Nach dem Feuer und den Explosionen in einem Münchner Wohnhaus ist ein weiterer Toter entdeckt worden. Neben dem Tatverdächtigen, der sich selbst das Leben nahm, kam ein weiterer Mensch ums Leben, wie die Polizeit mitteilte.

Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich dabei um den 90 Jahre alten Hausbesitzer und Vater des mutmaßlichen Täters handelt. Er sei auf Aufnahmen des abgebrannten Hauses entdeckt worden, das wegen der Hitze aber bis zum frühen Abend noch nicht betreten werden konnte.

57-jähriger Tatverdächtiger

Als tatverdächtig gilt ein 57-jähriger Deutscher aus Starnberg. Er sei „bislang ein unbeschriebenes Blatt“ – auch im Bereich des Staatsschutzes, teilte die Polizei am späten Nachmittag mit. Sie geht davon aus, dass er das Haus im Streit mit seiner Familie angezündet hat. Wie Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte, soll er die Vaterschaft für seine Tochter angezweifelt und in diesem Rahmen sogar eine Petition an den bayerischen Landtag gestellt haben.

Die 21-Jährige ist eine von zwei verletzten Frauen. Sie war aus dem brennenden Haus gerettet worden. Ihre 81 Jahre alte Oma, die Mutter des Tatverdächtigen, hatte sich den Angaben zufolge im Garten versteckt. Sie sei mittelschwer verletzt, ihre Enkelin leicht.

Polizeikräfte verfolgten den mutmaßlichen Täter dann zu einem nahe gelegenen See, an dem er sich das Leben nahm. Auf dem Weg dorthin hatten Anwohner gehört, wie er Schüsse abgab und womöglich weitere Sprengsätze zündete.

Der Brand und die Explosionen hatten seit dem frühen Morgen einen Großeinsatz der Münchner Polizei ausgelöst. In dem betroffenen Wohngebiet wurden in diesem Zusammenhang auch ausgebrannte Fahrzeuge gefunden.

Ein Anwohner berichtet

„Gegen circa fünf Uhr aufgewacht, weil es ein paar Mal gescheppert hat“, sagte ein Anwohner. „Aufgestanden, nachgeschaut, und dann hat’s gebrannt.“ Eine weitere Anwohnerin berichtete von einer beißenden Rauchwolke, der Brandgeruch war weithin wahrnehmbar.

Noch Stunden später war der Rauch aus der Ferne zu sehen. „Es wird alles evakuiert, die ganze Straße“, sagte eine Frau. Die Polizei sperrte den Bereich großräumig ab, der Verkehr staute sich.

Der ausgebrannte Lieferwagen im Münchener Wohngebiet.

© REUTERS/CHRISTINE UYANIK

Schwer bewaffnete Einsatzkräfte waren in dem normalerweise sehr ruhigen Viertel am Rande Münchens unterwegs. Die Polizei ordnete einen Evakuierungsradius von 200 Metern rund um das brennende Gebäude an, der von den Anwohnern geräumt werden sollte. Auch eine Mittelschule wurde gesperrt. Die Feuerwehr war nach Angaben eines Sprechers mit etwa 100 Mann vor Ort. 

Weil dann im Briefkasten eines Nachbarhauses ein Schreiben des mutmaßlichen Täters gefunden wurde, in dem er auch das Oktoberfest bedrohte, wurde die Wiesn stundenlang geschlossen und nach Sprengsätzen abgesucht.

Nach Sprengstoffdrohung: Oktoberfest ist wieder zugänglich

Um Punkt 17.30 Uhr wurde das Gelände dann wieder geöffnet und die wartenden Massen strömten auf die Wiesn, wie dpa-Reporter vor Ort berichteten. Nach der Nachricht, dass das Oktoberfest noch geöffnet werden kann, hatten sich am Mittwochnachmittag die Menschen an den Eingängen gesammelt.

Zuvor hatte die Stadt auf ihrer Homepage mitgeteilt, dass es „ein entsprechendes Schreiben“ gebe, das einen Zusammenhang mit den Explosionen und dem Brand im Münchner Norden nahelegt.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat die vorübergehende Schließung im Nachhinein als richtig bezeichnet. Eine Drohung von jemandem, der so brutal gegen die eigene Familie gehandelt und das eigene Elternhaus angezündet und quasi in die Luft gesprengt habe, müsse man ernst nehmen, sagte der Minister.

Der Mann habe in einem Brief „ein bombiges Erlebnis auf der Wiesn“ angekündigt und diesen in den Briefkasten einer Nachbarin geworfen, erläuterte Herrmann. Das sei eine Situation, die man ernst nehmen müsse.

Die Behörden waren seit dem Morgen auf der Suche nach möglichst vielen Sprengstoffhunden, um das Oktoberfestgelände absuchen zu können.

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Die Polizei hatte zwischenzeitlich mitgeteilt, auch einen Zusammenhang mit der Antifa zu prüfen. Auf der Website indymedia.org war am frühen Morgen ein Text mit dem Titel „Antifa heißt Angriff“ gepostet worden. Inzwischen ist der Text nicht mehr abrufbar. Die Polizei geht davon aus, dass es sich „um Trittbrettfahrer“ handelte, schrieb sie auf X. Laut „Süddeutscher Zeitung“ hat es in dem angeblichen Bekennerschreiben mehrere unzutreffende Angaben gegeben.

Auf der Plattform Indymedia kann jeder ohne Registrierung einen Beitrag veröffentlichen – auch anonym. Der Beitrag erschien dort, als erste Berichte über den Vorfall im Münchner Norden bereits veröffentlicht waren. (dpa/AFP/Tsp)

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