In den Behörden und Staatlichen Forstwirtschaftsgebieten habe damals Aktionismus eingesetzt. Im „VEB Vereinigte Netz- und Seilwerke Heidenau“ lief die Produktion von Fangnetzen an, gleichzeitig wurden vielerorts die Hasenfänger aus der Jägerschaft geschult. In Schulen übten die Acht- bis Zehntklässler das Treiben in Schützenkette, damit möglichst wenige Hasen ausbrechen konnten.

Immer wieder sonntags …

Dass die Sache wichtig war, zeigte sich nach Schneiders Worten daran, dass man besonders aktiven Jagdleitern Versprechungen machte: Sie sollten Jagdwaffenfreigaben und Geldprämien bekommen und die Schüler schmackhaftes Essen. Grundsätzlich seien die Fangtage auf Sonntage gelegt worden, um keinen Arbeits- und Unterrichtsausfall zu haben. Zeiten und Orte der Fangaktionen wurden oft öffentlich gemacht, was viele Schaulustige anlockte. Um das langohrige Exportgut nicht zu dezimieren, waren in Gebieten mit besonders großen Populationen normale Hasenjagden untersagt worden.

Genossen und Waidgenossen beim Großkampftag

Friedrich Schneider erinnert sich an einen Novembersonntag im Kreis Großenhain, als der Vorsitzende des Rates des Kreises vorm Hasenfang eine Rede hielt: „Liebe Waidgenossen, liebe Genossen, liebe Schüler! Zum heutigen Hasengroßkampftag wünsche ich allen die besten Erfolge zum Wohle der Deutschen Demokratischen Republik!“

So lief der Hasenfangtag ab: „Es wurden spezielle Netze aufgestellt. Vor den Netzen lagen erfahrene Jäger als Fänger, während Schüler aus umliegenden Schulen als Treiber im Einsatz waren und die Hasen aus dem Gras auf die Läufe brachten“, erklärt Jagdexperte Schneider. Und weiter: „Als sich die Hasen in den Netzen verfangen hatten, sprangen die Jäger auf, fitzten sie heraus und steckten sie in vorbereitete Holzkisten.“ Bei der Aktion seien innerhalb von vier Stunden 120 Hasen gefangen worden.

Per Flugzeug nach Südfrankreich

Die Kisten mit den Hasen seien anschließend nach Dresden gebracht und wenige Stunden später mit weiteren gefangenen Hasen aus anderen Gebieten per Interflug-Flugzeug nach Südfrankreich geflogen worden. Denn die Franzosen sind ein jagdfreudiges Volk, erzählt Friedrich Schneider. Sie hatten in den 1960er-Jahren ihre eigenen Hasenbestände arg dezimiert. Da kam die DDR ins Spiel. Der Arbeiter- und Bauernstaat brauchte ständig Devisen und auch der Feldhasenexport brachte etwas ein. Wie viel ist allerdings nicht bekannt.

Besonders die großen Felder in der DDR, die durch die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) bewirtschaftet wurden, boten aufgrund des strukturarmen, offenen Geländes ideale Lebensbedingungen für Feldhasen. Dadurch war der Bestand in einigen Regionen hoch genug, um regelmäßig Hasen für den Export zu fangen, ohne die lokalen Populationen langfristig zu gefährden. Solche Gebiete lagen häufig in den großen Agrarlandschaften der Magdeburger Börde, im Leipziger Raum, in der Lausitz sowie in Teilen von Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern.

Monokultur sorgte für niedrigere Hasenpopulation

Aber die Hasenexporte endeten Mitte der 1970er-Jahre, weil die Tierbestände rapide abgenommen hatten. Das lag nicht nur an den Fangaktionen, sondern vor allem an der Intensivierung und chemischen Düngung der Äcker sowie am Verlust von Grünland in der DDR. In Monokulturen wie etwa im Mais fanden die Hasen kaum noch Lebensräume. Unter den Maisstängeln gibt es nur nackten Ackerboden.

Doch der Feldhase, ursprünglich ein Steppenbewohner, benötigt eine strukturreiche Offenlandfläche. „Der Hase braucht zum Überleben eine ‚Hasenapotheke‘. Das sind Gräser und Unkräuter“, weiß der erfahrene Jäger Friedrich Schneider. Besonders Brachen mit Wildkräutern seien eine wichtige Futtergrundlage. Die sogenannte Hasenapotheke umfasst mehrere Dutzend Wildpflanzen wie Baldrian, Löwenzahn oder Wilde Möhre. 

Gute Nachricht zu Ostern

Die Zahl der als gefährdete Art eingestuften Feldhasen ist bundesweit zuletzt stabil geblieben. Im Durchschnitt tummelten sich vergangenes Frühjahr 19 Langohren pro Quadratkilometer auf Wiesen und Feldern. Vor allem in Hessen und Rheinland-Pfalz haben sich die Zahlen verbessert, heißt es vom Deutschen Jagdverband (DJV).