Die Aktienmärkte in den USA haben nach der Amtsübernahme von Donald Trump korrigiert, also einen jahresüblichen Rückgang von 10 Prozent, vollzogen. So wie im breiten S&P 500 – beim NASDAQ 100 war es sogar noch deutlich mehr. Ursache dafür ist natürlich zum einen die „ rabiate“ Wirtschaftspolitik von Donald Trump, aber auch einfach die Bewertungsfrage. Nach einem Anstieg des Weltleitindex S&P 500 von 70 Prozent seit dem letzten Tief im Oktober 2022 war der Markt reif für ein starkes Luftablassen, insbesondere bei den Magnificent Seven, bei denen so viel Gutes in punkto künstlicher Intelligenz eingepreist war.
Dann trat der neue US-Präsident mit einer brachialen und erratischen Zollpolitik in Aktion, die Freund und Feind zugleich in Angst und Schrecken versetzt hat. Und zu einer allgemeinen Phase erhöhter Unsicherheit führt, welche gerade im Unternehmensbereich besonders gehasst wird. Wird es daher noch zu einer stärkeren Korrektur an den Märkten kommen, zu einem Bärenmarkt, ausgelöst durch eine antizipierte Rezession? Hierzu ein paar analytische Gedanken.
Aktienmärkte und Trump: Jeder Bärenmarkt beginnt mit einer Korrektur
Was haben wir in den letzten Tagen und Wochen gesehen, eine jahresübliche Abgabe der Aktienmärkte um die 10 Prozent – oder wird es weiter nach unten gehen? Natürlich beginnt jeder größere Aktieneinbruch von 20 Prozent oder mehr (Definition des Bärenmarktes) mit einer Korrektur.
Aber nur in 13 der 39 Korrekturen in den letzten Jahrzehnten kam es anschließend zu einem Bärenmarkt:
Und genau an einer solch kritischen Marke befinden wir uns gerade im großen Zollkampf von Donald Trump. Wenn er ihn ohne Rücksicht auf Verluste fortführt, wird das in einer Rezession für die USA enden. Dann würde sich aber wahrscheinlich eine Kurskorrektur der Aktienmärkte nicht bei minus 20 Prozent auffangen lassen. Denn der Aktienmarkt ist teurer als in vorherigen Bärenmärkten, eine Enthebelung der Depots hätte größere Auswirkungen. Hier die schon öfters gezeigte Grafik, die den Zusammenhang darstellt:
Warum eine Rezession trotz der harten Wirtschaftsdaten (die soft data sind bereits erheblich im Abschwung begriffen) bevorstehen könnte, zeigen einige unmittelbar auftretende Warnzeichen:
Aufgrund der Unsicherheit, die das „Zoll- hin und her“ von Trump verursacht, werden die Unternehmen in eine Art Schockstarre versetzt. Obwohl über zwei Billionen Dollar an Investitionen anstehen, wartet die Industrie erst mal ab. Wie hoch werden die Zölle für dringend benötigte Einfuhren ausfallen?
Der US-Konsument, in seiner Gesamtheit, weiß natürlich, was nach Zöllen von 25 Prozent auf Waren aus dem Ausland mit den Preisen los sein wird (als Beispiel Walmart – China). Die Inflationserwartungen der Verbraucher sind auf 5 Prozent für das nächste Jahr gestiegen. Das große Argument für die Wiederwahl Donald Trumps, er werde die Inflation für den kleinen Mann zurückführen, würde sich in eine knallende Ohrfeige für den Amtsinhaber verwandeln.
Donald Trump verweist zwar stets auf die grandiose Zeit unter Präsident McKinley im 19. Jahrhundert, als man auf Einkommenssteuern durch die Einnahmen auf Einfuhren verzichten konnte.
Aber er ignoriert, was in der großen Weltwirtschaftskrise nach 1929 geschehen ist. Damals gab es globale Zölle von 19 Prozent, initiiert von den USA, um den gigantischen Einbruch der Wirtschaft auszugleichen. Bis vor Kurzem lag die gesamte Bezollung von Gütern aus den USA bei 2,1 Prozent, aufgrund all der Ausnahmen im Freihandel. Sollte es Trump also wagen, Zölle für die größten Handelspartner in den zweistelligen Bereich und für längere Zeit anzuheben, würde er nicht nur eine Rezession in den USA auslösen, sondern auch für eine echte Krise in der Weltwirtschaft sorgen.
