Wenn die Zwischenfälle rund um den Münchner Flughafen am Donnerstag und Freitag eine Erkenntnis gebracht haben, dann diese: Hierzulande genügt eine einzige Drohne, um ein halbes Dutzend Sicherheitsorganisationen auf Trab zu halten. Dabei muss die Drohne gar nicht lange durch die Luft surren; wenn sie die richtigen Flächen überfliegt, reichen schon ein paar Augenblicke.

Als am Donnerstagabend Flugobjekte erst über dem Fliegerhorst in Erding und später über dem nur rund zwölf Kilometer entfernten Flughafengelände im Erdinger Moos gesichtet wurden, schreckte das jedenfalls mindestens folgende Institutionen auf: die Bundeswehr, die Münchner Flughafengesellschaft (FMG), die Deutsche Flugsicherung (DFS), das bei der Regierung von Oberbayern angesiedelte Luftamt Südbayern, die Bundespolizei sowie die Landespolizei mit dem in Ingolstadt ansässigen Präsidium Oberbayern Nord. Und wohl auch das Polizeipräsidium München, obwohl das für den Flughafen in keiner Weise zuständig ist – aber dort sind die „Spezialeinheiten Südbayern“ angesiedelt, die zumindest über technisches Gerät für die Drohnenabwehr verfügen.

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SZ PlusVon Joachim Mölter

Wer als Journalist in diesen Tagen Genaueres erfahren wollte über die Hintergründe der Flughafen-Schließungen an den beiden Abenden oder die Art der gesichteten Drohnen, wurde häufig von einer Pressestelle zur nächsten weiterverwiesen; Antworten auf Fragen gab es oft nur bruchstückhaft, mal da, mal dort, mal auch gar nicht. Die Bundespolizei am Flughafen bat beispielsweise um Verständnis, dass sie „aus einsatztaktischen Erwägungen zur Wirksamkeit der Einsatzmaßnahmen“ keine detaillierteren Angaben zu den eingesetzten Systemen und ihrem taktischen Vorgehen machen könne.

Bundesinnenminister Dobrindt will Kompetenzen bei der Bundespolizei bündeln

Das Hin- und Her-Verweisen geschah nicht mal in böser Absicht: Alle Organisationen waren mehr oder weniger zuständig, jede für ihren scharf abgegrenzten Bereich, ihre besondere Aufgabe – da ist ein gewisses Kompetenz-Wirrwarr fast systemimmanent.

In diesem Kontext ist auch eine Ankündigung von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) zu sehen. Er versprach am Samstagnachmittag jedenfalls, ein „gemeinsames Drohnenabwehrzentrum“ zu schaffen, Kompetenzen in einer eigenen Drohnenabwehreinheit bei der Bundespolizei zu bündeln sowie das Luftsicherheitsgesetz so anzupassen, dass die Bundeswehr bei Bedarf Amtshilfe leisten kann. Um Unterstützung der Bundeswehr hatte das bayerische Innenministerium bereits in den vergangenen Tagen gebeten.

Derzeit ist die Verantwortung noch auf viele Organisationen verteilt: Die FMG ist zuständig für den Betrieb des Flughafens, die DFS für die Sicherheit des Luftraums, die Bundespolizei für die Sicherheit des Flughafengeländes, das Polizeipräsidium Nordbayern für die Sicherheit des Geländes drumherum, die Bundeswehr für ihr eigenes Terrain. Sobald ein Flugobjekt aus dem darüber befindlichen Luftraum wieder entschwebt, müsste die Bundeswehr die Polizei um Hilfe rufen. Bis die eingreifen kann, sind die unbekannten Flugobjekte meist schon in der Dunkelheit verschwunden.

„Meldeketten zwischen Flugsicherung, Flughafen und Polizeibehörden sind seit Jahren etabliert“, hieß es am Samstag auf der Homepage des Münchner Flughafens. Dort betont man, „dass die Detektion und Abwehr von Drohnen hoheitliche Aufgaben sind und in der Verantwortung von Bundes- und Landespolizei liegen“.

Die Bundespolizei am Flughafen München und das Polizeipräsidium Oberbayern Nord wiesen am Freitag in einer gemeinsamen Erklärung auf Zuständigkeiten und Zusammenarbeit hin: „Im Rahmen ihrer jeweiligen Aufgaben sind an Verkehrsflughäfen für die Detektion und Abwehr von Drohnen die Deutsche Flugsicherung (DFS), die Landesluftsicherheitsbehörden, die Polizeien der Länder sowie die Bundespolizei zuständig.“ Die Maßnahmen erfolgten dann „in bewährter enger Abstimmung aller beteiligten Stellen (…) auf Grundlage gemeinsam konzipierter Notfallpläne.“

Konkret habe das am Donnerstag so ausgesehen, dass die Landespolizei außerhalb des Airports nach den Drohnen sowie ihren Piloten fahndete und die Bundespolizei das Flughafengelände im Auge behielt. In der Luft waren derweil Hubschrauber beider Einheiten unterwegs und neben der Drohnenfahndung vermutlich vor allem darauf bedacht, sich im Kompetenz-Geflecht nicht in die Quere zu kommen.