Während gerade die Pflichtaufgaben von Bund und Land den Leipziger Haushalt zunehmend ins Kippen bringen, sorgen sich vereinzelte Fraktionen im Stadtrat auch darum, wie man die Einnahmen für das Stadtsäckel vielleicht sogar steigern könnte. Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen hatte in den Verhandlungen zum Doppelhaushalt 2025/2026 zum Beispiel vorgeschlagen, Leipzig könne ja eine Grundsteuer C einführen. Die ist nach Bundesrecht möglich, um die Besitzer von unbebauten Grundstücken mit einer Steuer dazu zu animieren, diese tatsächlich zu bebauen.
Logisch, dass sich Finanzbürgermeister Torsten Bonew erst einmal Zeit erbat, die möglichen Folgen einer Grundsteuer C für Leipzig zu prüfen. Denn weder weiß die Stadt bis jetzt, welche Grundstücke im Sinne des Gesetzes derzeit tatsächlich als unbebaut gelten, noch sind die Folgen der Anwendung der Grundsteuer C so einfach abzuschätzen. Das macht auch die Antwort der Stadtkämmerei auf die Anfrage der Grünen zum Stand der Prüfung deutlich.
„Im Oktober 2024 hat unsere Fraktion einen Antrag zur Einführung der Grundsteuer C in Leipzig eingereicht, um Spekulation mit Bauland einzudämmen und die Einnahmesituation der Stadt Leipzig zu verbessern. Letzteres wird im Rahmen der aktuellen Haushaltssituation wichtiger denn je. Im Rahmen der Haushaltsaufstellung 2025/26 einigten sich die Fraktionen und die Stadtverwaltung darauf, dass durch die Verwaltung bis zum 31.12.2025 geprüft wird, welche Grundstücke von der Grundsteuer C betroffen sind.
Auf Basis der Ergebnisse dieser Untersuchung wird anschließend entschieden, ob die Einführung der Grundsteuer C im Jahr 2027 für die Stadt Leipzig sowohl umsetzbar als auch zielführend ist. Das Ergebnis der Untersuchung und ein entsprechender Entscheidungsvorschlag sind dem Stadtrat im I. Quartal 2026 vorzulegen“, listen die Grünen in ihrer Anfrage noch einmal den von der Stadt in Aussicht gestellten Zeitplan auf.
Und mit Blick auf den Wohnungsmarkt und die fehlenden Wohnungen in Leipzig scheint aus Sicht der Grünen-Fraktion die Einführung der Grundsteuer C nach wie vor sinnvoll: „Die Grundsteuerreform trat zum 01.01.2025 in Kraft, wobei die Stadt Leipzig bereits beschlossen hat, den Hebesatz der Grundsteuer B von 650 % auf 450 % zu senken und den Hebesatz für die Grundsteuer A von 350 % auf 600 % zu erhöhen.
Die Einführung einer Grundsteuer C wäre ein weiterer wichtiger Baustein der kommunalen Steuerpolitik. Sie bietet angesichts der notwendigen Haushaltskonsolidierung die Möglichkeit zusätzlicher Einnahmen. Die Grundsteuer C eröffnet Kommunen die Möglichkeit, baureife, aber unbebaute Grundstücke höher zu besteuern und damit Anreize zur Bebauung zu schaffen.
Dies wäre angesichts der angespannten Wohnraumsituation in Leipzig ein wichtiges Instrument zur Mobilisierung von Bauland. Da bereits mehr als die Hälfte des vorgesehenen Prüfzeitraums verstrichen ist, ist ein Sachstandsbericht für eine transparente Information des Stadtrats und der Öffentlichkeit über den Fortschritt der Prüfung sinnvoll. Dies ermöglicht es dem Stadtrat, frühzeitig auch vor dem Hintergrund des aktuellen Haushaltsgenehmigungsprozesses über mögliche Herausforderungen informiert zu werden.“
Erst braucht es eine Datengrundlage
Aber wie ist der Stand der Dinge? Dazu fragte am 24. September in der Ratsversammlung auch der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Dr. Tobias Peter, extra noch einmal nach.
Aber so einfach wird weder eine neue Steuer eingeführt, noch kann die Stadt einfach auf Knopfdruck sagen, welche Grundstücke in Leipzig tatsächlich im Sinne des Bewertungsgesetzes als unbebaut gelten und damit mit Grundsteuer C besteuert werden könnten.
