30 Jahre EU-Beitritt: Ein Symposium in der Friedensburg Schlaining beschäftigte sich mit der Entwicklung des Landes von einer „Ziel-eins-Region“ zu einer Vorbildregion in vielen Bereichen. Dabei wurden auch Pros und Contras der Europäischen Union (EU) angesprochen.

STADTSCHLAINING. Heuer jährt sich der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union zum 30. Mal. Anlässlich dieses Jubiläums wurde im Rahmen eines feierlichen Symposiums auf Friedensburg Schlaining eine Rückschau auf die Erfolge der letzten 30 Jahre und eine Vorausschau auf die künftige Rolle des Burgenlandes in der EU und umgekehrt gehalten. Zentrale Themen waren dabei Wirtschaft, Arbeit, Tourismus, Wein und Bildung.

Neben einem Gespräch mit Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und Landeshauptmann-Stellvertreterin Anja Haider-Wallner, die die Bedeutung der EU-Mitgliedschaft für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung des Burgenlandes hervorhoben, standen eine Keynote-Speech des ehemaligen Präsidenten des Europäischen Ausschusses der Regionen, Ministerpräsident der deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien außer Dienst, Karl-Heinz Lambertz sowie eine Gesprächsrunde mit Branchenvertretern aus dem Burgenland auf dem Programm.

30 Jahre Geschichte – ein Erfolg

„30 Jahre sind in der Menschheits- und Erdgeschichte wenig, in der Zeitgeschichte hingegen viel. Aufgrund der jahrelangen Zusammenarbeit verbindet mich mit dem Burgenland einiges. Ich habe sogar den Verdienstorden des Landes verliehen bekommen. Von der Entwicklung des Burgenlandes, das von 1995 bis 2013 Ziel-eins-Gebiet war, bin ich beeindruckt. In dieser Zeit wurden Hunderte Projekte realisiert. Die positive Entwicklung war ein Erfolg, der europaweit wohl seinesgleichen sucht. Das Burgenland ist etwa im Bereich der erneuerbaren Energie zu einer Vorzeigeregion geworden. Der ausgezeichnete Wein und die wunderbare Kultur tragen das Burgenland weit in Europa hinaus – auch nach Belgien“, streut Lambertz, der aus der kleinen Region Ostbelgien stammt, dem Burgenland Rosen.

„Europa findet nicht primär in Brüssel, Straßburg oder Luxemburg statt, sondern in den Dörfern und Städten der Regionen. Dort wird auch entschieden, ob Europa als Chance oder Gefahr gesehen wird.“
Karl-Heinz Lambertz, ehemaliger Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

 Lambertz betonte, dass Europa mehr als nur Brüssel sei und die wesentlichen Botschaften in den Mitgliedsländern hinausgetragen werden müssen. Dabei fand er auch klare kritische Worte: „Die EU hat strukturelle Schwächen, da es in der Vergangenheit viele Fehler bei Entscheidungen gab. Diese Schwächen erschweren es, dass aktuelle Herausforderungen – und da gibt es viele – nicht so gemeistert werden können, wie sie sollten.“

Strukturreform verabsäumt

„Ein wesentlicher Aspekt ist, dass eine notwendige solide Strukturreform vor der großen Osterweiterung 2004 verabsäumt wurde. Es ist nachvollziehbar, dass die Beschlussfassung mit sechs, zwölf oder fünfzehn Nationen einfacher ist als mit jetzt 27. Aus diesem Grund ist eine solche Strukturreform unumgänglich, bevor es zu weiteren Aufnahmen von Staaten kommt. Es nicht zu tun, wäre für die Zukunft der EU fatal.“

„Europa steht in vielen Dingen auf dem Kopf und wir müssen es wieder auf die Beine stellen.“
Karl-Heinz Lambertz, Impulsreferent

„Zentral ist, dass ein Staat alleine die Herausforderungen von heute nicht zu meistern vermag, nur gemeinsam als starkes Europa können wir das schaffen. Wir müssen aus Fehlern der Vergangenheit lernen und die richtigen Schlüsse ziehen. Entweder entwickeln wir die EU weiter oder Europa verfällt in die Bedeutungslosigkeit. Gerade aufgrund der vielen Konflikte und Herausforderungen ist Europa wichtiger denn je. Es braucht Zupacker und Gestalter, und genau das sehe ich im Burgenland, ebenso wie Solidarität und Zusammenhalt“, betont Lambertz.

