Nach dem großen öffentlichen Druck hat Jan Böhmermann den Auftritt von Rapper Chefket im Rahmen seiner Ausstellung abgesagt – nun verliert er auch die übrigen Musik-Acts. Einige der Künstler äußern sich.
Sämtliche im Rahmen der Böhmermann-Austellung „Die Möglichkeit der Unvernunft“ im Haus der Kulturen der Welt (HKW) geplanten Konzerte sind vorerst abgesagt. Nach Domiziana, Wa22ermann und Drunken Masters haben auch Mine und Akryl ihre geplanten Auftritte gecancelt.

Konzerte von Chefket und weiteren Künstlern bei Böhmermann-Ausstellung abgesagt
Ein für den 7. Oktober geplantes Konzert des Rappers Chefket in Berlin wurde abgesagt. Es sollte im Rahmen der Ausstellung „Die Möglichkeit der Unvernunft“ von Satiriker Jan Böhmermann stattfinden. Nun folgen weitere Absagen.mehr
Chefket-Konzert wegen eines Shirts abgesagt
In einem via Instagram verbreiteten Statement schrieben Mine & Band, sie sehen „keine Möglichkeit, das Konzert guten Gewissens zu spielen“, nachdem dem Rapper Chefket sein Auftritt vom Veranstalter untersagt worden war. Zuvor hatten bereits Domiziana, Wa22ermann und Drunken Masters ihren für Donnerstag geplanten Auftritt abgesagt.
Nach öffentlichem Druck, vor allem vom parteilosen Kulturstaatsminister Wolfram Weimer, hatten sich Jan Böhmermann und sein Team zu der Absage entschlossen. Weimer warf Chefket vor, eine antisemitische Haltung zu haben, aufgrund eines Shirts, das der Rapper in Videos auf Instagram trägt. Darauf ist der Umriss einer stilisierten Nahost-Karte zu sehen, auf der zwar Palästina, nicht aber Israel abgebildet ist.
Ob das Motiv verboten ist, ist nicht klar. Die Berliner Polizei antwortete bislang nicht auf eine diesbezügliche Anfrage des rbb. Das wie ein Fußball-Trikot anmutende Shirt ist allerdings eines, das im Stadtbild und auch in anderen europäischen Städten schon länger zu sehen ist und sich in gewissen Communitys, beispielsweise im Sportkontext (aufgrund des Designs als Fußball-Trikot), als ein Modekleidungsstück etabliert zu haben scheint.
In Böhmermanns erstem Statement hatte er die Absage auch mit dem Datum begründet. Weil das Konzert am 7. Oktober, dem zweiten Jahrestags des Angriffs der Hamas auf Israel, stattfinden sollte, habe man sich für die Absage entschieden, weil eine Integrität der Veranstaltung nicht zu garantieren gewesen sei, hieß es.

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Künstler kritisieren Druck aus der Politik auf Kultur
Im Anschluss sagten auch Blumengarten, die am Montag – dem Tag, an dem die Chefket-Absage publik wurde – hätten spielen sollen, ihren Auftritt ab. In einem von „Hiphop.de“ zitierten Statement, erklärten sie, sie hätten Chefket ihren Platz angeboten, er habe so kurzfristig aber nicht kommen können.
Blumengarten kritisierten in ihrem Statement, dass Künstler und Veranstalter von der Politik und Medien „gezielt unter Druck gesetzt“ worden sein. Domiziana, die ihren Auftritt später ebenfalls absagte, kritisierte in ihrem Statement, Böhmermann hätte statt dem 7. Oktober auch einen anderen Termin für den Auftritt von Chefket finden können.
Kulturstaatsminister Weimer, der mit seinem öffentlichen Druck wohl maßgeblich zur Absage des Konzerts beitrug, positionierte sich in der Vergangenheit als Kritiker des Islam. Er ist in der Kulturszene stark umstritten. Gegen seine Ernennung zum Kulturstaatsminister etwa wurde 2025 eine Petition gestartet, die über 70.000 Unterschriften sammelte – unter anderem aus Sorge davor, dass er nicht für eine offene und kritische Kulturlandschaft stehen werde.
Böhmermann postet kryptische Nachricht mit Chefket-Song
Die meisten der Künstlerinnen und Künstler, die ihre Auftritte absagten, äußerten sich in ihren Statements auch zum Krieg in Israel und Gaza. Mine schrieb beispielsweise „die Lage in Gaza ist entmenschlichend. Der Genozid ist für alle sichtbar“.
Jan Böhmermann reagierte zunächst nicht mit einem Statement auf die Absagen. Er postete allerdings am Donnerstagnachmittag ein Bild seiner Ausstellung am Haus der Kulturen der Welt auf Instagram, im Post verlinkte er Chefket.
Zudem band er den Song „IGN“ von Chefket ein, in dem der Rapper unter anderem Verschwörungstheorien und Vorurteilen entgegentritt – beispielsweise auch mit der Zeile „Jeder Jude hat Geld, Türken lieben die AKP (…) Ich glaube nicht, ich glaube nicht.“ Dazu postete Böhmermann drei Emojis – ein Herz, eine hochgereckte Faust und einen zwinkernden Smiley. Die Reaktionen in den Kommentaren waren gemischt.
Sendung: radio3, 02.10.2025, 16:30 Uhr