1. Glasfaserausbau: Digitalminister legt Plan für Abschaltung der Kupfernetze vor

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Das Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS) hat am Donnerstag Eckpunkte für ein „Gesamtkonzept zur Kupfer-Glas-Migration“ veröffentlicht und zur Konsultation gestellt. Mit dem Papier will Ressortchef Karsten Wildberger (CDU) die Richtung für eines der größten Infrastrukturprojekte der kommenden Jahre vorgeben: die vollständige Umstellung von den herkömmlichen kupferbasierten Breitbandnetzen (DSL) auf hochleistungsfähige Glasfaserinfrastrukturen in Form von Fiber to the Home (FTTH).

Hauptziel der Initiative ist es, den Glasfaserausbau in Deutschland zu beschleunigen und Planungssicherheit für alle Marktteilnehmer zu schaffen. Das soll letztlich zu einer gebietsweisen Abschaltung des alten Kupfernetzes führen. Einen fixen bundesweiten Abschalttermin wird es demnach nicht geben.

Die Migration von Kupfer auf Glasfaser hält das BMDS für dringend erforderlich. Glasfasernetze gelten ihm zufolge als entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und sind im Vergleich etwa zu VDSL, Kabelnetzen und Mobilfunk deutlich energieeffizienter.

Forcierte Umstellung als Ultima Ratio

Nach aktuellen Schätzungen der Beratungsfirma WIK Consult würde die vollständige Abschaltung des Kupfernetzes unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen in Deutschland frühestens 2028 beginnen und erst im Zeitraum 2035 bis 2040 abgeschlossen sein. Dies liege maßgeblich daran, dass betriebswirtschaftliche Interessen der Netzbetreiber im Vordergrund stünden und es keine Anreize für eine zügige Umstellung gebe.

Das BMDS möchte diesen Prozess beschleunigen. Es plant die Einführung zeitlicher Leitplanken und regulatorischer Maßnahmen, um den Prozess zu beschleunigen. Die erste und entscheidende Phase ist dem Papier zufolge die freiwillige Migration. Hierbei wechseln Endkunden von sich aus auf einen Glasfaseranschluss, sobald dieser verfügbar ist. Je stärker und schneller die Kupfernetze dadurch „leergeräumt“ würden, desto wahrscheinlicher werde eine betriebswirtschaftlich begründete Abschaltung, schreibt das BMDS. Die forcierte Migration sei nur der letzte Schritt für die verbleibenden Anschlüsse.

Um den Abschaltprozess zu steuern und zu beschleunigen, prüft das Ministerium die Vorgabe einer klaren zeitlichen Begrenzung: Die Abschaltung eines Gebietes soll nicht später als drei Jahre nach der flächendeckenden Verfügbarkeit von FTTH-Netzen erfolgen. Diese Regel soll auf das gesamte Bundesgebiet Anwendung finden und damit den Rahmen für die notwendige gebietsweise, diskriminierungsfreie Abschaltung festlegen.

Versorgung soll gewährleistet sein

Eine zentrale Herausforderung sieht das BMDS in der wettbewerbskonformen Migration. Es bestehe die Gefahr, dass die Deutsche Telekom als Eigentümerin des regulierten Kupfernetzes die Abschaltung selektiv nur in ihren eigenen Glasfaserausbaugebieten beantrage, während sie das Kupfernetz in Ausbaugebieten von Wettbewerbern weiter betreibe. Das Ministerium erwägt daher, die Kompetenzen der Bundesnetzagentur zu erweitern, damit sie die Abschaltpraxis der Telekom in Regionen mit Konkurrenz angemessen berücksichtigen kann.

Um Planungs- und Investitionssicherheit für alle Marktteilnehmer zu schaffen, soll der Ex-Monopolist dazu verpflichtet werden, der Regulierungsbehörde einen umfassenden Migrationsplan vorzulegen. Derzeit liegt die Entscheidung über Ort und Zeitpunkt einer Abschaltung allein bei der Telekom, was zu Informationsasymmetrien und Investitionshemmnissen führt.

Über den gesamten Migrationsprozess hinweg müsse die ununterbrochene Versorgung der Endkunden zu angemessenen Preisen sichergestellt werden, betont das Ministerium. Bei einer Abschaltung sollten die Betroffenen auf eine alternative Kommunikationsinfrastruktur wechseln können, die mindestens die gleiche Qualität der Dienste gewährleiste.

Wettbewerber reagieren positiv

„Gemeinsam mit den Akteuren am Markt wollen wir optimale Rahmenbedingungen für den Übergang zu einem flächendeckenden Glasfasernetz schaffen“, begründet Wildberger den Schritt. Es gelte, die Bürger von den Vorteilen zu überzeugen und FTTH zu attraktiven Preisen anzubieten. Zugleich sei es wichtig, „doppelte Kosten für den parallelen Betrieb alter und neuer Netze“ im Interesse der Verbraucher zu vermeiden. Interessierte können bis zum 14. November Stellung nehmen.

Wettbewerber fordern seit Längerem einen Plan für eine zukunftssichere und reibungslose Kupfer-Glas-Migration. Sie begrüßen die Initiative Wildbergers. Der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) spricht von einem „wichtigen Signal für weitere Milliardeninvestitionen in den Glasfaserausbau“. Die beteiligten Unternehmen bräuchten dafür dringend faire Bedingungen, wofür das ausgewogene Konzept Wildberger sorgen dürfte.

Der Branchenverband VATM sieht darin eine „entscheidende Chance für mehr Wettbewerb, Transparenz und Planungssicherheit im deutschen Glasfasermarkt“. Die Bundesnetzagentur müsse aber ihre Steuerungs- und Eingriffsrechte nutzen. Hürden im Telekommunikationsgesetz sollten ferner konsequent abgebaut werden.

Die Telekom warnte in der Debatte, beim Abschied von der alten Leitungstechnologie drohe ein „Zwangsanbieterwechsel“. Die Bundesnetzagentur sicherte zu, gemeinsam mit dem BMDS ein Konzept für die Umstellung zu erarbeiten. Sie bremste dann aber die Erwartungen der alternativen Netzbetreiber.
(vbr)

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