DruckenTeilen
Drohnenflüge, Extremismus, Messerattacken: Die innere Sicherheit in Deutschland ist belastet. Unions-Innenexperte Throm über Dobrindts Maßnahmen.
Berlin – Seit Tagen sorgen Drohnenüberflüge unter anderem in Dänemark und Norwegen für Aufregung. In Polen wurden vor wenigen Wochen gar russische unbemannte Flugobjekte abgeschossen. Auch in Deutschland werden immer wieder Drohnen gesichtet. Ein ernstzunehmendes Phänomen, sagt der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Interview.
Herr Throm, wie groß ist die Bedrohung durch Drohnen?
In den letzten Wochen hat in ganz Europa die Zahl der Drohnenüberflüge zugenommen. Das ist eine ernsthafte Bedrohung und Teil der hybriden Attacken aus Russland, zu denen auch Cyberangriffe und Desinformationskampagnen gehören.
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU). © Christoph Soeder/dpa
Ist das schon eine Form der Kriegsführung?
Wir sehen uns konkreten Angriffe ausgesetzt. Seit Jahren schon. Jetzt müssen wir das sehr ernst nehmen.
Der Bundesverband der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie fordert eine bessere Koordination bei der Drohnenabwehr. Wie bewerten Sie das?
Die Forderung ist durchaus berechtigt. Wir müssen die Rechtslage zügig anpassen, und auch die Zuständigkeiten klar definieren, sodass wir sehr schnell handlungsfähig sind beim Aufspüren, Abwehren und Abfangen von Drohnen.
Drohnenabwehr in Deutschland: „Bundesregierung plant gesetzliche Maßnahmen“
Gibt es dazu schon konkretere Pläne?
Die Bundesregierung plant bereits konkrete gesetzliche Maßnahmen. Das wird das Luftsicherheitsgesetz oder auch das Bundespolizeigesetz betreffen. Allerdings erfolgt das dann noch in Abstimmung mit den Bundesländern.
Was sollen Bürgerinnen und Bürger tun, wenn sie auffällige Drohnen bemerken?
Sie sollten sich bei der nächsten Polizeidienststelle melden und einen Hinweis geben. Natürlich gibt es auch viele private Drohnenflüge. Aber wenn man zum Beispiel mehrere Drohnen in Formationen in der Luft bemerkt, ist das auffällig.
Seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs und erst recht nach dem Hamas-Überfall auf Israel haben extremistische Gruppen enormen Zulauf. Die Rekrutierung passiert vor allem über soziale Medien. Wie kann die Bundesregierung dem entgegenwirken?
Wir haben uns vorgenommen, und so steht es auch im Koalitionsvertrag, radikalisierungsfördernde Algorithmen einzudämmen. Prävention ist dringend notwendig und diese Bundesregierung wird das angehen.
Die Betreiber von Plattformen wie Tiktok sitzen in China oder in den USA. Welche Handhabe hat die Bundesregierung da überhaupt?
Auf europäischer Ebene gibt es den Digital Service Act. Der ist verbindlich für alle Online-Dienste, die Angebote in der EU haben. Das ist aber nur ein erster Schritt, um die entsprechenden Plattformen zu regulieren. Ich halte ihn für nicht ausreichend. Gerade dort, wo über Hass und Hetze versucht wird, Menschen zu beeinflussen und vor allem bei jungen Leuten zu radikalisieren. Entscheidender Treiber ist die Technologie, die über ihren Algorithmus immer ähnliche hasserfüllte Inhalte in die Geräte der Jugendlichen spült. Da wollen wir gesetzlich nachschärfen.
Putins Verbündete: Diese Länder stehen im Ukraine-Krieg an der Seite RusslandsFotostrecke ansehen
Außerhalb des digitalen Raums gibt es Probleme, die Messergewalt in Deutschland hat erheblich zugenommen. Was will die Bundesregierung dagegen unternehmen?
Es gibt nun mal gefährliche Werkzeuge wie Messer in unserem Alltag. Es kommt auf die Person an, die ein solches Werkzeug in den Händen hält. Deswegen setzen wir zuerst auf Prävention, um klarzumachen, wie gefährlich ein Messer ist und dass man es nicht einfach ohne Grund dabeihaben muss.
Sollte es mehr Kontrollen geben?