EU stärkt das Burgenland

Landeshauptmann Hans Peter Doskozil zog Resümee: „Die EU-Mitgliedschaft stärkt unser Bundesland nachhaltig, der Aufschwung ist spürbar. Vor 1995 war das Burgenland strukturschwach, heute ist es europäischer Vorreiter in einigen Bereichen, allem voran der erneuerbaren Energie. Die EU ist für das Burgenland ein Motor für Entwicklung und Aufschwung, gleichzeitig ist die Mitgliedschaft ein Auftrag, die Zukunft Europas aktiv mitzugestalten.“

„Die größte Errungenschaft trotz aller Schwierigkeiten ist für mich, als Mitglied in der EU, Teil eines großen Friedensprojektes sein zu dürfen.“
Hans Peter Doskozil, Landeshauptmann

„Wir sind letztlich alle mitverantwortlich, was in Brüssel beschlossen wird. Deshalb sind auch die Stimmen aus den Regionen wichtig. Wir müssen es aber leben und vor allem beispielhaft aufzeigen, welche Vorteile und Möglichkeiten die EU bietet“, so der Landeshauptmann.

Meilenstein für das Burgenland

Landeshauptmann-Stellvertreterin Anja Haider-Wallner betonte: „Der EU-Beitritt vor 30 Jahren war für das Burgenland ein Meilenstein. Dank EU-Förderungen entwickelte sich das Land von einer strukturschwachen Grenzregion zu einem wirtschaftlich dynamischen und ökologischen Vorzeigeland. Gesellschaftlich hat die EU uns die Öffnung zu unseren Nachbarn ermöglicht. In den kommenden 30 Jahren wünschen wir, diese Erfolge weiter auszubauen.“

„Das Burgenland ist eine große kleine Region im Herzen Europas. Wir werden gesehen und können stolz auf uns sein.“
Anja Haider-Wallner, Landeshauptmann-Stellvertreterin

„In den 30 Jahren ist viel geschehen. 1993 hatte das Burgenland 64 Prozent des EU-Schnitts BIP pro Kopf, heute sind es 93 Prozent. Insgesamt wurden 190.000 Projekte mit EU-Förderung umgesetzt und rund 35.000 Arbeitsplätze damit geschaffen. Über drei Milliarden Euro an Fördergeldern flossen in den 30 Jahren von der EU ins Burgenland“, so Haider-Wallner.

EU-Beitritt mit vielen Vorteilen

In einer weiteren Gesprächsrunde zeigten Werner Cerutti (Geschäftsführer der Sonnentherme Lutzmannsburg-Frankenau) sowie Josef Spindler (Prokurist bei LUMITECH Lighting Solutions) sowie Studentin Mattea Gerdenitsch über Chancen, Herausforderungen und die Bedeutung der EU für ihre Branchen. „Die EU hat viel für die Region geleistet. Lutzmannsburg ist ein gutes Beispiel dafür, was möglich ist, wenn Förderungen gut investiert werden. Alleine in Lutzmannsburg wurden rund 100 Millionen Euro investiert“, so Cerutti.

„Made in Europe hat Renommee, Made in Austria ist mittlerweile schon zu wenig.“
Josef Spindler, Lumitech

„Der Beitritt zur EU war ein Brückenpfeiler für unseren Erfolg und ermöglichte die Vernetzungsmöglichkeiten in andere europäische Länder. Die vorausschauende Entwicklung von Ausbildungsschienen, Technologiezentren und die Menschen waren entscheidende Faktoren. Europa bietet einen Markt von über 400 Millionen Menschen. Es ist eine riesige Chance für Unternehmen. Ohne EU würde es Lumitech in dieser Ausprägung nicht geben“, ergänzt Spindler.

Für Studentin Mattea Gerdenitsch bedeutet Europa „Freiheit, Chancen und Vielfalt“: „Ich kenne nur das grenzenlose Europa, für mich ist es anders nicht vorstellbar. Dennoch sehe ich viele Probleme, die es zu lösen gilt – vor allem gibt es auch in der Jugend viele Wünsche, die Europa erfüllen sollte.“ Unter den Gästen waren unter anderem auch Volkshilfe-Präsidentin Verena Dunst, Christian Illedits, Landesrätin Daniela Winkler, die Landesräte Leonhard Schneemann und Heinrich Dorner, Burgmanager Norbert Darabos, Nationalrat Christoph Zarits, die Landtagsabgeordneten Doris Prohaska und Christian Drobits und einige mehr. Moderiert wurde der Abend von Elisabeth Gamauf-Leitner, musikalisch begleitet vom Streichquartett „Gemischter Satz“.

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