Chemnitz (Sachsen) – Kunst kommt von Können – nicht von Klauen. Genau in diesem Verdacht steht ein anonymer Hamburger Street-Art- und Graffiti-Künstler, der sich martialisch „Rage“ (deutsch: Wut) nennt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, ob er womöglich ein gestohlenes Frontteil einer U-Bahn für eine Kunst-Installation in Chemnitz verwendet hat.

Anfang Januar 2025 schraubten Diebe auf einer Abstellanlage der Hamburger Hochbahn eine Fahrzeugfront eines Zuges ab. Es war der letzte U-Bahn-Zug der Baureihe DT3, der bis vor drei Jahren fuhr.

Der Zug sollte restauriert werden. „Das ist ein Hamburger Erbe, wir finden so etwas überhaupt nicht witzig“, sagt Hochbahnsprecher Christoph Kreienbaum zu BILD. Der Vorfall wurde damals angezeigt.

Das Kunstwerk nach dem Polizeieinsatz: Die Front der Hamburger U-Bahn wurde von den Beamten sichergestellt

Nach dem Polizeieinsatz: Die Front der Hamburger U-Bahn wurde von den Beamten sichergestellt

Foto: Michael Schmidt/Red Tower/Hallenkunst

Wo ein Mitarbeiter fündig wurde

Dann passiert lange nichts. Aber ein akribischer Mitarbeiter der Hochbahn gab nicht auf. Er durchsuchte regelmäßig das Internet nach Hinweisen auf die gestohlene Zug-Front und wurde tatsächlich fündig. Unglaublich: bei der Ausstellung „Hallenkunst“ in Chemnitz.

Dort stand das Werk „Rage Against The Machine ½“ – Hauptbestandteil: eben jene verschwundene U-Bahn-Front aus Hamburg.

Die letzten DT3-Züge wurden in Hamburg vor drei Jahren außer Dienst gestellt. Bis auf einen wurden alle verschrottet

Die letzten DT3-Züge wurden in Hamburg vor drei Jahren außer Dienst gestellt. Bis auf einen wurden alle verschrottet

Foto: ddp

Und dass es genau das gestohlene Stück ist, da ist sich der Hochbahn-Mitarbeiter ganz sicher. Denn es gebe auffällige Details in der Lackierung, die sonst bei keinem anderen Zug der DT3-Reihe vorhanden sei. Die Hochbahn informierte daraufhin das Landeskriminalamt. Und die Beamten handelten – Amtshilfe, Ortstermin, Vernehmung und Sicherstellung des Objektes. Darüber berichtete die Chemnitzer „Freie Presse“ zuerst.

Wie sich der Künstler „Rage“ verteidigt

Künstler „Rage“ ließ den Ermittlern ausrichten, er habe das U-Bahn-Teil auf einem Schrottplatz in Mecklenburg-Vorpommern erworben.

Die Ausstellungsmacher äußerten im „Spiegel“ den Verdacht, dass es der Hamburger Hochbahn nur darum gehe, endlich die Identität des Graffiti-Künstlers zu enthüllen.

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Hochbahnsprecher Kreienbaum dazu: „Falsch. Wir haben keine Hintergedanken. Wir wollen nur nicht, dass sich jemand unerlaubt an unseren historischen Zügen zu schaffen macht.“

Die Ausstellung hat inzwischen gegen die Sicherstellung Einspruch eingelegt. Hamburger Staatsanwaltschaft und Polizei ermitteln weiter.