsen.

Dabei häufen sich Risse von Nutztieren wie Schafen und Rindern und sind nach Angaben von Landwirten für die Weidetierhaltung ein spürbares Problem. Es gibt Berichte, nach denen Wölfe teils sogar bis in Ställe vordringen sollen.

Mitte dieses Jahres hatten die EU-Mitgliedsstaaten eine Gesetzesänderung gebilligt, die zum Schutz von Weidetieren den Abschuss von Wölfen erleichtert. Damit wird der Schutzstatus des Wolfes von „streng geschützt“ auf „geschützt“ gesenkt, wie die EU-Länder mitteilten. Der neue Status soll den Mitgliedstaaten mehr Flexibilität beim Management der Wolfspopulationen geben.

Durch die Anpassung in der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) kann Deutschland den Abschuss von Wölfen unter bestimmten Umständen erleichtern. Entsprechend dem Koalitionsvertrag prüft die Bundesregierung daher, wie der Vorschlag der EU-Kommission zur Herabstufung des Schutzstatus des Wolfs in nationales Recht umgesetzt werden kann. Wann die Gesetzesänderungen in Deutschland genau kommen, lässt das zuständige Bundesumweltministerium bislang offen. Bis dahin könnte etwa die Schnellabschussregelung weiter angewandt werden.