Nicht nur neue Wohnungen, Schulen, Sport- und Schwimmhallen müssen im enger gewordenen Leipziger Stadtgebiet ihren Platz finden. Mit der Energiewende kommt nun auch das Thema Umspannwerke auf, von denen mehrere im Stadtgebiet ihren Platz finden müssen. Wie heftig die Konflikte um die neuen Standorte werden können, hat man ja gerade in Stötteritz erlebt. Aber wo werden dann die anderen von der L-Gruppe geplanten Umspannwerke ihren Platz bekommen, wollte die SPD-Fraktion im Stadtrat wissen.

„Die Energieversorgung in vielen europäischen Industriestaaten hängt mehr und mehr am seidenen Faden – weil der Bedarf an elektrischem Strom steigt und eine Überlastung der bestehenden Netzstrukturen droht. Auch in Leipzig beobachten Experten diesen Trend. Die fortschreitende Umsetzung der Energie- und Wärmewende, etwa durch den Ausbau der Elektromobilität und den vermehrten Anschluss von Wärmepumpen, die zunehmende Ansiedlung von Gewerbe- und Industrieunternehmen mit hohem Leistungsbedarf sowie wachsende Wohnquartiere machen in der Messestadt den mittel- bis langfristigen Ausbau der Stromnetze notwendig“, beschrieb die SPD-Fraktion in ihrer Anfrage das zu lösende Problem.

„Um den prognostizierten Strombedarf zuverlässig decken zu können, ist der Bau von bis zu sieben neuen Umspannwerken sowie rund 500 Ortsnetzstationen und der Ausbau von zirka 350 Kilometern Mittelspannungsleitungen in Leipzig vorgesehen.“

Aber Planen ist das eine. Im Stadtgebiet gibt es immer mehr Nutzungskonflikte und berechtigterweise haben die betroffenen Bürger ein riesiges Bedürfnis nach Information.

„Damit die Bevölkerung rechtzeitig informiert wird, müssen Stadtwerke und die Netz Leipzig GmbH die betroffenen Stadtbezirksbeiräte und Ortschaftsräte frühzeitig über die Notwendigkeit der Errichtung eines Umspannwerks sowie die geplanten Untersuchungsräume informieren“, stellte die SPD-Fraktion fest.

„Gleichzeitig muss eine frühzeitige Öffentlichkeitsinformation in geeigneter Form gewährleistet werden. Nur mit einer umfassenden Bürgerbeteiligung schon zu Beginn der Planungen kann Akzeptanz für solche Projekte erreicht werden.“

Sechs weitere Standorte in Planung

In seiner Antwort bestätigt auch das Dezernat Wirtschaft, Arbeit und Digitales, dass der Netzausbau mit neuen Umspannwerken für Wärmepumpen, Power-to-Heat und E-Mobilität dringend notwendig ist. „Die Leipziger Stadtwerke und Netz Leipzig haben diesen Bedarf früh erkannt, transparent gemacht und in ihren Gremien diskutiert. Auch in der Kommunalen Wärmeplanung wird der Netzausbau umfassend behandelt.“

Nur bei den geplante Standorten für die neuen Umspannwerke gibt es ein paar nicht ganz so unwichtige Differenzen, wie SPD-Stadtrat Frank Franke am 24. Dezember in der Ratsversammlung feststellte.

„Die Netz Leipzig GmbH plant sieben neue Umspannwerke im Leipziger Stadtgebiet“, hatte das Wirtschaftsdezernat aufgelistet. „Neben dem geplanten Standort in Stötteritz wurden weitere Regionen mit mittelfristigem bis langfristigem Ausbaubedarf identifiziert:

1. Lindenthal (spätestens bis 2030)

2. Mockau (bis 2032)

3. Rückmarsdorf (bis 2034)

4. Verstärkung der innerstädtischen Versorgung für Zentrum, Zentrum-Süd, Südvorstadt, Schleußig, Plagwitz, Lindenau und Leipzig-West (bis 2040)

5. Zwei Umspannwerke im Raum Mölkau, Engelsdorf, Holzhausen, Liebertwolkwitz (bis 2040).

Für die ersten drei Standorte konnten bereits konkrete Lastschwerpunkte und Suchradien definiert werden“, teilte das Dezernat mit. Nur beim Standort Mockau scheint es noch ein paar Unklarheiten zu geben, denn im Blog der Leipziger Gruppe ist hier noch einem viel größeren Radius die Rede: Wiederitzsch/Mockau/Seehausen/Plaußig.