Wir müssen die Polizei in die Lage versetzen, auch anlasslos Kontrollen vornehmen zu dürfen. Das ist bereits heute zum Beispiel bei öffentlichen Veranstaltungen möglich. Und es wurde erweitert in sogenannten Messerverbotszonen, die die Kommunen ausweisen können. Das ist wichtig und richtig.
Messerverbot: Kontrollen und Videoüberwachung an Haupbahnhöfen
Darf man dann noch zum Beispiel ein Schweizer Taschenmesser am Schlüsselbund haben? Oder wird das zum Problem?
Das muss jeder wissen selber wissen, ob er ein Taschenmesser mit sich führen will. Ich würde sagen: Das ist auch weiterhin durchaus möglich. Man wird Messer nicht verbieten können und auch nicht wollen. Bei einem kleinen Schweizer Taschenmesser gibt es wohl in der Regel kein Problem.
Tatorte von Gewalttaten sind oft Bahnhöfe. Wie macht man die sicherer?
An Bahnhöfen sollten wir umfassend Videoüberwachungssysteme installieren. Und ich bin sehr dafür, dass wir die Bilder mit entsprechender biometrischer Gesichtserkennung auswerten dürfen. Das wäre das richtige und angemessene Mittel im heutigen Zeitalter. Dies wäre ein großer Sicherheitsgewinn.
Datenschützer sehen das wahrscheinlich anders.
Es geht um die kurzfristige Aufzeichnung zur Auswertung. Und wenn die Auswertung erfolgt ist, ohne dass es einen Befund gab, müssen die Daten natürlich unverzüglich gelöscht werden. Ich sehe hier wirklich keine Problematik beim Thema Datenschutz. Allein schon, weil unsere Bundespolizei, die das dann an den Bahnhöfen durchführen würde, sehr verlässlich und rechtsstaatlich kontrolliert ist.
Ein großes Thema der schwarz-roten Koalition: die sogenannte Migrationswende. Sind Sie schon am Ziel?
Die Bundesregierung und insbesondere Innenminister Dobrindt ist tatkräftig gestartet und hat die Migrationswende erfolgreich begonnen. Wir sehen: Die Asylbewerberzahlen sinken. Aber wir sind noch nicht am Ziel und müssen die Ankunftszahlen nochmals deutlich reduzieren. Vor allem braucht es eine tragfähige Regelung auf europäischer Ebene im sogenannten neuen gemeinsamen europäischen Asylsystem. Da müssen wir Regeln nachschärfen. Dazu ist der Innenminister in Kontakt mit seinen europäischen Kollegen.
Der Sachverständigenrat Integration und Migration sagt: Die sinkende Zahl von Asylbewerbern ist nicht unbedingt auf Dobrindts Maßnahmen zurückzuführen, denn die Zahlen sind europaweit nach unten gegangen, schon bevor es etwa verschärfte Kontrollen gab. Was entgegnen Sie?
Ich entgegne, dass die Zahlen in Deutschland nahezu doppelt so stark zurückgegangen sind wie auf europäischer Ebene. Europaweit liegt der Rückgang bei 23 Prozent, in Deutschland bei 43 Prozent. Dagegen kann man schlecht argumentieren. Und die Zurückweisungen haben zu einem Domino-Effekt geführt.
CDU-Innenpolitiker: Dobrindts Zurückweisungen an den Grenzen „setzt EU-Recht wieder in Kraft“
Inwiefern?
Andere europäische Staaten führen ihrerseits auch mehr Kontrollen und Zurückweisungen durch. Dadurch sinken die Ankunftszahlen an der deutschen Grenze insgesamt noch weiter. Es kommt nicht darauf an, dass wir möglichst viele zurückweisen, sondern dass möglichst wenige überhaupt erst an unsere Grenzen kommen. Dazu braucht es weiter Grenzkontrollen an allen Landgrenzen auf unabsehbare Zeit.
Die Zurückweisungen verstoßen gegen EU-Recht, sagen Kritiker.
Wir gehen davon aus, dass die Maßnahmen an der Grenze einschließlich der Zurückweisung auch von Asylsuchenden rechtmäßig sind. Deutschland ist dazu befugt. Die sogenannte Dublin-Regel, nach der dasjenige EU-Land für Asylanträge zuständig ist, in dem eine Person als Erstes in die EU einreist, ist komplett dysfunktional. Viele europäische Staaten setzen die Dublin-Regel nicht um. Deswegen muss Deutschland seine Grenzen schützen. Wir setzen also im Grunde genommen europäisches Recht geradezu wieder in Kraft.