Ein Mann mit Mütze sitzt und arbeitet an einem großen grauen Felsen.

Stand: 04.10.2025 09:55 Uhr

Er ist mittlerweile ein international anerkannter Künstler: der Bildhauer Jo Kley. Seine Werke gehen von Norddeutschland aus in die Welt. Jetzt gibt es auf Island eine neue Skulptur.

von Martina Gawaz

Am Fuße des Gletschers Snaefellsjokull entsteht in einem einsamen Outdooratelier  ein neues Kunstwerk. „Pfad der Freiheit“ soll es heißen, mit einer kleinen verwunschenen goldenen Tür an der Spitze. Drei Monate arbeitete der Kieler Bildhauer Jo Kley im Auftrag der isländischen Gemeinde Hellissandur an dieser neuen  Skulptur aus vier schweren Basaltklötzen. Von Juni bis Anfang September dieses Jahres. Zwölf Stunden lange Arbeitstage bei Wind und Wetter. Die steinernen Kolosse wurden mit Dynamit aus einem isländischen Steinbruch in der Nähe gesprengt.

Jo Kley arbeitet mit 60 Tonnen Vulkangestein

Er hopst den riesigen Stein hoch, dann wieder runter, schnappt sich in Windeseile die Flex und verschwindet dann wieder hinter einer riesigen Staubwolke. Hochkonzentriert klopft und schleift er das harte Gestein. Für einen Basalt sei er komischerweise zäh wie ein Hartgummi, erzählt Jo Kley. Beim Meißeln spüre er, dass der Basalt federe, als ob er nachgeben würde. Eine erstaunliche Betrachtungsweise, wenn man bedenkt, dass er es mit 60 Tonnen Gestein zu tun hat. Das erfordert viel Kraft. Der Kieler Bildhauer, sehnig und sportlich, immer motiviert. Die Staubschichten im Gesicht und auf den Klamotten scheinen ihn nicht zu stören.

„Der Pfad der Freiheit“

Der „Pfad der Freiheit“ ist eine Skulptur aus vier Basaltsteinen. Sein erzählerisches Vorbild: „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ des französischen Schriftstellers Jules Verne. Eine fiktive Reise über tausende von Kilometern unter der Erdoberfläche. Immer wieder meißelt Jo Kley an den Treppenstufen eines nicht enden wollenden Labyrinths. Wo sie alle eines Tages hinführen und wieder verschwinden – das hat er grob im Kopf. Er weiß genau, was er wann macht. Vor Monaten gab es einen Vorabdruck aus dem 3D-Drucker. Große Pläne zeichnet er aber selten. Jo schafft aus Stein eine eigene Welt. Und die verändert er im Minutentakt.

Kunstwerke von Jo Kley in 25 Ländern

Die Werke des Kieler Bildhauers sind mittlerweile auf der ganzen Welt zu sehen. Türme, Obelisken und Himmelsleitern. Seine Kunst hat viele Gesichter: in Dubai, Japan, der Türkei und Italien. Auch an vielen Orten in Norddeutschland. Und jetzt schon zum zweiten Mal Island. Jo Kley ist viel gereist, gibt als gelernter Steinmetz Workshops in aller Welt. Ein begeisternder Künstler auf Reisen. Im isländischen Hellissandur arbeitet er bereits zum zweiten Mal.

Vor drei Jahren ist hier im Westen von Island schon sein „Leuchtturm der Freiheit“ entstanden, „Frelsisvitti“ auf isländisch, eine Auftragsarbeit der Gemeinde. Ein imposanter mit Blattgold verkleideter Basaltstein prangt auf der Skulptur ganz oben. „Das ist ein natürlich gebrochener Basalt, den habe ich vergoldet, so richtig alte Handwerkskunst“, erklärt der Bildhauer und freut sich, dass der goldenen Blickfang auch bei trübstem Licht im Winter glänze und die Vergoldung das Licht immer reflektiere. Blattgold verwendet er oft.