Clemens Schülke.Clemens Schülke (CDU), Beigeordneter für Wirtschaft, Arbeit und Digitales, im Leipziger Stadtrat am 24.09.25. Foto: Jan Kaefer

Das müsse noch abgeglichen werden, bestätige Wirtschaftsbürgermeister Clemens Schülke. Und dass die Bürgerinformation vielleicht doch nicht so offen und transparent läuft, merkte dann SPD-Stadtrat Andreas Geisler für den geplanten Standort in Lindenthal an. Da hätte die Netz Leipzig sich wohl schon lange vorher auf einen Standort festgelegt. Viel Spielraum für die Anwohner zur Diskussion blieb da wohl nicht.

Viel Informationsbedarf zur Energiewende

Und dabei muss die Netz Leipzig lauter noch nicht absehbare Bedürfnisse im Stadtgebiet mitdenken, denn niemand weiß heute schon, in welchem Ortsteil besonders viele Wärmepumpen eingebaut werden oder wo besonders viele E-Autos betankt werden.

„Die Netz Leipzig GmbH muss alle Anschlussnehmer gleich behandeln – ob Großverbraucher, Gewerbe oder Privatkunden – und Anschlüsse ohne Diskriminierung bereitstellen“, betonte das Wirtschaftsdezernat. „Im Netzausbauplan wurden die aktuellen und erwarteten Lasten im Stadtgebiet ermittelt, um den Ausbaubedarf festzulegen. Pauschale Aussagen zu Anschlussmöglichkeiten oder Netzkapazitäten sind nicht möglich. Jeder Anschluss erfordert einen Antrag mit Angaben zur benötigten Leistung und zum Nutzungsverhalten (Lastgangkurven).

Die Netz Leipzig GmbH arbeitet deshalb eng mit dem Amt für Wirtschaftsförderung zusammen, damit Informationen zu neuen Gewerbestandorten (wie das neue Industriegebiet Radefelder Allee) in den Netzausbauplan einfließen.“

Gerade dann aber, wenn Wohngebiete betroffen sind, ist der Informationsbedarf der betroffenen Bürger logischerweise besonders hoch. Wie also wollen die Netz Leipzig GmbH und die Stadtwerke Leipzig die Kommunikation mit den Betroffenen künftig verbessern, wollte die SPD-Fraktion wissen.

„Nach Konkretisierung der Lastbedarfe in den Ortsteilen bindet die Stadtwerke Leipzig gemeinsam mit der Stadtverwaltung die zuständigen Ortschaftsräte und Stadtbezirksbeiräte ein. Zu den ersten drei Standorten fanden im II. und III. Quartal 2025 Vorstellungstermine statt, bei denen die Notwendigkeit der Umspannwerke, der Stand der Grundstückssuche und der Planung erläutert wurden. Der komplexe städtebauliche Abwägungsprozess erfordert auch in Zukunft die Beteiligung der Fachämter der Stadt Leipzig beim Auswahlprozess und Kommunikation“, versucht das Wirtschaftsdezernat die nicht ganz einfache Gemengelage zu erklären.

„Weitere Informationen werden in Absprache mit den jeweiligen Gremien bereitgestellt. Darüber hinaus weiten die Stadtwerke Leipzig schrittweise werden ihre Informationsangebote aus, um Bürgerinnen und Bürger unkompliziert und aktuell zu informieren.“

Die Leipziger Gruppe plane auf ihrer Unternehmenswebsite l.de auch einen eigenen Bereich, der zentrale Hintergründe und Projektfortschritte bündeln soll. Denn eins hat die Diskussion in Stötteritz klargemacht: Es kann gar nicht genug Informationen über den Netzausbau geben. Die Leipziger wollen und müssen mitgenommen werden hin zu einer Stadt, die künftig völlig andere Versorgungsstrukturen mit Energie braucht.