Papst Leo XIV. hat sich gegen eine verkürzte und einseitige Verwendung von Argumenten aus der christlichen Morallehre in der Politik ausgesprochen.
Zur umstrittenen Auszeichnung von US-Senator Dick Durbin durch den Erzbischof von Chicago, Kardinal Blase Cupich, sagte der Papst, man solle, „die gesamte politische Arbeit eines Senators in den Blick zu nehmen, der seit 40 Jahren im Senat der Vereinigten Staaten tätig ist“.
Damit reagierte er auf Vorwürfe mehrerer konservativer US-Bischöfe, die eine solche Ehrung für Durbin scharf kritisiert hatten. Dieser soll im November vom Erzbistum Chicago für seinen Einsatz für Migranten ausgezeichnet werden. In anderen Debatten hatte er sich als Befürworter der Straffreiheit für Abtreibungen profiliert.
Der Papst sagte, er verstehe die damit verbundenen „Schwierigkeiten und Spannungen“, aber es sei „wichtig, viele der Fragen zu betrachten, die mit der Lehre der Kirche zusammenhängen“. So sei es auch nicht wirklich „pro-life“, zu sagen „ich bin gegen Abtreibung“, aber „für die Todesstrafe“. Ebenso müsse man fragen, ob jemand ein Verteidiger des Lebens sei, wenn er, „mit der unmenschlichen Behandlung von Einwanderern in den USA einverstanden ist“.
Abschließend sagte der Papst: „Das sind sehr komplexe Fragen. Ich weiß nicht, ob jemand die ganze Wahrheit darüber kennt, aber ich würde vor allem darum bitten, dass es mehr gegenseitigen Respekt gibt und dass wir gemeinsam versuchen, als Menschen – in diesem Fall als amerikanische Staatsbürger oder Bürger des Bundesstaates Illinois – und auch als Katholiken zu sagen: ‚Wir müssen uns all diese ethischen Fragen wirklich genau ansehen und den Weg finden, den wir als Kirche gehen wollen.‘ Die Lehre der Kirche zu jedem dieser Themen ist klar.“
Der Papst äußerte sich am Dienstagabend auf Reporterfragen vor seiner Zweitresidenz in Castel Gandolfo, wo er wie üblich den Dienstag verbracht hatte. Den Wortlaut der Antworten veröffentlichte das Portal Vatican News am Mittwochmorgen.
Robert Francis Prevost (Papst Leo XIV.)
Robert Francis Prevost gilt als ein Kardinal der Mitte. Obwohl US-Amerikaner ist der Ordensmann in Rom, der Kurie und der Weltkirche zu Hause. Zuletzt leitete der 69-Jährige die Vatikanbehörde für Bischöfe, quasi die Personalabteilung der katholischen Weltkirche. In dieser Funktion war Prevost in den vergangenen zwei Jahren zuständig für einen Großteil der Bischofsernennungen weltweit.