Nach über drei Jahren Untersuchungsausschuss im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern sind die Vertreter der Parteien eigentlich in einem Punkt relativ einig: Die mittlerweile höchst umstrittene Klimaschutzstiftung war in den ersten Wochen des Jahres 2021 einstimmig vom Landtag gegründet worden, um vor allem am Bau der Pipeline Nord Stream 2 beteiligte Firmen vor den seinerzeit angedrohten US-Sanktionen zu schützen und die Fertigstellung der Gasleitung aus Russland nicht zu gefährden.
USA, Russland, Europa – die Global Player der Welt kämpften um ihre (Energie-)Interessen und das unbedarfte Mecklenburg-Vorpommern war mit seinem Gasanlandepunkt in Lubmin plötzlich zu einem Spielball auf der geopolitischen Weltkarte geworden. Auch wenn aufgrund des Ukraine-Krieges und den anschließend verhängten Sanktionen nie russisches Gas durch die Pipeline auf dem Grund der Ostsee floss, ist die Gasleitung von der Weltkarte nicht verschwunden – der Sprengstoffanschlag auf die beiden Nord-Stream-Leitungen (die erste Pipeline war 2011 in Betrieb gegangen) im September 2022 hält die Politik weiter in Atem. Der Anschlag selbst und die Suche nach den Attentätern könnte auch Stoff für einen James-Bond-Agenten-Thriller liefern.
Verwunderung über deutschen Blick auf Nord Stream
In dieser Woche kam ein neues Kapitel hinzu. In Polen wurde ein weiterer Ukrainer gefasst, der im Verdacht steht, am Anschlag beteiligt gewesen zu sein. Laut Haftbefehl der Generalbundesanwaltschaft soll eine ukrainische Sabotagegruppe die Segeljacht „Andromeda“ in Rostock gechartert und in jener Nacht vor drei Jahren mit ihrer Hilfe vier Sprengsätze am Meeresgrund in 70 bis 80 Metern Tiefe angebracht haben.
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Es ist die zweite Festnahme eines Ukrainers rund um die Nord-Stream-Sabotage: Ein ebenfalls tatverdächtiger Ukrainer war im August in Italien festgenommen genommen worden. Die Bundesanwaltschaft wirft dem Ukrainer vor, der Drahtzieher der Anschläge auf die Ostsee-Pipelines zu sein. Doch ist die Ukraine-Spur wirklich die einzige, die zu den Attentätern führt?
Der dänische Investigativjournalist Bo Elkjær befasst sich seit langem mit den Nord-Stream-Sprengungen. In den vergangenen drei Jahren habe er alle verfügbaren Akten, Wetterberichte und Schiffspositionen ausgewertet sowie mit dutzenden Zeugen gesprochen, berichtete in dieser Woche der NDR. Demnach wundere sich der Journalist, dass seine deutschen Kollegen den Fall als weitestgehend gelöst betrachten. Elkjær würden eindeutige Beweise fehlen, dass es nur das ukrainische Sabotagekommando an Bord der „Andromeda“ gewesen sein könne. Zumal in den Tagen vor der Sprengung auch drei amerikanische Kriegsschiffe in den Gewässern rund um den Tatort unterwegs gewesen sein sollen.
Generalbundesanwaltschaft bleibt bei Ukraine-Theorie
Für den dänischen Journalisten gibt es laut NDR noch viele offene Fragen. Beispielsweise: Warum wurde die „Andromeda“ von zwei Leuten gechartert, die auch Verbindungen nach Russland haben? Warum ist dies in Rostock und nicht in Polen geschehen, wo der Weg zu den Sprengstellen kürzer gewesen wäre? Warum zeitraubende und gefährliche Tauchgänge, wenn die Sprengladungen auch mit einer handelsüblichen Unterwasserdrohne hätten platziert werden können?
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Spannend in dem Zusammenhang: Die Generalbundesanwaltschaft hatte kürzlich im Deutschlandfunk angekündigt, eventuell demnächst Beweise zu präsentieren, die die These eines ukrainischen „Andromeda-Geheimkommandos“ untermauern sollen.