Das ehemalige Fischerdorf Hellissandur erfindet sich gerade neu

Von der Hauptstadt Reykjavik sind es 200 Kilometer bis nach Hellissandur im Nordwesten. Es ist ein kleines Dorf, nicht mal 400 Einwohner, eines der ältesten Dörfer in Island. Schon im Mittelalter befand sich hier wegen der reichen Fischgründe wohl ein Fischerort. Von der Hauptstadt Reykjavik aus gesehen weit weg.

Gerade erfindet sich das ehemalige Fischerdorf neu und möchte für Touristen attraktiver werden. Bürgermeister Kristin Jónasson freut sich über viele Besucher und Besucherinnen. „Manche werden eben genau hierherkommen, weil wir Kunst haben. Das ist auf jeden Fall gut. Und für Kunst bekommen wir auch Geld“, erzählt er voller Vorfreude.

Mit der Fähre über den Nordatlantik

Nach Island hat Jo Kley sein eigenes Werkzeug mitgenommen. Meißel, mehrere Bohrgeräte, Flexen und Spaltkeile. Alles vertraute Dinge, mit denen er schon viel unterwegs war. Das Auto war bei seiner Reise mit der Fähre über den Nordatlantik mit 600 Kilo beladen. Drei Tage dauerte die Reise. Auch ein paar kleinere Skulpturen hat er noch für eine Ausstellung in der Galerie eines befreundeten isländischen Künstler mitgenommen.

Auf Island sind Vulkane präsent

Island hat viel Basaltgestein, da die Insel seit Millionen von Jahren vulkanisch aktiv ist. Geologisch gesehen ist Island jung. Zwei tektonische Platten unterschiedlicher Größe begegnen sich. Die Vulkane der Gegend arbeiten ständig. Auch ein Thema, das den Künstler bei seiner Arbeit beschäftigt. Seine Steine müssen sitzen und jeder Bewegung standhalten. „Ab und zu wackelt es ein bisschen, Für uns kaum spürbar, aber wir tun einfach das Möglichste, dass alles zusammenbleibt“, meint Kley. Und so wird zwischen die Steine noch Beton gegossen.

Hauptansprechpartnerin: Ehefrau Lisa Grunwald

Auch Ehefrau Lisa Grunwald war bei dieser Arbeitsreise auf Island dabei. Sie steht Jo mit Rat zur Seite, macht Fotos und Videos für die Internetseite. Im Outdooratelier sorgt sie auch für Verpflegung, wenn der Bildhauer mal wieder auf den Steinen herumklettert und das Essen vergisst. Die studierte Meeresbiologin ist wetterfest und immer an seiner Arbeit interessiert, will genau wissen wie es weitergeht. Manchmal macht sie sich auch Sorgen. „Bei dem Arbeiten auf dem Stein, da kann man auch mal runterfallen. Oder da kann ja auch mal ein Stein falsch kippen. Da habe ich schon mal Angst gehabt. Also passieren kann immer mal was mit Werkzeug oder so, aber toi toi toi. Das ist noch nicht vorgekommen“, erzählt Lisa während sie sicher auf einem der großen Steine sitzt.

Kunst zum Anfassen

Seit vier Wochen steht der „Pfad der Freiheit“ an seinem Platz am Meer. Labyrinthische Wege, die zu einer kleinen goldenen Tür führen. Etwa 100 Kunstinteressierte kommen zur Einweihung. Und Jo Kley klettert stolz und leichtfüßig auf sein neues Kunstwerk. Kunst zum Anfassen, das ist „der Pfad der Freiheit“ auch. Das wünscht sich der Künstler ganz besonders.

Im August 2026 wird in Hellissandur übrigens eine totale Sonnenfinsternis zu sehen sein. Die NASA spricht vom besten Beobachtungsort der Welt. Dann werden tausende Touristen auch Jo Kleys neue Skulptur entdecken.

Ein Mann mit Schutzkleidung steht auf einem Turm aus Steinquadern und bearbeitet einen davon.

Alle drei Jahre treffen sich Bildhauerinnen und Bildhauer in Neustadt in Holstein. Wer mag, kann ihnen bei der Arbeit zusehen.

Weißer Stein wird kunstvoll mit Hammer und Meißel bearbeitet.

Bei Corinna Franz auf Gut Bliestorf können sich Teilnehmende am Kunsthandwerk der Bildhauerei versuchen.