Als der Richter am Arbeitsgericht Augsburg zum Ende der Verhandlung ziemlich deutlich durchblicken lässt, wer sich hier im Recht befindet, da ist die Anwältin der Stadt Augsburg schon lange in Erklärungsnot geraten. Die frühere Pressesprecherin von Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU), Stella Plazibat, hat erfolgreich auf Wiedereinstellung geklagt, nachdem sie – so sieht sie es – wegen ihrer Liaison zu einem Stadtratsmitglied aus der Opposition kaltgestellt worden sei. Die Stadt dementiert das gar nicht: Sie habe aus Fürsorgepflicht gehandelt, um der Pressesprecherin Interessenskonflikte zu ersparen. Warum Plazibat dann jedoch auf einem mehr oder weniger bedeutungslosen Posten ihr Dasein fristen sollte, der laut Gericht nicht vergleichbar mit ihrer bisherigen Stelle ist, das konnte die Anwältin nicht plausibel darlegen.

Es kommt im Freistaat nicht oft vor, dass ein Streit zwischen einer der engsten Mitarbeiterinnen und einer Oberbürgermeisterin vor Gericht ausgetragen wird. Pressesprecher müssen politische Inhalte und Tätigkeiten von Oberbürgermeistern nach außen kommunizieren, entsprechend detailliert sind sie eingebunden. Dass die Arbeit und das Vertrauensverhältnis am Ende an einer Beziehung scheitert und das Problem nicht intern gelöst wird, macht die Angelegenheit für die Stadt und Oberbürgermeisterin Weber umso pikanter.

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Dass Stadtratsmitglied Raphael Brandmiller der Lebensgefährte ihrer Pressesprecherin ist, das wusste die Oberbürgermeisterin ja bereits bei ihrer Einstellung. Es war aber wohl kein Problem, da Brandmiller von der örtlichen Gruppierung Generation Aux eng mit den Grünen zusammenarbeitete und somit gewissermaßen zum Rathausbündnis zwischen CSU und Grünen gehörte. Dies änderte sich jedoch innerhalb der Legislaturperiode, Brandmiller und Grüne lösten ihre Bande auf. Etwa im Zuge des Karstadt-Aus in Augsburg kritisierte Brandmiller die Oberbürgermeisterin und ihre Verwaltung dann scharf. Sinngemäß sprach er davon, dass Weber mehr auf Instagram präsent sei, anstatt sich um die Probleme der Stadt zu kümmern – ein Vorwurf, den er in der Opposition in Augsburg bei Weitem nicht exklusiv hat.

Ein Konfliktherd sei in dieser Konstellation ein Stück weit da, das gestand auch die 4. Kammer am Arbeitsgericht zu. Wobei die Anwältin der Stadt betonte, dass der früheren Pressesprecherin nie Illoyalität vorgeworfen worden sei. Das konstatierte auch der Richter. „Es wurde nie etwas durchgestochen.“ Die Klägerin, so argumentierte ihr Anwalt Marcus R. Klopfer, habe sich insofern nie etwas zuschulden kommen lassen. Dennoch sei an ihr ein Exempel statuiert worden, indem sie aus ihrer herausgehobenen Position entfernt und ins „zweite, dritte oder vierte Glied“ zurückgestuft worden sei.

Am Ende ging es also um die Frage, ob der Posten im Baureferat, auf dem Plazibat inzwischen arbeitet, gleichwertig mit ihrer Arbeit als Kommunikationsverantwortliche der Oberbürgermeisterin ist. Die Anwältin der Stadt befand sich somit in der auch laut Richter „kuriosen“ Situation, dass sie es verteidigen musste, dass dieser neue Posten ein ebenso hohes Gehalt rechtfertigt wie die bisherige Stelle als Pressesprecherin. Eigentlich müssen Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht meist argumentieren, warum ein höheres Gehalt eben nicht statthaft ist. Und genau hier wurde in der mündlichen Verhandlung recht schnell deutlich, dass die Stadt kaum Argumente auf ihrer Seite hat.

Er habe mal gegoogelt, sagte der Richter. „Da habe ich nicht allzu viel gesehen“

Plazibat soll im Baureferat die strategische Kommunikation für die sogenannte Internationale Bauausstellung konzipieren. Das ist keine Ausstellung auf einer Messe, sondern ein Stadtentwicklungsprogramm, das Projekte in der Stadt anstoßen soll. Diese Internationale Bauausstellung ist jedoch so bedeutend, dass das Programm kaum jemand kennt, wie auch der Richter kritisierte. Er habe mal gegoogelt, sagte er. „Da habe ich nicht allzu viel gesehen.“ Nicht einmal ein Budget hat die Stadt dafür zur Verfügung gestellt. Dann kann das Projekt ja so wichtig nicht sein, sagte auch der Richter. Zumal wenn, wie sich in der Verhandlung herausstellte, eines der Themen dieses Stadtentwicklungsprogramms eine Magnetschwebebahn sein soll, von der noch nie in Augsburg die Rede war.

Die Anwältin der Stadt argumentierte, dass es ja eben genau Aufgabe der Klägerin sei, „überzeugende Projekte zu pitchen“ und somit Geld einzuwerben. Da verkannte sie jedoch, wie ihr auch der Richter vorhielt, die Stellenbeschreibung, wonach Plazibat als PR-Profi für die Entwicklung von Kommunikationsstrategien verantwortlich sein soll. Und eben nicht dafür, diese Projekte zu organisieren und zu managen. Wobei die frühere Pressesprecherin offenbar auch im Informationsfluss kaltgestellt wurde. Sie dürfe, sagte sie, nicht einmal mehr zum jährlichen Presseempfang der Stadt, wie solle sie sich da vernetzen und kommunizieren?

Laut Gerichtsentscheid muss Plazibat nun also wieder als Pressesprecherin der Oberbürgermeisterin eingestellt werden. Da dies angesichts der Stimmungslage unmöglich erscheint, muss die Stadt wenigstens zusehen, ihr eine entsprechend gleichwertige Stelle zu verschaffen. „Ich will bei der Stadt bleiben, ich arbeite dort gerne“, sagte Plazibat nach der Verhandlung. „Ich bleibe gesprächsbereit.“