„Die Feststellung, ob ein Grundstück unbebaut ist, obliegt ausschließlich dem Finanzamt“, stellt denn auch die Stadtkämmerei in ihrer Antwort an die Grünen-Fraktion fest. „Die Stadtverwaltung kann im Rahmen ihrer Prüfung lediglich vorbereitende Feststellungen treffen oder Informationen bereitstellen, eine rechtsverbindliche Einstufung von Grundstücken – insbesondere in Fällen mit nicht benutzbaren Gebäuden oder kleineren Nebenanlagen – liegt jedoch ausschließlich in der Zuständigkeit des Finanzamts.“
Was im ersten Schritt hieß: Die Stadt muss sich für eine Liste dieser auch nach Gesetzeslage unbebauten Grundstücke mit dem Finanzamt ins Einvernehmen setzen. Erst wenn es diese Liste gibt, weiß auch der Finanzbürgermeister, ob sich die Einführung einer Grundsteuer C in Leipzig überhaupt lohnt. Oder ob allein der dabei anfallende Arbeitsaufwand diese zusätzliche Einnahme geradezu konterkariert.
Und so betont die Kämmerei denn auch: „Für die Abwägung, ob die Einführung der Grundsteuer C in Leipzig zielführend ist, sollte zunächst geprüft werden, wie groß der Umfang der ‘eindeutig’ unbebauten Grundstücke (§ 30, § 34 BauGB) ist und welche Risiken und Herausforderungen für eine Einführung der Grundsteuer C in Leipzig bestehen. Ein wichtiges Kriterium ist dabei die Identifikation der unbebauten Grundstücke entsprechend der Definition des § 246 BewG.“
Kaum Spielraum für Härtefälle
Und wenn man die unbebauten Grundstücke dann genauer betrachtet, gibt es ganz bestimmt jede Menge Grenzfälle, in denen die Eigentümer gute Gründe haben können, nicht zu bauen. Aber Ausnahmeregelungen lässt das Bundesgesetz so nicht zu. Da müsste schon der Freistaat eine eigene Verordnung erlassen.
„Die Annahme, die Ratsversammlung könne eigenständig Härtefallregelungen treffen, ist unzutreffend“, betont auch die Kämmerei. „Solche Regelungen erfordern ein sächsisches Landesgesetz. Die Stadtverwaltung ist verpflichtet, das Bundesmodell gemäß § 85 Abgabenordnung umzusetzen. Eine eigenmächtige Abweichung von der Gesetzeslage wäre nicht zulässig und könnte strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Somit ist die Stadtverwaltung an das Bundesmodell gebunden und muss die Besteuerung von baureifen Grundstücken ohne landesrechtliche Ausnahmen durchführen. Es gibt keine expliziten Ausnahmeregelungen wie Sperrfristen oder Flächenbegrenzungen, wie sie z. B. in Hamburg vorgesehen sind.“
Und die Stadtkämmerei zählt dann einige der möglicherweise entstehenden Härtefälle auf, die dann von der Grundsteuer C betroffen wären: „Privat gehaltene Grundstücke: Beispielsweise Enkel-Grundstücke, die von Familien für eine spätere Bebauung vorgehalten werden.
Gewerblich genutzte Grundstücke: Grundstücke, die von Unternehmen für zukünftige Erweiterungen reserviert sind. Grundstücke mit Bauhindernissen: Grundstücke, die aufgrund von Baustoffmangel, finanziellen Engpässen oder anderen äußeren Umständen vorübergehend nicht bebaut werden können.“
Erste Ergebnisse im November
Die Stadt tut also wirklich gut daran, die mögliche Einführung einer Grundsteuer C sehr gründlich zu prüfen. Nur sind die Grünen auch ein wenig ungeduldig, weil sie auch gern wüssten, ob der Vorstoß Sinn macht oder einfach nur neue Bürokratie produziert.
Und so wollten sie nun auch wissen, ob die Stadt bei der Prüfung im Zeitplan liegt: „Ist die Verwaltung weiterhin in der Lage, dem Stadtrat im I. Quartal 2026 das Ergebnis der Untersuchung und einen entsprechenden Entscheidungsvorschlag vorzulegen?“
„Zum jetzigen Zeitpunkt kann seitens der Verwaltung keine verlässliche Einschätzung dazu abgegeben werden, ob im I. Quartal 2026 bereits das Ergebnis der Untersuchung sowie ein Entscheidungsvorschlag vorgelegt werden können, da derzeit die Arbeitsergebnisse der Verwaltungsspitze noch nicht vorliegen und somit keine belastbare Aussage getroffen werden kann“, teilte die Stadtkämmerei mit.
In der Ratsversammlung am 24. September konnte Finanzbürgermeister Torsten Bonew zumindest schon einmal ankündigen, dass die Ergebnisse aus dem Planungsdezernat, was die möglicherweise betroffenen Grundstücke betrifft, wohl im November vorliegen werden.