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01.10.2025, ---: Dieses Luftbild, das am 1. Oktober 2025 vor der westfranzösischen Hafenstadt Saint-Nazaire aufgenommen wurde, zeigt den Tanker der so genannten „Schattenflotte“ Russlands, der im Verdacht steht, an Drohnenflügen über Dänemark beteiligt zu sein, und der zwischen dem 22. und 25. September vor der dänischen Küste kreuzte. - Das unter der Flagge von Benin fahrende Schiff mit dem Namen „Pushpa“ oder „Boracay“, das von der Europäischen Union wegen seiner Zugehörigkeit zu Russlands sanktionsbewehrter „Schattenflotte“ auf die schwarze Liste gesetzt wurde, liegt seit mehreren Tagen vor der französischen Küste fest. Foto: Damien Meyer/AFP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++Die „Boracay“ am Mittwoch vor Saint-Nazaire, im Hintergrund ein Boot der französischen Marine. © Damien Meyer/dpa

Die französische Marine bringt einen verdächtigen Tanker auf, der zur russischen Schattenflotte gehören soll. Präsident Macron definiert seine Frontstellung gegenüber dem Kreml.

Frankreich lässt Worten Taten folgen. Ein Kampfkommando der französischen Marine enterte am Mittwoch den russischen Tanker „Boracay“. Der chinesische Kapitän und der Steuermann, die sich vorübergehend in Polizeigewahrsam befanden, seien wieder an Bord, hieß es am Freitag aus unterrichteten Kreisen. Am Donnerstagabend hatte der Tanker sich wieder in Bewegung gesetzt und befand sich am Freitagmorgen bereits auf der Höhe von La Rochelle, wie aus mehreren auf maritimen Verkehr spezialisierten Websites hervorgeht.

Laut dem Meerespräfekten Benoît de Guibert gehört die „Boracay“ zur russischen Schattenflotte von rund 900 Tankern, die versucht, die europäischen Sanktionen gegen Russland zu umschiffen. Das 244 Meter lange Schiff steht jedenfalls auf der Sanktionsliste der EU. Es war am 20. September im russischen Hafen Primorsk in See gestochen und zwei Tage später vor der dänischen Küste gesichtet worden. Dies nährt den Verdacht, dass es den mysteriösen Drohnenflügen über Dänemark als Abschussrampe gedient haben könnte.

Am Sonntag hatte die „Boracay“, die offenbar nach Indien unterwegs ist, vor der Loiremündung im Atlantik Anker geworfen. Sie hielt zwar in internationalen Gewässern, gefährdet aber laut Guibert französische Interessen, darunter einen nahen Windpark. Der altersschwache Tanker bilde auch eine Bedrohung für die Küste, die schon etliche Ölkatastrophen erlebt habe.

Außerdem verletzt das Schiff unverblümt internationales Seerecht. Es fährt ohne die vorgeschriebene Radar-Ortung und wechselt immer wieder Flagge wie Namen, so etwa von „Boracay“ zu „Pushpa“; als Heimathafen wurden schon steuerlich vorteilhafte und politisch neutrale Länder wie Gabun, Benin und die Marshallinseln verzeichnet.

Als die französische Seepolizei am Montag eine Überprüfung vornehmen wollte, verweigerte der Schiffsführer das. Daraufhin übernahm das Marinekommando die Kontrolle des Schiffs. Ob die Soldaten den Tanker auch nach Hinweisen auf Drohnentechnik absuchten, ist noch unklar.

Die Operation wurde jedenfalls von höchster Stelle genehmigt. Präsident Emmanuel Macron ergriff bei dem laufenden EU-Gipfel das Wort und warf der Besatzung des russischen Tankers „schwere Verstöße“ gegen das Seerecht vor. Das mache ein Gerichtsverfahren unvermeidlich. Laut französischen Marineoffizieren ist auch eine Anklage wegen Spionage oder Sabotage – zum Beispiel dem Durchtrennen von Unterseekabeln – denkbar.

Macron warnte vor dem hybriden Krieg Russlands und rief Frankreichs europäischen Partner auf, sich entsprechend nachzurüsten. Europa habe „die Bedrohung allzu lange unterschätzt“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Deutschland und Italien warnten nach den Drohnen über Dänemark bloß vor einer Eskalation. Macron versicherte dagegen, ein Abschuss eines russischen Kampfflugzeugs sei „nicht ausgeschlossen“, wenn es den Luftraum eines Nato-Staates verletze.

Der zuständige General Olivier Poncet erklärte am Donnerstag der Presse in Paris, seine Einheiten seien rund um die Uhr in Alarmbereitschaft, um jede Art von unerlaubtem Eindringen zu neutralisieren.

Besonderes Augenmerkt richtet die französische Luftwaffe auf den Schutz „sensibler“ Orte militärischer wie auch ziviler Natur. Vom Pariser Großflughafen Roissy-Charles de Gaulle etwa könnten Drohnen schon auf sieben Kilometer Entfernung – üblich sind drei – geortet werden, erklärte Poncet. Das gebe genug Zeit für die Störung von Drohnenflügen, den zielgerichteten Laserbeschuss oder auch den Aufstieg von „Rafale“-Abfangjägern, die mit Anti-Drohnen-Munition bestückt seien.

Frankreich legt seit den Tagen des Präsidenten De Gaulle Wert auf seine militärische Unabhängigkeit, was sich auch im Unterhalt der nuklearen Force de Frappe äußert. Schon kurz nach der Krim-Annexion durch Russland 2014 begann sich die Armée de l‘Air gegen Drohnen- und andere Luftattacken zu wappnen. Auf eine Pressefrage, ob sein Land eindringende Drohnen auch wirklich abschießen würde, beschied Poncet: „Wir könnten nicht nur – wir tun es schon. Und wir zögern keine Sekunde.“