Hinzu kommen viele schwer abzuwägende Auswirkungen seiner Politik, die weder auf Feind noch Freund Rücksicht nimmt, so wie im Falle Kanadas. Ab wann käme es zum Boykott amerikanischer Waren im großen Stil oder zu einem Einbruch der Tourismusindustrie in der USA? Dies dürfte auch schnell der Hotelier Trump, zugleich Inhaber zahlreicher Golfplätze in der Welt spüren.
Trump und seine erratische Wirtschaftspolitik – steuert Finanzminister Scott im Hintergrund?
Bisher konnte man in der Wirtschaftspolitik von Trump 2.0 eine neue Maxime erkennen. Wahrscheinlich initiiert durch Finanzminister Scott Bessent, einem Ex-Hedgefondsmanager und Kenner der Anleihemärkte. Dieser steht, wie allgemein bekannt, 2025 vor der schwierigen Aufgabe, etwa 7 Billionen Dollar an US-Staatsanleihen refinanzieren zu müssen. Zu deutlich höheren Konditionen als die bisherigen, die im Durchschnitt drei Prozent an Zinskosten ausmachten.
Aber Anleihezinsen fallen nur bei einer schwächeren Wirtschaft, begleitet von einer niedrigen Inflation. Dass dabei die Aktienkurse nach unten gehen, wurde Donald Trump, einem glühenden Verehrer seines Dow Jones Average, von Bessent anscheinend mit aller Macht vermittelt. Doch die ganze Taktik läuft in ihr Gegenteil, sollte es zu einer Rezession kommen. Denn dann würde nicht nur die Arbeitslosigkeit ansteigen und gleichzeitig die Steuereinnahmen sinken. Vielmehr käme zu riesigen Wohlstandsverlusten, wenn die einst 63 Billionen Dollar schweren Aktienmärkte der USA um 20 Prozent in die Tiefe rauschen.
Aktienmärkte: Der Kampf um die 200-Tage-Linie im S&P 500
Die Vehemenz, die US-Präsident Trump bei den Zöllen gegenüber der EU, aber auch gegen Japan und Südkorea an den Tag liegt, hat in den letzten Tagen die US-Aktienmärkte abermals geschockt.
Der Markt, besonders in Gestalt des S&P 500, kämpfte daher mit der 200-Tages-Linie. Also jenem Chartelement, welches an der Börse bei den großen Investionen so etwas wie eine Self-fullfilling Prophecy darstellt. Vereinfacht ausgedrückt: Liegt der Markt darüber, befinden wir uns in einem Aufwärtstrend – und vice versa darunter in einem Abwärtstrend. Bei einer seitwärts verlaufenden Linie ist diese Aussage indifferent.
Alle achten darauf, Big Money orientiert seine Asset Allocation stark an dieser Linie. Man ist bereits extrem vorsichtig wie die NAAIM Number (national Association of Active Investment Managers) aufzeigt:
Damit stehen wir hier vor der entscheidenden Fragestellung? Kann der Markt diese Linie bald zurückerobern, oder versetzt Donald Trump dem Markt, wider besseres Wissen, den Stoß in den Abgrund?
Hier der S&P 500, an seiner entscheidenden Marke:
Fazit
An der Wall Street hieß es am Freitagabend bei US-Börsensendern: „What Markets want is Clarity and Consistency“!
Also Klarheit und Beständigkeit, jene Attribute, die Donald Trump nicht liefern kann, aber auch nicht will. Er hat sich durch seine erratischen Aussagen, die er im ersten Zorn sogar noch einmal verstärkt hat (Beispiel 200 Prozent Zölle auf EU-Erzeugnisse), in eine psychologische Falle gebracht. Mit seinem Hin und Her, so wie beim letzten Telefonat mit dem kanadischen Premierminister Mark Carney.
Der 2. April, für Trump der Tag der Befreiung, wird für ihn vielleicht zu einer Art Schicksalstag. Verhängt er die hohen Zölle mit dem Zusatz der Dauerhaftigkeit, so dürfte er für weitere Kurseinbrüche der Aktienmärkte mit hohen Vermögensverlusten der Amerikaner verantwortlich sein – und in absehbarer Zeit auch für eine US-Rezession. Macht er aber an diesem Tag einen Rückzieher, würde er gewaltig an Schrecken verlieren, wenn die Märkte den Eindruck gewinnen, er ziehe im letzten Moment immer wieder zurück. So etwas klappt ein oder zweimal – aber bei zu häufiger Wiederholung wird man zu einer Lame Duck.
It’s Decision Day, Mr. President!
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